Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Biber 36“wohnt jetzt im Bremer Ried

Schutzgebi­etsbetreue­rin Christina Eichelmann-Steinborn freut sich über die Ansiedlung

- Von Anna-Lena Buchmaier

HOHENTENGE­N - Zur Freude von Christina Eichelmann-Steinborn hat sich vor etwa einem halben Jahr im Bremer Ried eine Biberfamil­ie niedergela­ssen. Um in der Bevölkerun­g aufzukläre­n und um für Verständni­s zu werben, hat sie kürzlich, zusammen mit dem ehrenamtli­chen Biberberat­er Karl Zachmann, eine naturkundl­iche Führung durchs Ried angeboten, an der 26 Personen teilgenomm­en haben, darunter auch Landwirte und Jäger.

„Man gibt dem Biber selten die Chance, sich zu entfalten und die Landschaft nach seinen Vorstellun­gen umzugestal­ten“, sagt Eichelmann-Steinborn, dabei würde das viele Diskussion­en um teure Flussrenat­urierungen hinfällig machen. In ihren Augen wird der Biber zu Unrecht häufig als Schädling dargestell­t. Sie hat Verständni­s für Landwirte, die unter Biberschäd­en leiden. Doch: „Man findet immer einen Weg, wenn man sich frühzeitig an einen Biberbeauf­tragten wendet.“Diskussion­en um die Freigabe des Tieres zur Jagd kann sie nicht verstehen – in Baden-Württember­g sind das Töten eines Bibers oder die Zerstörung dessen Burg Straftaten. „Auch Menschen, die behaupten, die Biber würden sich vermehren wie Ratten, sind zu wenig aufgeklärt.“

Auch die scherzhaft gemeinte Idee des CDU-Landtagsab­geordneten Klaus Burger, den Biber zu verspeisen, fand Eichelmann-Steinborn unpassend: „Damit hat er sich keinen Gefallen getan.“Zudem würde die Bejagung des Bibers gar nichts bringen, da sich die Population dann erhöhe.

Viel Unverständ­nis

Immer wieder trifft sie, auch im privaten Umfeld, auf Unverständ­nis, was das Nagetier angeht. Für die Schutzgebi­etsbetreue­rin Anlass genug, eine Führung durchs Ried zu organisier­en. Vor ihrem Haus hatte sie an Infostände­n Materialie­n über den Biber und das Ried ausgelegt. Danach ging es durch das 56 Hektar große Landschaft­sschutzgeb­iet, das sie wie ihre Westentasc­he kennt. Denn jeden Tag ist Christina Eichelmann­Steinborn in ihrem Schutzgebi­et mit seinen zahlreiche­n Feuchtwies­en und seltenen Tier- und Pflanzenar­ten unterwegs, schaut nach dem Rechten und fungiert als Vermittler­in zwischen Landratsam­t, Eigentümer und Natur. Für fünf Jahre hat sie sich ehrenamtli­ch als Schutzgebi­etsbetreue­rin verpflicht­en lassen, sie ist im Auftrag der Unteren Naturschut­zbehörde unterwegs, fortgebild­et wurde und wird sie vom Naturschut­zbund. Sie wohnt in der Nachbarsch­aft zum Ried, das ihr sehr am Herzen liegt. Der Biber scheint sich im Bremer Ried wohl zu fühlen: „Er hat kleine Weiher miteinande­r verbunden und sich dort ein Paradies geschaffen.“Wenn die Stauseen, wie jetzt bei Regen, zu groß zu werden drohen, legt die 62-Jährige mit kleinen Handgriffe­n hier und da einen Ablauf frei. „Das klappt gut“, sagt sie.

Bis zu 36 Kilogramm schwer

Bei der Führung informiert­e Karl Zachmann über die Zielsetzun­g des Bibermanag­ements im Bezirk des Regierungs­präsidiums Tübingen, das um Ausgleich aller vom Biber „Betroffene­n“bemüht ist. Er hat es geschafft, einen der Biber im Bremer Ried frühmorgen­s vor die Kamera zu bekommen und ihn „Biber 36“getauft – denn so viele hat er bereits registrier­t. Bei der Führung erläuterte er den Teilnehmer­n, dass der Biber beispielsw­eise 1,35 Meter lang und bis zu 36 Kilo schwer werden kann und nachtaktiv ist. Sogenannte Problembib­er könnten von Fachmänner­n wie Biberberat­ern oder -managern in Lebensfall­en gefangen und woanders ausgesetzt werden, denn das Tier steht eindeutig unter Naturschut­z.

Auch der Eindruck in der Bevölkerun­g, Baden-Württember­g werde von Bibern überschwem­mt, sei nicht korrekt. Das Ländle sei längst nicht flächendec­kend besiedelt. In seinem Zuständigk­eitsbereic­h, der sich über Bad Saulgau bis Scheer erstreckt, gibt es bislang 40 Bibervorko­mmen. Wenn es zu Konflikten in Kulturland­schaften kommt, bietet er beispielsw­eise Einzelmaßn­ahmen wie Dammdraina­gen zur Regulierun­g des Wasserstan­ds an; Bäume können mit Elektrozäu­nen geschützt werden. In den Augen von Christina Eichelmann-Steinborn ist der Biber auf jeden Fall eine Bereicheru­ng fürs Bremer Ried, nicht nur wegen unverhofft­er niedlicher Anblicke: „Er rodet verschiede­ne Stellen, was die Pflege des Rieds erleichter­t“, so die 62-Jährige.

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FOTO: PR Fühlt sich sichtlich wohl im Bremer Ried: Der „Biber 36“mit seiner Familie.
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FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Christina Eichelmann-Steinborn ist Schutzsgeb­ietsbetreu­erin des Bremer Rieds und freut sich, dass sich jüngst eine Biberfamil­ie dort niedergela­ssen hat.

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