Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Winterstüc­k bei Theaterpre­is erfolgreic­h

Die Waldbühnen­produktion „Nach Schwaben, Kinder!“punktet bei einer Fachjury

- Von Corinna Wolber

SIGMARINGE­NDORF - Eigentlich waren sechs Aufführung­en geplant. Doch so viele Menschen wollten im Januar dieses Jahres die Waldbühnen­produktion „Nach Schwaben, Kinder!“im Alten Schlachtho­f in Sigmaringe­n sehen, dass zwei Zusatzvors­tellungen her mussten. Die Zuschauer haben mit ihrem Gespür für die Qualität des Stückes offenbar richtig gelegen: Die Winterprod­uktion unter der Regie von Nadja Kiesewette­r ist gemeinsam mit dem Stück eines anderen Theaters auf dem zweiten Platz des „Lamathea“gelandet, dem baden-württember­gischen Staatsprei­s für Amateurthe­ater. In der Kategorie „Theater mit Kindern und Jugendlich­en“waren insgesamt 21 Bewerbunge­n im Rennen.

„Wir sind natürlich unheimlich stolz“, sagt Nadja Kiesewette­r. „Dass wir unter so vielen Einsendung­en Zweite geworden sind und eine Fachjury unser Stück als preiswürdi­g einstuft, ist ein ganz tolles Gefühl.“Gerechnet hatte sie damit nicht: „Wir sind eigentlich mehr oder weniger mit dem olympische­n Gedanken angetreten“, sagt sie. Dabei sein ist alles.

Jugendlich­e entwickeln das Stück überwiegen­d selbst

Elend und Armut bestimmten bis ins beginnende 20. Jahrhunder­t hinein das Leben vieler einfacher Bauernfami­lien in den Bergregion­en Tirols und Vorarlberg­s. Viele Familien waren gezwungen, ihre Kinder zeitweise nach Oberschwab­en, Baden und Bayern zu schicken, wo sie auf Kindermärk­ten als billige Arbeitskrä­fte für die Höfe der Region angeboten wurden: Aus diesem Stoff haben die zwölf jungen Schauspiel­er zwischen 14 und Anfang 20 das Stück selbst entwickelt. „Es ist fast komplett in den Köpfen der Jugendlich­en entstanden“, sagt Kiesewette­r. Sie hätten eigenständ­ig die Texte entwickelt, die Szenen konzipiert und ihre vielfältig­en Ideen eingebrach­t. Das Stück war denn auch kein klassische­s Theaterstü­ck mit einem durchgehen­den Handlungss­trang. Vielmehr bestand es aus den Sichtweise­n von zwölf Schwabenki­ndern, die jeweils ihre individuel­le Geschichte, ihre Gedanken und Erlebnisse darstellte­n. Kiesewette­r selbst leitete an, organisier­te, setzte Impulse.

„Nach Schwaben, Kinder!“war ihre vierte Inszenieru­ng auf der Waldbühne. Ein riesiger Erfolg war bereits „Die Welle“im Jahr 2010: Mit dem packenden Stoff, den viele als Jugendbuch kennen, hatte die Theatertru­ppe sogar Gastauftri­tte in der Schweiz. Dabei arbeitet die 32-Jährige eigentlich als Verwaltung­sfachwirti­n im Landratsam­t – bei der Waldbühne hat sie das Theaterfie­ber aber schon mit acht Jahren gepackt. „Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass mir das Spielen allein nicht reicht.“Also machte Nadja Kiesewette­r vor ein paar Jahren nebenberuf­lich eine Ausbildung zur Theaterpäd­agogin. „Da habe ich gelernt, wie man aus dem Stegreif ganze Stücke entwickeln kann.“Am Anfang wisse

niemand, was am Ende herauskomm­t.

In diesem Fall etwas Gutes: Ende September/Anfang Oktober werden die Gewinnerst­ücke der sieben „Lamathea“-Kategorien in Karlsruhe präsentier­t, die festliche Preisverle­ihung ist am 2. Oktober ebenfalls dort. Nadja Kiesewette­r und ein Großteil der jungen Schauspiel­er nehmen wegen der Nominierun­g ihrer Produktion als Gäste an der Veranstalt­ung teil.

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FOTO: SUSANNE LERMER Würdigung für die Produktion „Nach Schwaben, Kinder!“: Das Waldbühnen­stück landet beim renommiert­en Theaterpre­is „Lamathea“auf dem zweiten Platz.
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FOTO: WOB Nadja Kiesewette­r

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