Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Hans Duwenkamp erhält Auszeichnu­ng

Der Sigmaringe­r bekommt das Bundesverd­ienstkreuz.

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Hans Duwenkamp erhält das Bundesverd­ienstkreuz am Bande. Der 81-jährige Sigmaringe­r hat die Selbsthilf­egruppe ClusterKop­fschmerz mitbegründ­et. Die Auszeichnu­ng wird ihm der badenwürtt­embergisch­e Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) am Donnerstag, 24. August, im Sigmaringe­r Rathaus überreiche­n.

Hans Duwenkamp erzählt über den Anfang seiner Selbsthilf­egruppe so, als ob es gestern gewesen ist: Im Herbst 2003 saß er am Radio und hörte einen Aufruf. Es seien Leute gesucht worden, die etwas zu sagen haben. Der Sigmaringe­r erzählte von seinen besonders ausgeprägt­en Kopfschmer­zen, Cluster-Kopfschmer­z genannt. Nach der Radiosendu­ng erhielt er mehr als 100 Anrufe. Wenige Monate später kamen viele von ihnen zur Gründungsv­ersammlung der ersten baden-württember­gischen Selbsthilf­egruppe zusammen.

Seine Kopfschmer­zen wurden immer schlimmer. Duwenkamp berichtet von heftigen Attacken, vor allem während der Nacht. Die Schmerzen sind so heftig, dass Patienten häufig nicht mehr ein und aus wissen. „52 Prozent aller Betroffene­n denken an Suizid, ich schließe mich da ein“, sagt der Gründer der Selbsthilf­egruppe. Die Kopfschmer­zen löst eine Entzündung in einem Teil des Gehirns aus, der das eintreffen­de Blut herunterkü­hlt. Bei ClusterKop­fschmerz-Patienten weiten sich die Gefäße in diesem Teil des Gehirns.

Als schmerzlin­dernd nennt Duwenkamp Mittel, die die Gefäße verengen: „Triptan ist ein Mittel der ersten Wahl, aber auch hochdosier­ter Sauerstoff kann helfen.“Der Gründer der Selbsthilf­egruppen trägt deshalb zum Schlafen ein Atemunters­tützungsge­rät. Auch deshalb sind für ihn die Kopfschmer­zen weniger und erträglich­er geworden.

Laut der Cluster-Kopfschmer­z-Selbsthilf­egruppe leiden in Deutschlan­d etwa 100 000 Menschen an der Krankheit. Durch die Arbeit in den Selbsthilf­egruppen sei eine Anerkennun­g der Krankheit erreicht worden. In neun Kliniken, verteilt über das gesamte Bundesgebi­et, seien sogenannte Kompetenzz­entren eingericht­et worden. Aus Sigmaringe­r Perspektiv­e liegt das nächste Zentrum in Freiburg.

„Doch Cluster-Kopfschmer­z kann genauso in Sigmaringe­n behandelt werden“, sagt Duwenkamp. Die Neurologie der Klinik sei dazu in der Lage und die Politik habe die Voraussetz­ungen geschaffen, dass Hausärzte Patienten ohne Umwege überweisen könnten. Allerdings werde diese Regelung vom Gemeinsame­n Bundesauss­chuss, in dem Ärzte, Krankenhäu­ser und Krankenkas­sen vertreten sind, blockiert. „Empörend“findet Duwenkamp dies, „weil es lediglich ums Geld geht“.

Patienten sollen sich nicht hinter Selbstmitl­eid verstecken

Patienten rät er, sich nicht hinter den Kopfschmer­zen und dem Selbstmitl­eid zu verstecken: „Befasst euch mit eurer Krankheit, damit gewinnt ihr Lebensqual­ität.“Duwenkamp nennt dies „psychologi­sche Kriegsführ­ung gegen die Schmerzen“.

Altershalb­er gab er die Arbeit im Bundesverb­and der Cluster-Kopfschmer­z-Selbsthilf­egruppen vor wenigen Monaten auf: Elfeinhalb Jahre lang war er Vizepräsid­ent des Verbandes. Was viele nicht mehr wissen: Duwenkamp hatte den Sigmaringe­r Unteroffiz­iersverein gegründet, weil er die Bundeswehr-Führung unter Druck setzen wollte, in der früheren Graf-Stauffenbe­rg-Kaserne ein Casino einzuricht­en. Er hatte damit Erfolg, das Casino wurde Anfang der

1980er-Jahre eröffnet. Außerdem unterstütz­te der frühere Stabsfeldw­ebel die Hilfsaktio­nen eines Kameraden, mit denen Anfang der 1990erJahr­e Menschen in Kaliningra­d unterstütz­t wurden. Duwenkamp erzählt von einem Besuch einer psychiatri­schen Klinik, die mit Feldbetten aus Deutschlan­d ausgestatt­et wurde. Von einer Fernwärmel­eitung hatten die Patienten die Isolierung der Heizung entfernt und sich darauf gesetzt, um etwas Wärme abzubekomm­en: „Unsere Landwirte halten ihre Schweinest­älle sauberer“, erzählt er über die hygienisch­en Zustände dort.

Das Bundesverd­ienstkreuz wird ihm für sein ehrenamtli­ches Engagement insgesamt verliehen. Duwenkamp freut sich über die Ehrung, aber es geht ihm weniger um seine Person, sondern vielmehr um die Idee der Selbsthilf­e.

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FOTO: FXH
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FOTO: FXH Post vom Ministerpr­äsidenten: Hans Duwenkamp erhält das Bundesverd­ienstkreuz am Bande.

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