Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bahn 4 gehört dreimal in der Woche ihm
Der langjährige Schwimmabteilungsleiter und Schwimmlehrer Frank Dittmann feiert heute seinen 90. Geburtstag
MENGEN - Niemand wird in der Stadt Mengen so eng mit dem Freibad verbunden wie Frank Dittmann. Zieht er nicht wie sonst dreimal in der Woche seine Bahnen im Freibad, werden die Leute nervös. „Sie sprechen mich auf der Straße an und wollen wissen, ob alles in Ordnung ist“, sagt er. Eine Operation habe er hinter sich, durfte eine Weile nicht schwimmen. „Das wird natürlich bemerkt.“Schließlich ist das Schwimmen Dittmanns große Leidenschaft. Heute wird er 90 Jahre alt. „Ich könnte mit etwas Training um den Weltmeistertitel antreten“, sagt er schmunzelnd. „In der Altersklasse 90 schwimmen ja nicht mehr so viele mit.“
Die Anzahl derer, die unter dem Regiment von Frank Dittmann in den vergangenen 50 Jahren schwimmen gelernt haben, ist groß. Viele sind dabeigeblieben und haben der Schwimmabteilung zu vielen Erfolgen und ihrem guten Ruf verholfen. Der heutige Abteilungsleiter Ernst Selg ist einer von ihnen. „Ich habe bei Frank Dittmann schwimmen gelernt, und es war wirklich anstrengend“, sagt er. „Aber dank seines sehr großen Engagements habe ich diesen Sport sehr gerne 20 Jahre ausgeübt. Dies habe ich ihm zu verdanken, und es hat mich positiv geprägt.“Viel Zeit hätten die Schwimmer mit Dittmann verbracht, schließlich wurde unter der Woche trainiert und am Wochenende ging es zu den Wettkämpfen.
„Sport habe ich schon immer getrieben“, erinnert sich Dittmann. „Aber als Sportskanone würde ich mich jetzt nicht bezeichnen.“Er habe geboxt, sei Rad gefahren und habe Eishockey gespielt. Als er 1958 nach Mengen kam, wurde er als Fußballtrainer für die angezählte Mannschaft des FC Mengen engagiert. Zum Schwimmmeister im ein Jahr später fertiggestellten Freibad sei er eigentlich nur geworden, weil er sich mit dem damaligen Bürgermeister Hermann Zepf gut verstanden habe. Nach einer fünfmonatigen Ausbildung und bestandener Prüfung sei er dann als Bäderleiter eingestellt worden. „Und weil ich ja eigentlich Gärtner gelernt habe, habe ich erst einmal die Bepflanzungen im Freibad gemacht“, sagt er.
Weil das Mengener Freibad das erste in der Region gewesen sei, seien die Badegäste am Wochenende mit dem Zug nahezu in Mengen eingefallen. „Vor der Kasse standen sie Schlange und dann noch einmal vor den Umkleiden.“Dittmanns Frau saß an der Kasse, er selbst war oft von 6 bis 21 Uhr in Sachen Freibad unterwegs. „Familie und Bad, das war lange Zeit eins“, sagt er. „Wenn meine Tochter in der Schule gefragt wurde, was ihr Vater arbeitet, hat sie geantwortet: Der hat ein Freibad.“
„Für eine gute Mannschaft sind viele Komponenten verantwortlich“
Schon in den ersten Jahren organisierte Dittmann Schulwettkämpfe im Freibad und trainierte mit Kindern und Jugendlichen, 1960 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Schwimmabteilung.. „Richtig los ging es dann mit dem Hallenbad 1973“, sagt er. Gute Schwimmer habe er damals gehabt. „Für eine gute Mannschaft sind immer viele Komponenten verantwortlich, nicht nur Talent“, findet er und zählt auf: „Das Elternhaus und die Schule spielen eine wichtige Rolle. Sind die Schwimmer gleichaltrig und besuchen die gleiche Klasse, ist das aus meiner Sicht am besten. Die motivieren sich gegenseitig.“Früher seien die Freibäder nicht so gut beheizt gewesen wie heute. „Da stiegen die Mädchen schon mal bibbernd bei 16 Grad ins Wasser, oder wir haben es künstlich mit dem Kartoffeldämpfer von Bauer Haile erwärmt“, sagt Dittmann. „Das wäre heute nicht mehr erlaubt.“
Als Kampfrichterobmann war Dittmann für die Fédération Internationale de Natation (Fina), dem Dachverband aller nationalen Schwimmsportverbände, bei vielen Wettkämpfen auf der ganzen Welt dabei. „Als Landessschwimmwart kamen dann weitere Aufgaben hinzu, da bin ich zu Sitzungen nach Stuttgart und nachts zurück, um wieder im Bad zu stehen. Ich weiß gar nicht, wie ich das geschafft habe“, sagt er. Nach Eintritt in den beruflichen Ruhestand blieb Dittmann weiter als Trainer und Schwimmlehrer am Beckenrand. Viele Jahre leitete er als Abteilungsleiter und sogar als Vorsitzender die Geschicke des gesamten Turnvereins Mengen.
Sein Abschied von der Schwimmabteilung sei dann eher leise gewesen. 2014 gab er die Leitung ab, die Schwimmkurse nach einer internen Umstrukturierung später auch. „Ich bin da rausgeschlittert“, sagt er. Die letzten zwei Jahre seien nicht einfach gewesen. Seine Frau musste nach einem Schlaganfall gepflegt werden und ist im Frühjahr gestorben. „Ich hatte plötzlich so viel Zeit“, sagt Dittmann. Wenn er nicht im Freibad - natürlich auf Bahn 4 - seine 500 Meter schwimmt, kümmert sich Frank Dittmann um seinen Garten. Dort wachsen so viele Tomaten und Zucchini, dass er sie alleine kaum schaffen wird. „Aber die große Geburtstagsparty hatte ich ja schon mit 80“, sagt er.
Für den Herbst hat sich Frank Dittmann übrigens eine Deutschlandtour vorgenommen. Dann besucht er seine jüngeren Geschwister, die alle nicht mehr so fit und mobil sind wie er. „Aber keine Angst“, sagt er lachend. „Ich nehme dafür die Bahn.“