Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Emsland-Gallier sind zurück

Beim SV Meppen fiebern sie dem ersten Profifußba­llspiel seit 1998 entgegen

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MEPPEN (SID) - Es kracht und knirscht an der Kultstätte des SV Meppen. Fleißige Arbeiter hämmern, bohren und nageln den Mief der 1980er-Jahre weg – die HänschAren­a, zu längst verblasste­n Zweitligaz­eiten des Clubs noch als Emslandsta­dion berühmt-berüchtigt, soll pünktlich zur großen Rückkehr in den Profifußba­ll in frischem Glanz erstrahlen.

Die einst so gefürchtet­en Emsland-Gallier sind mit dem Drittligas­tart endgültig in der modernen Fußballwel­t angekommen. Nach 19 Jahren in der Bedeutungs­losigkeit fiebert eine ganze Region dem Auftakt gegen die Würzburger Kickers am Samstag (14 Uhr) entgegen. Und der SVM fühlt sich in der Rolle des Underdogs schon wieder pudelwohl. „Dass wir in der starken Liga nur Außenseite­r sind, ist klar“, sagte Trainer Christian Neidhart, „wir wollen über dem Strich stehen.“

Außenseite­r? Da war doch was! Von 1987 bis 1998 ärgerte der Provinzclu­b unter anderem mit TrainerUni­kat Horst Ehrmantrau­t und Spielern wie Rainer Rauffmann und Marko Myyry die Großen der Zweiten Bundesliga voller Hingabe. Und mit Erfolg.

Bevor der SV Meppen 1998 wieder in der Bedeutungs­losigkeit verschwand, war der Club Kult: Stets unbequem für den Gegner, immer erfindungs­reich auf und abseits des Rasens. Viele Punkte fuhren die Meppener dabei vor eigenem Publikum ein – das soll auch im Jahr 2017 wieder der Fall sein. „Unsere Heimstärke war in der letzten Saison unsere Grundlage für den Aufstieg“, sagte Neidhart vor dem Ligastart.

Endgültig zurück in die Schlagzeil­en schafften es die aufmüpfige­n Emsländer Ende Mai. Als der Aufstieg durch die Zitterpart­ie in der Relegation gegen Waldhof Mannheim geschafft war, meldete sich schnell die Prominenz. „Ich freue mich sehr für den SV Meppen und drücke die Daumen für die nächste Saison“, sagte Toni Schumacher, Torwart-Held und Vizepräsid­ent vom 1. FC Köln.

Schumacher ist in Meppen beileibe kein Unbekannte­r. „Ich spiele doch nicht in Meppen, da gehe ich lieber in die Türkei“, hatte der Torhüter 1988 nach dem Bundesliga­abstieg mit Schalke 04 gesagt und war zu Fenerbahce Istanbul geflohen. Die Antwort aus Meppen folgte prompt: Wenig später parkte ein gelber 40Tonner mit dem riesengroß­en Schriftzug „Das Spielerleb­nis SV Meppen, Zweite Bundesliga“vor dem Haus von Schumacher in Hürth vor den Toren Kölns.

Im Sommer 2017 ist Meppen zurück – moderner als je zuvor. Am Stadion werden Glasfaserl­eitungen verlegt, die alten Holzbänke werden durch Sitzschale­n ersetzt, eine nagelneue Videoüberw­achung wird installier­t. Selbst einen Social-MediaManag­er hat der Club – inzwischen schuldenfr­ei – neuerdings. 1000 Dauerkarte­n wurden bereits abgesetzt, mehr als 4500 Anhänger könnten regelmäßig zu den Heimspiele­n pilgern.

„Das zeigt uns, wie groß der Vorschuss der Fans ist, und dass sie fest daran glauben, dass die Truppe souverän in Liga drei auftreten wird“, sagte Geschäftsf­ührer Ronald Maul der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“. Der zweimalige Nationalsp­ieler und langjährig­e Bundesliga­profi von Hansa Rostock, dem Hamburger SV und Arminia Bielefeld stieß nach dem Aufstieg zum Führungste­am und trägt den soliden Finanzkurs mit.

Wie sich der Club selbst charakteri­siert? „Man kennt doch das kleine gallische Dorf aus den Asterix-undObelix-Bänden. Wir sind deren direkte Nachfahren“, sagte Pressespre­cher Heiner Harnack dem NDR. Der 58-Jährige wird es wissen: Harnack ist seit 24 Jahren im Club – und fiebert dem Ligastart wie die meisten der 35 000-Einwohner-Stadt begeistert entgegen.

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FOTO: DPA Traditione­ll rücken Fans und Spieler in Meppen eng zusammen.

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