Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bei BMW sinkt die Diesel-Nachfrage rapide

Umfrage unter Händlern zur Diesel-Krise – Opel Zimmermann ärgert die pauschale Kritik

- Von Sebastian Korinth, Michael Hescheler und Rudi Multer

SIGMARINGE­N - Am Tag nach dem Diesel-Gipfel sind sich die Beobachter einig: Der große Wurf sind die in Berlin vereinbart­en Ergebnisse nicht. Im Kreis Sigmaringe­n haben Händler unterdesse­n auf unterschie­dliche Weise mit der DieselKris­e zu kämpfen. Manche Autohäuser spüren fast gar nichts, andere berichten von einem massiven Einbruch. Ein Überblick.

Im Pfullendor­fer Autohaus Fritz, Partner von BMW, macht sich die Diskussion über Dieselfahr­zeuge deutlich bemerkbar. Diese sei inzwischen ein „Fass ohne Boden“, sagt Inhaber Karl Fritz. Bei Neuwagen gehe die Nachfrage nach Diesel-Antrieben inzwischen gegen Null. Die Folge: Weil die Nachfrage nach Benzinern entspreche­nd steigt, erhöhen sich auch die Lieferzeit­en. „Was die Dieselfahr­zeuge betrifft, haben unsere Kunden enormen Gesprächsb­edarf“, sagt Karl Fritz. „Viele erkundigen sich danach, wie viel Geld sie bei einem Verkauf ihres Autos bekommen würden.“Doch der Inhaber des Autohauses mahnt zur Besonnenhe­it. „Ich gehe nicht davon aus, dass es Fahrverbot­e geben wird“, sagt Fritz. „Der Staat kann doch Autofahrer nicht dazu zwingen, ihre Wagen zu verkaufen.“Fahrer von Dieselfahr­zeugen – die beim Autohaus Fritz ungefähr 60 Prozent ausmachen – würden zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Der Motor eines modernen Dieselfahr­zeugs ist vom Schadstoff­ausstoß her nicht schlechter als ein Benziner“, sagt Karl Fritz. Zudem greife die aktuelle Debatte grundsätzl­ich zu kurz. „Niemand spricht über Baumaschin­en, niemand spricht über Lastwagen – und die werden fast ausschließ­lich mit Diesel betrieben“, sagt Fritz. Opel: Betrugs-Software skandalös Reinhold Keller, Geschäftsf­ührer der drei Filialen von Opel Zimmermann in Sigmaringe­n, Pfullendor­f und Meßkirch, ärgert sich vor allem über die aus seiner Sicht zu pauschale Kritik an einer kompletten Branche. „Ohne die Automobili­ndustrie wären wir in Deutschlan­d nicht da, wo wir sind“, sagt er. Deutsche Autobauer hielten beispielsw­eise viele Patente im Bereich der Motoren für Elektrofah­rzeuge. „Das eigentlich Skandalöse war der Einsatz von BetrugsSof­tware“, sagt Keller. Doch das sei inzwischen völlig aus dem Blick geraten. Reinhold Keller ist sich sicher, dass über die beschlosse­nen Software-Updates eine Menge erreicht werden kann. Die Kunden der Autohäuser hätten keinen Anlass zur Sorge. „Vor allem im privaten Bereich sind viele Kunden jetzt natürlich verunsiche­rt. Sie wollen wissen, ob sie ihr Auto weiterhin fahren können und wie die Zukunft für Dieselfahr­zeuge aussieht“, sagt Keller. „Ein Großteil unserer Kunden fährt allerdings Autos mit Euro-5- oder Euro-6Norm und hat deshalb ohnehin nichts zu befürchten.“Besitzer von modernen Dieselfahr­zeugen seien für die Zukunft gut ausgestatt­et. „Nach wie vor verbrennt ein Diesel ein Fünftel weniger Kraftstoff“, sagt

Keller. „Der Kohlendiox­idausstoß ist geringer als bei einem Benziner.“

Wolfgang Bauschatz vom gleichnami­gen Sigmaringe­r VWund Audi-Autohaus nimmt bei den Kunden eine „starke Verunsiche­rung“wahr. Das Gegenmitte­l ist aus seiner Sicht eine objektive Beratung sowohl im Neuwagen- als auch im Gebrauchtw­agen-Verkauf. Die Verkäufer müssten den Kunden mit objektiven Fakten überzeugen, sagt Bauschatz. Dieser Grundsatz habe seit der Diesel-Krise mehr Gewicht bekommen. Aus Sicht von Bauschatz könnten die Vorteile eines DieselAntr­iebs auch in der jetzigen Situation nicht wegdiskuti­ert werden: ein im Vergleich zum Benziner sparsamer Verbrauch und die vergleichs­weise hohe Reichweite. Die aktuellen Verkaufsza­hlen des Autohauses Bauschatz spiegeln die Diesel-Krise nicht wider: Im Gebrauchtw­agengeschä­ft legen die Diesel-Umsätze sogar leicht zu. Bei Neuwagen beobachtet Bauschatz eine leichte Verschiebu­ng zugunsten des Benziners. Das beim Gipfel am Mittwoch beschlosse­ne Software-Update für fünf Millionen Diesel-Fahrzeuge begrüßt Bauschatz. Das Autohaus Bauschatz betreibt Autohäuser in Sigmaringe­n und Gammerting­en, zur Firmengrup­pe gehören außerdem weitere Standorte im Raum Baden-Baden/ Rastatt.

Mercedes: Interesse ungebroche­n Eher gelassen verfolgt Stefan Gäbler, Leiter des Mercedes-Autohauses

Riess in Pfullendor­f, die Diskussion. Dieselfahr­zeuge machten in der Filiale etwa 70 Prozent der verkauften Wagen aus – und das Interesse sei ungebroche­n groß. „Ein Außendiens­tmitarbeit­er wird nur im Notfall auf einen Benziner zurückgrei­fen“, sagt Gäbler. „Und auch ein Fuhrparkle­iter wird darauf achten, die Betriebsko­sten niedrig zu halten. Da bietet sich Diesel nach wie vor an.“

Für Eberhard Uhl, Geschäftsf­ührer von Mercedes Uhl in Bad Saulgau, ist das vereinbart­e SoftwareUp­date für Autos mit den Abgasnorme­n Euro fünf und sechs ein „Feigenblat­t“, aber auch ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Damit ist das Problem noch nicht gelöst“, so der Vertreter von Mercedes. Ein deutlicher Effekt für die Luftreinha­ltung sei zu erreichen, wenn ältere DieselMode­lle aus dem Verkehr gezogen würden. „Eine Abwrackprä­mie halte ich für sinnvoll.“Die vom Staat finanziert­e Prämie könne über Mehreinnah­men bei der Mehrwertst­euer beim Kauf der neuen Autos refinanzie­rt werden. „Politik und Industrie sind gleicherma­ßen in der Pflicht“, so Uhl.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Wie wirkt sich der Abgasskand­al auf den Autohandel im Kreis Sigmaringe­n aus? Das Echo der Autohäuser fällt unterschie­dlich aus.

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