Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Lebensmittelkontrolleure schlagen Alarm
Landesregierung will keine neuen Stellen in Laboren schaffen – Kritik von der CDU
STUTTGART - Grüne und CDU wollen keine neuen Stellen für Lebensmittelkontrolleure und Amtstierärzte schaffen. Das bestätigten CDUAbgeordnete am Mittwoch auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Das Personal ist jetzt schon überlastet, neue Aufgaben im Verbraucherschutz können wir damit nicht bewältigen“, sagte Otmar Fröhlich, Landesvorsitzender der Lebensmittelchemiker im öffentlichen Dienst. So könne das Land aus Personalnot zum Beispiel neue EU-Grenzwerte für Babynahrung nicht kontrollieren.
Am vergangenen Samstag zurrten die Spitzen von Grünen und CDU Eckpunkte für den Haushalt 2018/2019 fest. 1400 neue Jobs für Polizisten, 1350 Lehrerstellen und 225 Stellen in der Umweltverwaltung werden kommen. Justizminister Guido Wolf (CDU) erhält dem Vernehmen nach sogar knapp 400 neue Stellen für Gefängnisse und Gerichte. Das Agrarressort von Peter Hauk (CDU) ging komplett leer aus. Keine der beantragten 43 Stellen winkten die Spitzen der Koalition durch.
An der Belastungsgrenze
Deshalb gibt es auch keine neuen Stellen für die die vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) im Land sowie für das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt (STUA) Aulendorf. Die CVUA suchen zum Beispiel nach Pestizid-Rückstände in Obst oder Gemüse, das Labor in Sigmaringen ist für die Sicherheit von Tabakwaren verantwortlich. Das STUA untersucht Proben aus Ställen, um Tierseuchen bekämpfen zu können. Nach Berechnungen der Laboratorien fehlen 50 Posten, Hauk hatte zwölf beantragt. Die Labore arbeiten auch nach Ansicht des Ministers bereits an der Belastungsgrenze. Das hatte er als Antwort auf eine Anfrage der CDU-Fraktion geschrieben. Am Mittwoch wollte sich Hauks Ministerium nicht zu den bescheidenen Verhandlungserfolgen in den Haushaltsberatungen äußern.
Der Lebensmittelchemiker Otmar Fröhlich erläutert, was die konkreten Folgen der Entscheidung sind. „Die EU hat zum Beispiel neue Grenzwerte für Babynahrung festgelegt. Doch um deren Einhaltung zu kontrollieren, müssten wir neue Technik- und Analysemethoden einführen. Das können wir nur mit mehr Personal.“Bei der Analyse von Trinkwasser müsste das Land eigentlich ebenso nachrüsten: Sogenanntes anorganisches Arsen steht im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Doch auch hier gibt es noch keine geeignete Messtechnik in den Laboren Baden-Württembergs.
Keine neuen Amtstierärzte
Hauk darf auch keine neuen Amtstierärzte einstellen. Nach einer Analyse des Landkreistages fehlen den zuständigen Stellen 199 Veterinäre. Deshalb können Amtstierärzte laut ihrem Verbandschef Thomas Pfister pro Jahr nur 6,5 Prozent der Nutztierhalter kontrollieren – im Schnitt jeden einmal in 15 Jahren.
Klaus Burger, CDU-Landtagsabgeordneter für Sigmaringen, hält die Entscheidung eher für politisch als für sachlich motiviert. „ Die Finanzministerin hat mit den Haushaltsentscheidungen durchaus eine grüne Handschrift erkennen lassen, welche zumindest für das Landwirtschaftsministerium nicht von Vorteil ist“, so Burger. „Das ist ganz bitter. Die Mitarbeiter der CVUA werden über Gebühr belastet. Das ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes und der Landwirte.“
Hoffen auf Nachbesserungen
Sein Parteikollege Patrick Rapp, Agrar- und Verbraucherexperte der CDU-Fraktion, weist darauf hin, dass Amtstierärzte wichtige Ansprechpartner für Landwirte seien. Die kleinen Familienbetriebe im Land erforderten mehr Kontrollpersonal als die Massentierhaltung in anderen Bundesländern. Die Umweltverwaltung werde gestärkt, Tierwohl und Verbraucherschutz aber nicht.
Rapp hat eine Unwucht ausgemacht, „die wohl der grün geführten Landesregierung geschuldet ist“. Das bedauere er persönlich „Wir werden aber versuchen, Nachbesserungen zu erreichen.“Darauf setzt auch Martin Hahn, grüner Abgeordneter vom Bodensee. „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, ich bin zuversichtlich, dass sich da noch etwas für die CVUA bewegt“.
Für FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke liegt die Logik der Entscheidungen im politischen Farbenspiel. Während das grüne Umweltministerium viel Personal bekomme, müsse sich Hauk bescheiden. „Das ist bedauerlich für den Verbraucherschutz. So funktioniert diese Regierungskoalition und zeigt zugleich die Hackordnung“, so Rülke.