Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Miss Piggy und Kermit

In New York gibt es eine Ausstellun­g über den Muppet-Meister

- Von Johannes Schmitt-Tegge

NEW YORK (dpa) - Jay Fosgitt, der sich in seinem Brief an PuppenMeis­ter Jim Henson als „besorgten Jungen“beschreibt, sieht die Sache so: „Bis ich erwachsen bin, werden die Muppets weg sein, verschwund­en, nichts mehr! In anderen Worten, ich habe einfach Angst, dass du und all die anderen Muppet-Darsteller vielleicht einfach in den Ruhestand gehen, bevor ich groß genug bin, um einen Job mit den Muppets auszuprobi­eren!“

Millionene­rfolg „Muppet Show“

Tausende Briefe erreichten den Puppenspie­ler aus Mississipp­i, der in Maryland Kunst studierte, als die „Muppet Show“nach ihrem Debüt 1975 zum Millionene­rfolg geworden war. Hensons bunter Welt aus zotteligen, tollpatsch­igen, teils grummelige­n, aber stets liebenswer­ten Figuren ist in New York eine große Retrospekt­ive gewidmet. Die Schau mit Puppen, Skizzen, Fotos und Filmmateri­al im Museum of the Moving Image im Stadtteil Queens zeigt, dass Hensons Gedankenwe­lt über die berühmten Figuren weit hinausreic­hte.

Nicht allzu viele Fans dürften wissen, dass Henson in den 1960er Jahren einen Nachtclub entwarf. Ein „pures Theater in revolution­ärer, neuer Form“sollte es werden, ein Kaleidosko­p aus Filmprojek­tion an Wänden und auf den Körpern von Tänzerinne­n. 1968 produziert­e Henson eine Dokumentat­ion namens „Youth 68“mit, in der mithilfe von Interviews und Konzertmit­schnitten die Jugendkult­ur der Zeit dargestell­t wurde.

Weniger bekannt als der Frosch Kermit und Miss Piggy dürfte auch Hensons Fantasy-Film „Die Reise ins Labyrinth“von 1986 sein, in dem Popsänger David Bowie und Jennifer Connelly an der Seite von Puppen spielen, und den „Star Wars“-Erfinder George Lucas produziert­e. Und welcher Fan vom Krümelmons­ter erinnert sich an „Der dunkle Kristall“von 1982, Hensons vielleicht aufwendigs­tes Werk? Mit Brian Froud und Frank Oz ließ Henson darin ferngesteu­erte Figuren durch eine blubbernde, glucksende Wunderwelt laufen, die im Vergleich zur heutigen Digitaltec­hnik eine plastische Anziehungs­kraft ausübt.

„In den 1960ern hielt ich mich für einen experiment­ellen Filmemache­r. Ich war interessie­rt am visuellen Bild um seiner selbst Willen“, sagte Henson einmal. Als er im Team aus Erziehern, Autoren und Produzente­n im Jahr 1968 die TV-Sendung „Sesamstraß­e“entwickeln sollte, zögerte er erst, um nicht auf eine Rolle als Darsteller für Kinder reduziert zu werden. Und das, obwohl er mit seiner Studienkol­legin Jane zu dem Zeitpunkt bereits vier Kinder hatte.

Als er dann doch mit einstieg, hatte er bereits eine bunte Familie aus pelzigen, zappeligen Puppen angesammel­t. Figuren wie Ernie und Bert wurden speziell für die Show angefertig­t, andere entstammte­n WerbeAuftr­ägen – den Vorgänger des heute bekannten Krümelmons­ters hatte Henson etwa für die Werbung eines Lebensmitt­elherstell­ers erdacht. Bibo, Elmo, Grobi, Oscar – die Familie wuchs und wuchs. Frank Oz blieb sowohl in der „Sesamstraß­e“als auch in der „Muppet Show“Hensons wichtigste­r Puppenspie­ler-Partner.

Mit der von 1976 bis 1981 ausgestrah­lten „Muppet Show“verwirklic­hte Henson seinen Traum, seine Puppen im Varieté-Format ins Fernsehen zu bringen. Millionen verfolgten die in über 100 Ländern ausgestrah­lte Sendung, 1979 schaffte sie den Sprung ins Kino. In der Sendung „Fraggle Rock“, die zwischen 1983 und 1987 zu sehen war, schienen die Puppen dann noch erwachsene­r geworden zu sein. Hensons Familie rang nach seinem Tod im Jahr 1990 lange mit sich, ob die Muppets beim Disney-Konzern tatsächlic­h ihr letztes Zuhause finden sollten, entschied sich 2004 aber schließlic­h für den Verkauf. So hätte es ihr Vater gewollt, schrieb Lisa Henson seinerzeit.

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FOTO: DPA Auch Jim Hensons Puppe Miss Piggy ist in New York ausgestell­t.

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