Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Nachbarn auf Zeit verabschieden sich
Gelbes Haus in Laiz schließt – Zum Abschied gibt es ein Fest und viele Erinnerungen
SIGMARINGEN (abu) - Nach 38 Jahren ist Schluss: Das Gelbe Haus, eine durchgehend als Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Flüchtlinge genutzte Einrichtung, schließt Ende September. Der Mietvertrag läuft aus. Die Verlegung der Flüchtlinge hat längst begonnen. Je nach Lebenssituation und Aufenthaltsstatus kommen die Asylsuchenden in der GU Fürstenhof in Sigmaringen unter, oder werden in die kommunale Anschlussunterbringung verlegt. Die Familien, deren Kinder noch in Laiz Kindergarten oder Schule besuchen, werden bis zu den Ferien dort bleiben. Menschen mit mehr als 40 Nationalitäten haben im Laufe der Jahre im Gelben Haus gewohnt.
57 Flüchtlinge wohnen noch in Laiz, also etwa halb so viel wie vor den Umzugsplänen. Zu Spitzenzeiten waren es mehr als 400 – obwohl nur Platz für 200 Menschen ist. Das Gelbe Haus schließt wegen zu geringer Auslastung und nicht zuletzt, weil 50 Prozent der Belegzahlen der Erstaufnahmestelle dem Kreis auf die GU angerechnet werden. Aktuell werden 518 Plätze in allen GU im Kreis von 283 Personen belegt – Leerstand ist dabei ein Kostenfaktor. Zudem müsste das in die Jahre gekommene Gelbe Haus aufwendig renoviert werden. „Wir können aber schnell wieder reagieren, wenn wir Plätze benötigen“, versichert Guido Amann, Sachgebietsleiter der Unteren Aufnahmebehörde.
Was mit dem Gebäude geschieht, das Gerhard Bumüller (Sternenbäck Geschäftsführer) gehört, ist unklar. 1893 wurde es von der jüdischen Familie Frank gekauft, die eine Brauerei betrieb. In den 50er-Jahren war darin ein Konsum-Lager untergebracht. Noch heute ist der Keller des Hauses dreigeschossig, es gibt eine unterirdische Verbindung zu den Schienen, was damals wichtig fürs Verladen der Ware war.
Seit den 1970er-Jahren Flüchtlingsunterkunft
Anfang der 1970er-Jahre fanden Boatpeople aus Vietnam Asyl in Laiz, sogenannte Kontingentflüchtlinge, die sich Deutschland nach dem Vietnamkrieg bereiterklärte aufzunehmen. Ab 1988 kamen Aussiedler und Spätaussiedler, bis zu 2000 musste der Landkreis unterbringen; nach der Wende galt es Übersiedlern, also Ex-DDR-Bewohnern, ein vorübergehendes Zuhause zu schaffen. Ende der 90er-Jahre: der Jugoslawienkrieg; letzter Belegungshöhepunkt kam mit dem arabischen Frühling 2012.
Verabschiedet wird sich von den Laizern, auch Vereinen und Ärzten, die die Flüchtlinge über die vergangenen Jahrzehnte hinweg tolerant und freundlich aufgenommen haben, mit einem großen Fest. Das Miteinander zwischen Bürgern und Bewohnern des Gelben Hauses sei, auch in schwierigen Zeiten mit voller Belegung, harmonisch gewesen. „Es gab nie gehässige Worte, höchstens mal eine Beschwerde wegen Ruhestörung beim Zuckerfest“, sagt Amann. „Die Sternsinger haben sogar jedes Jahr ihre Süßigkeiten an Kinder ins Gelbe Haus verschenkt“, ergänzen Stefanie Thiel und Mechthild Grau von der Caritas.
Bei einem Pressegespräch gab es neben dem Rückblick auch einen Ausblick auf die Feierlichkeiten am 28. Juli um 15 Uhr. Aus so manchem Flüchtling wurde ein Laizer, darum beteiligen sich neben den derzeitigen Bewohnern des Gelben Hauses auch ehemalige Flüchtlinge, die seit Jahren Fuß im Kreis gefasst haben. Es wird internationale Speisen auf Spendenbasis und Getränke geben, ein Kinderprogramm und auch eine Kunstausstellung eines ehemaligen irakischen Bewohners. Zudem gibt es die Möglichkeit, durch so manches Fotoalbum zu blättern.