Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Lobbyisten haben hervorragende Arbeit geleistet“
Zu unserer Berichterstattung über den geplanten Kalksteinbruch am Mittelberg in Thiergarten erreichte uns folgender Leserbrief:
Nachtrag zur Infoveranstaltung vom 28. Juni im Tobelhaus in Hausen im Tal: Neben zahlreichen Bürgern aus der gesamten Umgebung waren auch fast alle an diesem Verfahren beteiligten Entscheidungsträger anwesend. Zum Unverständnis aller Anwesenden war jedoch ein wichtiger Entscheidungsträger, nämlich der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, nicht vertreten. Eine wichtige Frage konnte so nicht beantwortet werden.
Im Jahr 2015 hat dieser Regionalverband einen Kalkabbau am Mittelberg abgelehnt. Mit der Begründung, es gäbe noch weitere Vorkommen hochreiner Kalke in der Umgebung, die außerhalb des FFH-Gebiets in wesentlich unsensibleren Gebieten liegen. Nun, ein gutes Jahr später, hat genau dieser Regionalverband, ohne dass sich an der Lage auch nur das geringste geändert hat, dem Kalkabbau, beziehungsweise Zielabweichungsverfahren, einstimmig zugestimmt. Viele der anwesenden Bürger wollten darauf eine Erklärung, aber es gab niemanden, der eine plausible Antwort geben konnte. Es bleibt also die Vermutung, dass auch ein Vertreter des Regionalverbands keine befriedigende Antwort hätte geben können, was diesen plötzlichen Sinneswandel ausgelöst hat. Zwischenzeitlich ist zu lesen, dass der Regionalverband-Direktor Herr Franke den Kalkabbau am Mittelberg weiterhin für unausweichlich hält. Auch hier fehlt eine plausible Erklärung, warum das „unausweichlich“ist. Handelt es sich bei der jährlich geplanten Abbaumenge doch lediglich um rund 3,6 Prozent des in Baden-Württemberg insgesamt abgebauten Kalks. Ob diese 3,6 Prozent die diversen, schwerwiegenden Negativmerkmale, die dadurch entstehen, rechtfertigen, ist doch äußerst fraglich. Eine besondere Erklärung ist Herr Franke dafür schon schuldig, warum von mehreren Standorten ausgerechnet der sensibelste, nämlich der am Mittelberg, unausweichlich ist. Bei einer Sitzung des Regionalverbands im Jahr 2015 erklärte Herr Werner vom Landesamt für Geologie: Das Landesamt habe nach alternativen Abbaugebieten gesucht. Zum Beispiel weise der mit dem Namen „Stetten 1“bezeichnete Standort eine hohe Gesteinsqualität und einen voraussichtlichen Vorrat von mehr als 60 Millionen Tonnen Kalk aus. Einwendungen wegen öffentlicher oder privater Belange sind in größerem Umfang nicht zu erwarten. Mit nur halbwegs gesundem Menschenverstand muss man sich fragen, warum dann ausgerechnet der Abbau am sensibelsten Standort mitten in einem geschützten Naturpark „unausweichlich“Vorrang hat.
Es kann ja wohl nicht ausschlaggebend sein, dass der Standort „Stetten 1“nicht im Besitz des Prinzen Max zu Fürstenberg ist.
Nun zum Regierungspräsidium Tübingen: Niemand konnte sich so recht vorstellen, dass auch das Regierungspräsidium dem Zielabweichungsverfahren zustimmen würde. Auch hier gab es keine, zumindest plausible, Begründung. Alle Träger öffentlicher Belange, das heißt sämtliche angrenzenden Gemeinden sowie Naturschutzverbände, etc. haben nachhaltig dagegen gestimmt. Auch war dem Regierungspräsidium wohl bekannt, dass die Bevölkerung aller umliegender Gemeinden und auch darüber hinaus fast zu 100 Prozent gegen einen Eingriff in den sensiblen Naturpark Oberes Donautal sind. All das hat die Entscheidungsträger beim Regierungspräsidium offensichtlich nicht beeindruckt. Abschließend müsste man eigentlich hier dem Haus Fürstenberg gratulieren, haben doch seine Lobbyisten bisher eine hervorragende Arbeit geleistet.