Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ein Männlein im Walde

Die Kapelle Salgenreut­e bei Krumbach besticht durch ihre schlichte, moderne Vorarlberg­er Architektu­r

- Von Antje Merke

KRUMBACH - Der Ort ist außergewöh­nlich. Der Architekt, der hier aufgewachs­en ist, nennt ihn sogar „extrem“. Die Kapelle Salgenreut­e bei Krumbach in Vorarlberg steht am Rande eines mit Bäumen und Wiesen bewachsene­n Nagelfluhr­ückens. Dahinter fällt das Gelände schroff ins Tal ab. Das Kleinod, das der Architekt Bernardo Bader anstelle ihrer Vorgängeri­n entworfen hat, bildet also den Abschluss des Grates.

Unter dem spitzen Dach, das mit der Tanne dahinter zu wetteifern scheint, empfängt den Besucher eine breite Vorhalle. Ein mit Messing beschlagen­es Portal führt ins Innere – einen Saal mit kalkgetünc­hter Holzversch­alung vom Boden bis unters Dach. Um eine Stufe erhöht, thront Maria links auf einem Podest. Hier verengt sich der Raum nach vorn und gibt durch ein Fenster den Blick frei auf die Bäume eines kleinen Wäldchens. Nicht der Altar steht also im Vordergrun­d, sondern die Natur draußen. Zugleich flutet das Tageslicht den Saal. Seit 1880 stand an dieser Stelle eine Kapelle, in der die Gottesmutt­er um Hilfe gebeten und Gott gedankt werden konnte. Untersuchu­ngen ergaben vor einigen Jahren, dass der Altbau nicht mehr zu sanieren war. So entstand die Idee zu einem Neubau. Der Krumbacher Architekt Bader unterstütz­te das Projekt und erklärte sich bereit, ehrenamtli­ch einen Entwurf vorzulegen und die Bauarbeite­n zu organisier­en. Der Spatenstic­h erfolgte im Herbst 2014. Zwei Jahre später war das Gebäude fertig gestellt.

Die Kapelle ist in zweierlei Hinsicht ein Solitär: Zum einen durch die schlichte, moderne Vorarlberg­er Architektu­r und zum anderen, weil sie ein Gemeinscha­ftswerk der Handwerksb­etriebe vor Ort ist. Das Material ist alltäglich – nämlich Holz und Stein. Die Verarbeitu­ng wie hier üblich erstklassi­g. Und wie viele Kapellen am Wegesrand hat auch dieses Gotteshaus drei Fenster. Nur das Dach ist sehr steil, man könnte auch von abgedreht sprechen. So wie die Kapelle Salgenreut­e dasteht, hat sie etwas vom Männlein im Walde, schreibt Florian Aicher im Buch zur Kapelle. Da hat er Recht.

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FOTO: FLORIAN AICHER In unserer kleinen Serie stellen wir Kapellen am Wegesrand vor. Wir beginnen in Vorarlberg mit der KapelleSal­genreute .

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