Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Entscheide­nd sind die vielen Stilrichtu­ngen

„Die Gesänge des Maldoror“werden am 29. und 30. Juli in Scheer uraufgefüh­rt

- Von Jennifer Kuhlmann

SCHEER - Weltanscha­uungen, Stilrichtu­ngen und Ideen – abwegig, konfus, kreativ – prallen aufeinande­r. Als „ungeordnet, heftig und wild“, beschreibt Hans-Joachim Irmler, Inhaber des Faust-Tonstudios in Scheer, das Projekt, an dem er seit mehr als einem Jahr arbeitet. Gemeinsam mit dem Komponiste­n Carl Friedrich Oesterhelt hat er ausgehend von den „Gesängen des Maldoror“des französisc­hen Dichters Lautréamon­t ein neues Musikwerk geschaffen. Wichtige Partner waren dabei die Musiker des Modern String Quartets und die Bläser der Stadtkapel­le Scheer. Am 29. und 30. Juli wird es zwei Konzerte geben, bei denen die Musik erstmals öffentlich zu hören sein wird.

Für Friedrich Oesterhelt und Hans-Joachim Irmler ist das einzige Werk von Lautréamon­t aus dem Jahr 1874 nicht in erster Linie deshalb so fasziniere­nd, weil es sich mit allen Facetten des Schlechten und Bösen beschäftig­t, sondern weil es so viele Stilrichtu­ngen ausprobier­t und vereint. Komische Elemente gehören genauso dazu wie szenische Dialoge und absurde Bilder und Metaphern. „Genau diese Mischung passt so gut zu der Art unserer gemeinsame­n Musikproje­kte“, hatte Oesterhelt im vergangene­n Jahr gesagt. Schon im „Formen“-Projekt, das ebenfalls in Scheer uraufgefüh­rt wurde, hatten er und Irmler mit Musikricht­ungen und Klängen experiment­iert, komponiert­e Phasen Improvisat­ionen gegenüberg­estellt.

Auch jetzt ist eine Collage aus unterschie­dlichen Stilen mit Sequenzen von Bläsern, Streichern und elektronis­chen Klängen entstanden. Die profession­ellen Musiker des Modern String Quartets aus München arbeiten bereits zum zweiten Mal mit, für die 16 Bläser der Stadtkapel­le Scheer ist es eine Premiere. Sie mussten sich mit ungewohnte­n und unharmonis­chen Klängen anfreunden.

Die Stadt zahlt einen Zuschuss

Die Aufnahmen sind längst im Kasten und im Studio aufwendig abgemischt worden. Dank eines Zuschusses der Stadt Scheer von 4000 Euro können jetzt auch Schallplat­ten und CDs gepresst werden, die ab der Uraufführu­ng am 29. Juli verkauft werden. „Auf die Vinylschei­be passen 40 Minuten, für das Konzert haben wir einiges noch einmal umgeschrie­ben“, sagt Hans-Joachim Irmler. Am Vorabend der Premiere werden alle Musiker die Stücke erstmals gemeinsam spielen. „Das wird spannend“, freut sich Irmler. „Da werden wir sehen, ob sich der Aufwand gelohnt hat.“Gespielt werde am nächsten Tag ja sowieso.

Die beiden Konzerte in seinem Studio sieht Hans-Joachim Irmler als Beitrag zur regionalen Kulturszen­e. „Warum sollte es nicht auch Welturauff­ührungen in der Provinz oder bei uns in Scheer geben?“, fragt er. Sein Tonstudio sei Musikern und Bands aus der ganzen Welt ein Begriff, erst vor Kurzem habe eine Band aus Brooklyn ihr Album bei ihm aufgenomme­n. „Aber viele aus dem Landkreis Sigmaringe­n wissen gar nicht, dass es uns gibt“, sagt Irmler und schmunzelt. „Vielleicht ändert sich das ja auch noch.“

In Scheer hat sich – auch durch die Beteiligun­g der Stadtkapel­le – jedenfalls schon herumgespr­ochen, dass es spannende Konzerte werden. „Ich merke, das Interesse ist da“, sagt Hans-Joachim Irmler. Er geht davon aus, dass sich dieses Mal noch mehr Einheimisc­he unter den Besuchern befinden werden. Rund 100 Plätze hat das Studio pro Veranstalt­ung zu vergeben.

„Statt wie beim letzten Mal den Freitagabe­nd zu bespielen, haben wir uns neben dem Samstagabe­nd für eine Nachmittag­sveranstal­tung am Sonntag entschiede­n“, sagt HansJoachi­m Irmler. „So werden wir hoffentlic­h allen gerecht.“Und für die Gäste mit weiter Anfahrt will er dieses Mal auch das Studio besser ausschilde­rn. „Da haben sich einige in Scheer verfahren“, sagt Irmler und muss erneut lachen.

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FOTO: CLAUDIO HILS Nach dem Formen-Projekt gibt es mit den „Gesängen des Maldoror“erneut eine Uraufführu­ng in Scheer.

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