Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Einmal Darth Vader sein
Schauspieler Jonas Sippel lebt mit Trisomie 21 und spielt jetzt die Hauptrolle in einem ZDF-Krimi
RANGSDORF (dpa) - Der Schauspieler Jonas Sippel hat klare Präferenzen. „Ich mag Kampfsport“, sagt der 23-Jährige und schlägt auf einen BoxSack, der in seinem Zimmer im Elternhaus in Rangsdorf südlich von Berlin hängt, wo er noch zeitweise lebt. „Und ich interessiere mich sehr für griechische Mythologie.“Sippel ist 1994 in München mit dem DownSyndrom geboren worden und arbeitet seit fünf Jahren als Schauspieler an dem integrativen Theater „RambaZamba“in der Berliner Kulturbrauerei.
Faible für Mythologie
Nach zahlreichen Theaterrollen hat der 23-Jährige nun seine erste große Rolle in einem Fernsehkrimi: Am 9. September ist er in der ZDF-Krimiserie „Kommissarin Lucas“zu sehen. Sippel spielt den jungen Theo Pröll, der unter Mordverdacht gerät, als eine Frau unter rätselhaften Umständen ums Leben kommt. Die Frau war Gast in der Pension von Theos Bruder Marc, der sein Geschwisterkind um jeden Preis vor dem Leben in einem Heim bewahren will.
Sippel ist ein ruhiger Typ, ganz anders als seine Figur Theo Pröll. Für Sippel ist diese Verwandlung kein Problem. „Ich habe bei den Dreharbeiten aufgedreht“, sagt der 23-Jährige. „Ich habe einfach meinen Job gemacht!“Denn von einer großen Rolle in einem Fernsehfilm habe er schon lange geträumt, meint Sippel. „Und jetzt habe ich einfach die Chance genutzt, dabei zu sein.“
Den Drang nach ganz vorne auf der Bühne hat die Berliner Regisseurin Gisela Höhne schon bei dem 17jährigen Sippel entdeckt, der vor sechs Jahren als Schülerpraktikant zum „RambaZamba“kam. „Jonas war ganz anders als die anderen Mitspieler mit Down-Syndrom“, sagt Höhne. „Ungewöhnlich schnell und munter, er hat ein unglaubliches Allgemeinwissen und großes Interesse an der griechischen Mythologie.“
Sippel habe sich stets nach Hauptrollen gedrängt und dann unbedingt den Achilles spielen wollen. „Den hat er dann auch spielen dürfen und dabei hat er dann alle anderen herumdirigiert“, erzählt Höhne. „Er wollte eigentlich Wissenschaftler werden. Aber mir war schnell klar: Das ist ein Schauspieler.“
In dem Krimi geht es auch um ein Thema, das für Sippel persönlich belastend ist: Die Frau seines Bruders ist schwanger und wird von ihrer Ärztin bedrängt, sie solle einen Frühtest auf eine Trisomie 21 machen. Ihr Mann lehnt dies ab. „Da musste ich schon schlucken“, meint Sippel. „Aber ich war vorgewarnt, das Thema gab es schon in einem Theaterstück.“
Auch in einem Kinofilm hat Sippel schon mitgespielt, in „24 Wochen“von Regisseurin Anne Zohra Berrached (2015). Er spielte in einer Nebenrolle den Leiter einer Behindertengruppe.
Sippel würde am liebsten sofort wieder vor die Kamera und einen Helden seiner Kindheit spielen: Darth Vader. Den Einwand seines Vaters Reinhard, er solle mal auf dem Teppich bleiben, kontert Sippel lässig: „Ja, aber auf dem roten!“