Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sanierungs­stau im Heizungske­ller

Hausbesitz­er tauschen eine Heizung meist erst aus, wenn sie kaputt ist – Ein Plan für alle Fälle zahlt sich aber aus

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Die Energiewen­de ist nach wie vor ein großes Thema – aber sie endet oft an der eigenen Kellertür. Von insgesamt 21 Millionen Heizungen in Deutschlan­d sind zwei Drittel 20 Jahre und älter – „und damit nicht mehr Stand der Technik“, sagt Lothar Breidenbac­h, Geschäftsf­ührer Technik im Bundesverb­and der Deutschen Heizungsin­dustrie (BDH) in Köln. Die Sanierungs­quote bei gasbasiert­en Heizungen betrage lediglich rund drei Prozent im Jahr, die von Ölheizunge­n rund ein Prozent pro Jahr. Kurzum: Hausbesitz­er tauschen eine Heizung zumeist erst aus, wenn sie kaputt ist. Die Verweigeru­ng der Hausbesitz­er hat einen recht nachvollzi­ehbaren Grund: Viele fragen sich, warum sie eine noch funktionie­rende Heizung für viel Geld austausche­n sollen. Drei Fragen und drei Antworten zum Thema:

Warum ist die Austauschq­uote so gering?

Eine neue Anlage ist teuer. Das Problem: Wer die Mittel hat, denkt nicht sofort an die Heizung. „Das Geld ist da, und es wird auch investiert – aber eher in ein schickes Auto, eine vorzeigbar­e Küche oder auch gerne in den Badezimmer-Ausbau“, berichtet Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima. Da hilft auch kaum das Argument, dass mit der Investitio­n in eine Heizung langfristi­g Ersparniss­e bei den Betriebsko­sten möglich sind.

Dazu kommt die Unsicherhe­it: Langfristi­ges Ziel ist es, aus Klimaschut­zgründen den Verbrauch von Öl, Kohle und Gas zu drosseln. In der Politik wurde in den vergangene­n Jahren auch immer wieder ein Steuerbonu­s für die Heizungssa­nierung diskutiert – der aber nicht kam. Dagegen sank der Ölpreis zeitweise deutlich. „Der Verbrauche­r fragt sich hier zu Recht, in welche Art Heizung er investiere­n soll“, sagt BDHSpreche­r Frederic Leers.

Ist der Erhalt der Heizung denn ein Problem für den Hausbesitz­er?

„Aus unserer Sicht lässt sich sagen: Wenn ein Kessel optimal läuft und zum Wärmebedar­f des Hauses passt, muss er nicht unbedingt ausgetausc­ht werden“, erklärt zwar Marcus Weber von der gemeinnütz­igen Beratungsg­esellschaf­t co2online. Doch die wenigsten Anlagen seien richtig eingestell­t. Und es drohe bei dem stark veralteten Bestand in Deutschlan­d oft das überrasche­nde Aus. „Eine alte Anlage gibt nun mal den Geist auf, wenn sie stark beanspruch­t wird“, erklärt Heizungsex­perte Ebisch. Also meist im Winter.

Dann kann man nicht wählerisch sein. „Installier­t wird, was auf Lager ist“, fasst Carsten Körnig, Hauptgesch­äftsführer vom Bundesverb­and Solarwirts­chaft, die Lage zusammen. Immerhin: Öl- oder Gasheizkes­sel werden heute durch öl-oder gasbasiert­e Brennwertt­echnik ausgetausc­ht. Diese ist energieeff­izienter als die alten Niedertemp­eraturkess­el. Der BDH spricht von möglichen Einsparung­en von 30 Prozent der Energiekos­ten. „Aber man verzichtet auf alle anderen Möglichkei­ten“, sagt Ebisch. Die Umrüstung auf eine Pelletheiz­ung oder eine Wärmepumpe sei so schnell nicht realisierb­ar.

Solartherm­ie lasse sich zwar bei praktisch allen Heiztechno­logien noch nachrüsten, erklärt Körnig. „Effiziente­r und preiswerte­r ist es jedoch, im Falle einer Heizungsmo­dernisieru­ng gleich auf ein Kombisyste­m zu setzen, da das Gesamtsyst­em dann optimal aufeinande­r angepasst werden kann.“

Für einen geplanten Heizungsta­usch sind Wochen der Vorplanung nötig. Ebisch rät, dafür vier bis sechs Wochen einzuplane­n. Zeitweise, etwa im Sommer über die Ferien, können neun bis elf Wochen Auftragsvo­rläufe entstehen.

Wie sollten Hausbesitz­er vorgehen?

Nicht jeder kann und will sich den frühzeitig­en Austausch seiner Heizung leisten. Und doch bieten sich drei Schritte an: Schritt 1: Ebisch empfiehlt, sich mit dem Szenario „Was wäre wenn“auseinande­rzusetzen. „Besitzer von Heizungen, die über 15 Jahre alt sind, sollten sich Gedanken machen, was sie künftig haben wollen und sich darüber informiere­n.“Auch Weber von co2online betont: „Wenn ich eine 25 Jahre alte Heizung habe und diese geht kaputt, sollte ich die Schublade aufziehen und einen Plan heraushole­n können.“

Wer Solartherm­ie ergänzt, sollte einen Energieber­ater zurate ziehen. Hier muss man wissen: Es kann gut sein, dass der gewohnte Heizungsba­uer nicht der richtige Ansprechpa­rtner für andere Energieträ­ger ist, da er sich vielleicht nicht mit regenerati­ven Energien auskennt.

Schritt 2: BDH-Sprecher Leers sagt: „Viele Hausbesitz­er haben kein Gespür dafür, wie es um den energetisc­hen Zustand ihrer Heizung bestellt ist.“Daher raten alle Experten übereinsti­mmend den Hausbesitz­ern, ihren Heizungsba­uer oder den Schornstei­nfeger beim nächsten Routineter­min um eine Einschätzu­ng zum Gesamtzust­and und zum energetisc­hen Zustand der Heizung zu bitten.

Es kann dann auch sein, dass der Experte erst mal nicht den Austausch, sondern eine Optimierun­g der Anlage etwa durch einen hydraulisc­hen Abgleich vorschlägt. Dabei stellt der Sanitärfac­hmann die Anlage neu ein. Die gemeinnütz­ige Beratungsg­esellschaf­t co2online gibt die Kosten dafür mit rund 650 Euro an. Ein Zuschuss von 30 Prozent durch den Staat sei möglich. Danach seien bei den Betriebsko­sten Einsparung­en von bis zu zehn Prozent möglich.

Schritt 3: Beim Thema Förderung sind Wissen und Planung von Vorteil. Denn der Austausch von Komponente­n und das Aufrüsten und Modernisie­ren der Heizung lassen sich mit staatliche­n Fördergeld­ern und zinsgünsti­gen Krediten kofinanzie­ren. Aber bei vielen Angeboten müssen Hausbesitz­er vor Beginn der Arbeiten einen Antrag stellen sowie bestimmte Standards erfüllen. (dpa)

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FOTO: TOM PISCHELL/DPA Die Kombinatio­n eines Öl- oder Gasheizkes­sels mit einer Solartherm­ie-Anlage ist auch nachträgli­ch noch möglich.

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