Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das Ei als Risikofaktor
Läusegift im Frühstücksei: Klingt nach Supergau und ein solcher scheint es zu werden. Täglich kommen weitere Details des Lebensmittelskandals ans Licht. Der Fund des Insektizids Fipronil in Eiern hat Einzelhandel und Verbraucherschützer aufgeschreckt. Discounter Aldi hat alle Eier aus den Läden verbannt. Bei Rewe und Penny wurden niederländische Eier aussortiert. Ziemlich sicher werden andere Ketten bald nachziehen. Zu groß wäre der Imageschaden, wenn ein Kunde tatsächlich durch ein verseuchtes Hühnerei krank wird.
Und die Politik? Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) lässt tagelang nichts von sich hören. Dann muss er zugeben, dass schon zwölf Bundesländer betroffen sind und das Ausmaß der Verbreitung noch nicht erfasst ist. Kurz vor der Bundestagswahl kann er einen solchen Skandal kaum gebrauchen. Doch anstatt die Bevölkerung schnell zu beruhigen und für Aufklärung zu sorgen, taucht Schmidt ab. Die Kritik ist berechtigt. Ein gutes Krisenmanagement sieht anders aus.
Und das wird dringend gebraucht. Denn der Fall macht klar, wie vernetzt die Warenströme in Europa sind. Offenbar könnte ein belgischer Chemikalienhändler hinter dem Einsatz des Insektengifts stehen. Dieser soll die toxischen Substanzen in Rumänien eingekauft haben. Das Mittel wurde dann in holländischen Hühnerställen eingesetzt. Die niederländischen Händler verkauften die Eier weiter – auch nach Deutschland. Warum fiel der Kauf der Chemikalien nicht auf ? Wieso versagten Kontrollbehörden? Diese Fragen gilt es schnell zu klären. Gefragt ist ein hartnäckiger Minister, der die Aufklärung nicht auf Länder und Experten abwälzt, sondern Druck macht. Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass Verbote greifen und Verstöße geahndet werden.
Was bisher bekannt ist, scheint nur der Anfang zu sein. Das Gift könnte nicht nur in Eiern nachgewiesen werden, sondern auch in Produkten, in denen die Hühnereier weiterverarbeitet wurden: in Kuchen, Keksen, Nudeln. Weder Wirtschaft noch Politik dürfen den Skandal aussitzen. Jetzt ist ihr Einsatz für den Schutz der Verbraucher gefragt.