Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schießerei in Disco: Polizei weist Vorwürfe zurück
Beamte haben bei den ersten Schüssen nicht auf dem Parkplatz des Konstanzer Clubs gewartet
KONSTANZ - Nach detaillierter Auswertung der Einsatzunterlagen weist die Polizei Vorwürfe zurück, Streifenwagenbesatzungen seien bei der Abgabe der ersten Schüsse am Sonntagmorgen in der Konstanzer Diskothek Grey bereits vor Ort gewesen und hätten nicht rechtzeitig eingegriffen.
Einsatzprotokolle und Funkverkehr sowie die von der Sonderkommission gesicherten Videoaufnahmen der im Innen- und Außenbereich der Diskothek installierten Kameras und die Befragung des Sicherheitspersonals hätten übereinstimmend ergeben, dass zum Zeitpunkt der Rückkehr des Tatverdächtigen zur Diskothek keine Streifenwagenbesatzung auf dem Parkplatz stand. Auch andere Fahrzeuge des Polizeipräsidiums Konstanz oder der Bundespolizei waren nicht dort, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Besatzung, die gerufen worden war nachdem der spätere Schütze im Innenbereich randaliert und ein Hausverbot erhalten hatte, hatte laut Angaben der Polizei eine Anzeige aufgenommen und den Parkplatz um 4.18 Uhr verlassen. Sieben Minuten später ließ sich der Tatverdächtige von dem Taxifahrer im Bereich vor der Disco absetzen. Noch während der 34-Jährige über den Parkplatz ging, feuerte er erste Schüsse aus seinem Sturmgewehr ab. Die Kameras haben aufgezeichnet, wie der Schütze in den Vorraum und in die Haupthalle ging, wo er zwei Schüsse Richtung Decke abfeuerte.
Täter hatte keinen Waffenschein
Nach bisherigem Kenntnisstand wurden im Eingangsbereich ein Türsteher tödlich, ein weiterer Sicherheitsmitarbeiter und zwei Gäste, ein Mann und eine Frau, schwer verletzt, heißt es weiter. Mindestens acht Personen erlitten bei der panikartigen Flucht leichte Verletzungen oder einen Schock. Als der Tatverdächtige das Gebäude wieder verließ, verschlossen Security-Mitarbeiter die Haupteingangstür.
Doch der 34-Jährige kehrte laut Protokoll wieder zum Eingang zurück. Nachdem er einige Schüsse auf die Tür abgegeben und auch durch die Türverglasung geschossen hatte, schlug er mit der Schulterstütze des M16 mehrmals gegen die Verglasung, wobei die Schulterstütze zerbrach. Kurz darauf wendete er sich ersten eintreffenden Streifenwagen zu, deren Besatzungen aus taktischen Erwägungen nicht vor die Diskothek fuhren, sondern ihre Fahrzeuge etwas abgesetzt auf der Straße abstellten, um dort in Deckung ihre Amokausrüstung anzulegen.
Hierbei wurde laut Mitteilung einer der Beamten hinter dem Streifenwagen kniend durch ein Projektil getroffen, das den ballistischen Schutzhelm durchschlug und den Polizisten schwer verletzte. Beim anschließenden Schusswechsel mit den Interventionsteams der Polizei wurde der Tatverdächtige lebensgefährlich verletzt und erlag trotz einer Notoperation im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.
Dem vorläufigen Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchungen zufolge sind von dem 34-Jährigen mindestens 24 Schüsse abgegeben worden. Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts zur Herkunft der Kriegswaffe dauern an. Einen Waffenschein hatte der Schütze offenbar nicht. Im bundesweiten Register gibt es nach dpa-Informationen zu dem 34-Jährigen keinen Eintrag.