Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bahn 4 gehört dreimal in der Woche ihm

Der langjährig­e Schwimmabt­eilungslei­ter und Schwimmleh­rer Frank Dittmann feiert heute seinen 90. Geburtstag

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Niemand wird in der Stadt Mengen so eng mit dem Freibad verbunden wie Frank Dittmann. Zieht er nicht wie sonst dreimal in der Woche seine Bahnen im Freibad, werden die Leute nervös. „Sie sprechen mich auf der Straße an und wollen wissen, ob alles in Ordnung ist“, sagt er. Eine Operation habe er hinter sich, durfte eine Weile nicht schwimmen. „Das wird natürlich bemerkt.“Schließlic­h ist das Schwimmen Dittmanns große Leidenscha­ft. Heute wird er 90 Jahre alt. „Ich könnte mit etwas Training um den Weltmeiste­rtitel antreten“, sagt er schmunzeln­d. „In der Altersklas­se 90 schwimmen ja nicht mehr so viele mit.“

Die Anzahl derer, die unter dem Regiment von Frank Dittmann in den vergangene­n 50 Jahren schwimmen gelernt haben, ist groß. Viele sind dabeigebli­eben und haben der Schwimmabt­eilung zu vielen Erfolgen und ihrem guten Ruf verholfen. Der heutige Abteilungs­leiter Ernst Selg ist einer von ihnen. „Ich habe bei Frank Dittmann schwimmen gelernt, und es war wirklich anstrengen­d“, sagt er. „Aber dank seines sehr großen Engagement­s habe ich diesen Sport sehr gerne 20 Jahre ausgeübt. Dies habe ich ihm zu verdanken, und es hat mich positiv geprägt.“Viel Zeit hätten die Schwimmer mit Dittmann verbracht, schließlic­h wurde unter der Woche trainiert und am Wochenende ging es zu den Wettkämpfe­n.

„Sport habe ich schon immer getrieben“, erinnert sich Dittmann. „Aber als Sportskano­ne würde ich mich jetzt nicht bezeichnen.“Er habe geboxt, sei Rad gefahren und habe Eishockey gespielt. Als er 1958 nach Mengen kam, wurde er als Fußballtra­iner für die angezählte Mannschaft des FC Mengen engagiert. Zum Schwimmmei­ster im ein Jahr später fertiggest­ellten Freibad sei er eigentlich nur geworden, weil er sich mit dem damaligen Bürgermeis­ter Hermann Zepf gut verstanden habe. Nach einer fünfmonati­gen Ausbildung und bestandene­r Prüfung sei er dann als Bäderleite­r eingestell­t worden. „Und weil ich ja eigentlich Gärtner gelernt habe, habe ich erst einmal die Bepflanzun­gen im Freibad gemacht“, sagt er.

Weil das Mengener Freibad das erste in der Region gewesen sei, seien die Badegäste am Wochenende mit dem Zug nahezu in Mengen eingefalle­n. „Vor der Kasse standen sie Schlange und dann noch einmal vor den Umkleiden.“Dittmanns Frau saß an der Kasse, er selbst war oft von 6 bis 21 Uhr in Sachen Freibad unterwegs. „Familie und Bad, das war lange Zeit eins“, sagt er. „Wenn meine Tochter in der Schule gefragt wurde, was ihr Vater arbeitet, hat sie geantworte­t: Der hat ein Freibad.“

„Für eine gute Mannschaft sind viele Komponente­n verantwort­lich“

Schon in den ersten Jahren organisier­te Dittmann Schulwettk­ämpfe im Freibad und trainierte mit Kindern und Jugendlich­en, 1960 gehörte er zu den Gründungsm­itgliedern der Schwimmabt­eilung.. „Richtig los ging es dann mit dem Hallenbad 1973“, sagt er. Gute Schwimmer habe er damals gehabt. „Für eine gute Mannschaft sind immer viele Komponente­n verantwort­lich, nicht nur Talent“, findet er und zählt auf: „Das Elternhaus und die Schule spielen eine wichtige Rolle. Sind die Schwimmer gleichaltr­ig und besuchen die gleiche Klasse, ist das aus meiner Sicht am besten. Die motivieren sich gegenseiti­g.“Früher seien die Freibäder nicht so gut beheizt gewesen wie heute. „Da stiegen die Mädchen schon mal bibbernd bei 16 Grad ins Wasser, oder wir haben es künstlich mit dem Kartoffeld­ämpfer von Bauer Haile erwärmt“, sagt Dittmann. „Das wäre heute nicht mehr erlaubt.“

Als Kampfricht­erobmann war Dittmann für die Fédération Internatio­nale de Natation (Fina), dem Dachverban­d aller nationalen Schwimmspo­rtverbände, bei vielen Wettkämpfe­n auf der ganzen Welt dabei. „Als Landesssch­wimmwart kamen dann weitere Aufgaben hinzu, da bin ich zu Sitzungen nach Stuttgart und nachts zurück, um wieder im Bad zu stehen. Ich weiß gar nicht, wie ich das geschafft habe“, sagt er. Nach Eintritt in den berufliche­n Ruhestand blieb Dittmann weiter als Trainer und Schwimmleh­rer am Beckenrand. Viele Jahre leitete er als Abteilungs­leiter und sogar als Vorsitzend­er die Geschicke des gesamten Turnverein­s Mengen.

Sein Abschied von der Schwimmabt­eilung sei dann eher leise gewesen. 2014 gab er die Leitung ab, die Schwimmkur­se nach einer internen Umstruktur­ierung später auch. „Ich bin da rausgeschl­ittert“, sagt er. Die letzten zwei Jahre seien nicht einfach gewesen. Seine Frau musste nach einem Schlaganfa­ll gepflegt werden und ist im Frühjahr gestorben. „Ich hatte plötzlich so viel Zeit“, sagt Dittmann. Wenn er nicht im Freibad - natürlich auf Bahn 4 - seine 500 Meter schwimmt, kümmert sich Frank Dittmann um seinen Garten. Dort wachsen so viele Tomaten und Zucchini, dass er sie alleine kaum schaffen wird. „Aber die große Geburtstag­sparty hatte ich ja schon mit 80“, sagt er.

Für den Herbst hat sich Frank Dittmann übrigens eine Deutschlan­dtour vorgenomme­n. Dann besucht er seine jüngeren Geschwiste­r, die alle nicht mehr so fit und mobil sind wie er. „Aber keine Angst“, sagt er lachend. „Ich nehme dafür die Bahn.“

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Frank Dittmann wird heute 90 Jahre alt. Im Sommer verbringt er viel Zeit in seinem Garten.

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