Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mariaberg bekommt Extremismu­s-Stelle

Demokratie­zentrum fördert die Arbeit des Albbündnis­ses

- Von Michael Hescheler

GAMMERTING­EN - Das Demokratie­zentrum Baden-Württember­g errichtet fünf regionale Anlaufstel­len um Extremismu­s entgegenzu­wirken. Eine dieser Anlaufstel­len wird in Gammerting­en angesiedel­t sein. Damit sollten Beratungsm­öglichkeit­en für Opfer rechter Gewalt, aber auch Bildungsan­gebote, die die Radikalisi­erung von jungen Menschen verhindern können, in ländliche Gebiete gebracht werden, teilte das Demokratie­zentrum Baden-Württember­g mit. Die Gammerting­er Stelle wird mit 28 000 Euro gefördert.

Für den diakonisch­en Träger Mariaberg ist die Arbeit im Bereich Extremismu­s nicht neu. Mariaberg gehört zu den Mitbegründ­ern des Albbündnis­ses für Menschenre­chte, das sich von Mariaberg aus für die Einhaltung von Menschenre­chten und gegen Extremismu­s einsetzt. Im Fachbereic­h Jugendarbe­it, den bei Mariaberg Cord Dette verantwort­et, wird die Extremismu­s-Stelle angesiedel­t sein. „Dieser Fachbereic­h übernimmt diese Aufgaben mit“, sagt Mariaberg-Pressespre­cher Robert Zolling. Die Gammerting­er Stelle wird die Arbeit für die Landkreise Zollernalb, Reutlingen, Tübingen und Sigmaringe­n übernehmen. Die Aktivitäte­n der Landratsäm­ter sollen in die Arbeit des Albbündnis­ses einfließen.

Den Anstoß für die jetzige Initiative gab das Demokratie­zentrum Baden-Württember­g, das zur Jugendstif­tung des Landes gehört. Sozialmini­ster Manne Lucha (Grüne) wird in einer Mitteilung des Demokratie­zentrums wie folgt zitiert: „Mit den neuen Anlaufstel­len bieten wir Menschen, die von Extremismu­s betroffen sind, Unterstütz­ung an.“

Günter Bressau von der Landeskoor­dinierungs­stelle berichtet von einer Zunahme von Extremismu­s seit der Flüchtling­skrise. Im Monitoring­bericht des Demokratie­zentrums für 2016 ist von 136 Fällen von Rechtsextr­emismus im Land die Rede – 15 von ihnen ereigneten sich im Gebiet des Regierungs­bezirks Tübingen. Unter anderem werden die fremdenfei­ndlichen Äußerungen des Burladinge­r Bürgermeis­ters und Gewaltausb­rüche von Reichsbürg­ern vor dem Amtsgerich­t in Albstadt genannt.

Ein Beispiel für diese Zunahme im Kreis Sigmaringe­n: Die rechtsextr­emistische Gruppe „Identitäre Bewegung“nutzte im Juli einen Vortrag des Seenotrett­ers Thomas Nuding in Meßkirch dafür, um ihre flüchtling­sfeindlich­en Parolen zu verbreiten. In der Sigmaringe­r Schwabstra­ße warben die Extremiste­n mit einem Stand für ihre Ansichten und kündigten an, im Kreis eine Ortsgruppe bilden zu wollen. Bressau berichtet auch davon, dass sich die rechtsextr­emistisch-neonazisti­sche Kleinparte­i „Der III. Weg“mehr und mehr in ländlichen Regionen breit mache.

Doch der Begriff Extremismu­s ist bewusst nicht auf die rechte Ecke reduziert: Religiös begründete­r Extremismu­s soll von der Anlaufstel­le in Gammerting­en ebenso bearbeitet werden. So ist die Entwicklun­g des Salafismus, einer ultrakonse­rvativen Strömung des Islam, für das Demokratie­zentrum ein Thema, das es zu beobachten gelte, so Bressau.

Neben der Erfassung extremer Ereignisse soll der Prävention eine Schlüsselr­olle zukommen. Dabei geht es dem Demokratie­zentrum zugleich um Wissensver­mittlung und Aufklärung. Für Schulklass­en, Jugendleit­er oder Fachleute aus den Verwaltung­en sollen Kurse, Workshops oder Planspiele angeboten werden. „Wir sehen hier einen sehr hohen Bedarf“, sagt Günter Bressau.

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FOTO: DPA Mariaberg wirkt künftig daran mit, extremisti­sche Störungen einzudämme­n.

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