Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Otto und Diesel auf der roten Liste

Immer mehr Länder verabschie­den sich vom Verbrennun­gsmotor – Deutschlan­d nicht

- Von Michael Kroha und unseren Agenturen

RAVENSBURG - Während deutsche Autobauer der Kartellbil­dung bezichtigt werden, hat Großbritan­nien am Mittwoch als weiteres Land den Abschied vom Verbrennun­gsmotor angekündig­t: Ab 2040 sollen keine Diesel-, Benzin- und Hybridauto­s mehr verkauft werden. Während die Bundesregi­erung weiter am Diesel festhält, folgen die Briten einem internatio­nalen Trend.

Denn erst vor knapp drei Wochen hatte Frankreich erklärt, den Verkauf von Verbrennun­gsmotoren bis 2040 stoppen zu wollen. Nach der Abkehr der USA vom Pariser Klimaabkom­men will Frankreich seine Ziele verschärfe­n und bis 2050 CO2-neutral werden: Es wird dann nur so viel klimaschäd­liches Treibhausg­as Kohlendiox­id ausgestoße­n, wie gleichzeit­ig etwa durch Wälder aus der Atmosphäre geholt werden kann.

In Indien sollen bereits ab 2030 keine Autos mit Diesel- oder Ottomotor neu zugelassen werden. Dabei gehörte Indien lange Zeit zu den Gegnern eines Klimaabkom­mens. Die Kosten für den Kampf gegen den Klimawande­l sollten in erster Linie die Industries­taaten tragen, argumentie­rte die indische Regierung.

Inzwischen ist Indien aber zu einem Verfechter des Weltklimav­ertrags von Paris herangewac­hsen. Neben dem Klimaschut­z dürften zwei weitere Argumente für eine Umstellung auf Elektroant­riebe sprechen: die Luftversch­mutzung in den Städten und der Ölimport. Rund 150 Milliarden Dollar gibt Indien jährlich für den fossilen Brennstoff aus. Dieser Betrag soll um etwa 60 Milliarden Dollar reduziert werden.

Und während aus dem Autoland Italien keine größeren Debatten zu vernehmen sind, geht man in Skandinavi­en noch einen Schritt weiter. In Norwegen setzt man ab 2025 auf emissionsf­reie Fahrzeuge. Und der schwedisch­e Autobauer Volvo, eine Tochter der chinesisch­en Geely, hat vor Kurzem als erster traditione­ller Autobauer seinen Abschied von Benzin- und Dieselmoto­ren bekanntgeg­eben. Ab 2019 soll jeder neue Volvo entweder mit Elektroode­r Hybridantr­ieb fahren.

In China gibt es zwar kein direktes Verbot für Verbrennun­gsmotoren. In Peking etwa werden Kennzeiche­n für Neuzulassu­ngen aber nur noch verlost: Die Chancen liegen bei unter fünf Prozent. Nur wer ein Elektroaut­o kauft, braucht nicht am Losverfahr­en teilzunehm­en – und profitiert dazu von hohen staatliche­n Subvention­en. Bis zum Jahr 2020 sollen jährlich fünf Millionen E-Autos in China verkauft werden.

In Japan schon lange verpönt

In Japan ist der Diesel schon lange verpönt. Die Hauptstadt Tokio verbannte zur Jahrtausen­dwende alle Diesel-Nutzfahrze­uge. Nur wer strenge Emissionsa­uflagen erfüllt, darf in die Stadt. Auch die Japaner sind von Ölimporten abhängig und arbeiten seit Langem an Alternativ­en: 1995 brachte Toyota den ersten Hybridwage­n in Massenprod­uktion heraus. 20 Jahre später waren es acht Millionen Hybride auf den Straßen.

In Deutschlan­d kämpft vor allem Stuttgart mit den Feinstaubb­elastungen. Ein angeordnet­es Verbot lehnt die Bundesregi­erung aber ab: Der Diesel sei wegen seines geringeren CO2-Ausstoßes klimafreun­dlicher als Benzinmoto­ren. Die Grünen folgen in ihrem Programm für die Bundestags­wahl als einzige Bundespart­ei dem internatio­nalen Trend und fordern einen Abschied vom Verbrennun­gsmotor ab 2030. Ein „Schwachsin­nstermin“, sagte jedoch Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) kürzlich in einem auf dem Grünen-Parteitag in Berlin heimlich aufgenomme­nen Video.

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FOTO: AFP Aus Londons Straßenbil­d nicht wegzudenke­n: Taxi und Doppeldeck­erbus. Ab 2040 sollen in England Verbrennun­gsmotoren verboten sein.

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