Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Hans Duwenkamp erhält Auszeichnung
Der Sigmaringer bekommt das Bundesverdienstkreuz.
SIGMARINGEN - Hans Duwenkamp erhält das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der 81-jährige Sigmaringer hat die Selbsthilfegruppe ClusterKopfschmerz mitbegründet. Die Auszeichnung wird ihm der badenwürttembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) am Donnerstag, 24. August, im Sigmaringer Rathaus überreichen.
Hans Duwenkamp erzählt über den Anfang seiner Selbsthilfegruppe so, als ob es gestern gewesen ist: Im Herbst 2003 saß er am Radio und hörte einen Aufruf. Es seien Leute gesucht worden, die etwas zu sagen haben. Der Sigmaringer erzählte von seinen besonders ausgeprägten Kopfschmerzen, Cluster-Kopfschmerz genannt. Nach der Radiosendung erhielt er mehr als 100 Anrufe. Wenige Monate später kamen viele von ihnen zur Gründungsversammlung der ersten baden-württembergischen Selbsthilfegruppe zusammen.
Seine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Duwenkamp berichtet von heftigen Attacken, vor allem während der Nacht. Die Schmerzen sind so heftig, dass Patienten häufig nicht mehr ein und aus wissen. „52 Prozent aller Betroffenen denken an Suizid, ich schließe mich da ein“, sagt der Gründer der Selbsthilfegruppe. Die Kopfschmerzen löst eine Entzündung in einem Teil des Gehirns aus, der das eintreffende Blut herunterkühlt. Bei ClusterKopfschmerz-Patienten weiten sich die Gefäße in diesem Teil des Gehirns.
Als schmerzlindernd nennt Duwenkamp Mittel, die die Gefäße verengen: „Triptan ist ein Mittel der ersten Wahl, aber auch hochdosierter Sauerstoff kann helfen.“Der Gründer der Selbsthilfegruppen trägt deshalb zum Schlafen ein Atemunterstützungsgerät. Auch deshalb sind für ihn die Kopfschmerzen weniger und erträglicher geworden.
Laut der Cluster-Kopfschmerz-Selbsthilfegruppe leiden in Deutschland etwa 100 000 Menschen an der Krankheit. Durch die Arbeit in den Selbsthilfegruppen sei eine Anerkennung der Krankheit erreicht worden. In neun Kliniken, verteilt über das gesamte Bundesgebiet, seien sogenannte Kompetenzzentren eingerichtet worden. Aus Sigmaringer Perspektive liegt das nächste Zentrum in Freiburg.
„Doch Cluster-Kopfschmerz kann genauso in Sigmaringen behandelt werden“, sagt Duwenkamp. Die Neurologie der Klinik sei dazu in der Lage und die Politik habe die Voraussetzungen geschaffen, dass Hausärzte Patienten ohne Umwege überweisen könnten. Allerdings werde diese Regelung vom Gemeinsamen Bundesausschuss, in dem Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen vertreten sind, blockiert. „Empörend“findet Duwenkamp dies, „weil es lediglich ums Geld geht“.
Patienten sollen sich nicht hinter Selbstmitleid verstecken
Patienten rät er, sich nicht hinter den Kopfschmerzen und dem Selbstmitleid zu verstecken: „Befasst euch mit eurer Krankheit, damit gewinnt ihr Lebensqualität.“Duwenkamp nennt dies „psychologische Kriegsführung gegen die Schmerzen“.
Altershalber gab er die Arbeit im Bundesverband der Cluster-Kopfschmerz-Selbsthilfegruppen vor wenigen Monaten auf: Elfeinhalb Jahre lang war er Vizepräsident des Verbandes. Was viele nicht mehr wissen: Duwenkamp hatte den Sigmaringer Unteroffiziersverein gegründet, weil er die Bundeswehr-Führung unter Druck setzen wollte, in der früheren Graf-Stauffenberg-Kaserne ein Casino einzurichten. Er hatte damit Erfolg, das Casino wurde Anfang der
1980er-Jahre eröffnet. Außerdem unterstützte der frühere Stabsfeldwebel die Hilfsaktionen eines Kameraden, mit denen Anfang der 1990erJahre Menschen in Kaliningrad unterstützt wurden. Duwenkamp erzählt von einem Besuch einer psychiatrischen Klinik, die mit Feldbetten aus Deutschland ausgestattet wurde. Von einer Fernwärmeleitung hatten die Patienten die Isolierung der Heizung entfernt und sich darauf gesetzt, um etwas Wärme abzubekommen: „Unsere Landwirte halten ihre Schweineställe sauberer“, erzählt er über die hygienischen Zustände dort.
Das Bundesverdienstkreuz wird ihm für sein ehrenamtliches Engagement insgesamt verliehen. Duwenkamp freut sich über die Ehrung, aber es geht ihm weniger um seine Person, sondern vielmehr um die Idee der Selbsthilfe.