Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Mann bestiehlt ehemaligen Arbeitgeber
Richterin verurteilt 23-Jährigen zu einer Geldstrafe – Angeklagter bestreitet Tat bis zuletzt
SIGMARINGEN/SAULDORF - Sechs Fässer voll mit Metallschrott im Gesamtwert von rund 3000 Euro hat ein
23-Jähriger zusammen mit einem bis heute Unbekannten vom Gelände einer Sauldorfer Firma gestohlen – und sich dabei einer perfiden Betrugsmasche bedient. Der Angeklagte bestritt vor dem Sigmaringer Amtsgericht bis zuletzt, etwas mit dem Diebstahl im April 2016 zu tun gehabt zu haben. Richterin Lorine Haack beeindruckte das wenig: Sie befand den jungen Mann für schuldig und verurteilte ihn zu einer Gesamtstrafe in Höhe von 135 Tagessätzen zu je fünf Euro. Der 23-Jährige hat nun eine Woche lang Zeit, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
Der Anklage zufolge soll der 23Jährige am besagten Tag im April gegen Mitternacht an den Hintereingang der Firma gefahren sein, sich einem Arbeiter in der Nachtschicht als Schrotthändler vorgestellt und diesem dann vorgegaukelt haben, vom Chef der Firma die Erlaubnis zu haben, den Metallschrott abzuholen.
„Er zeigte mir eine SMS, eine EMail oder eine WhatsApp, so genau kann ich das nicht mehr sagen“, erklärte der Arbeiter, der als Zeuge vor Gericht aussagte. Er sei damals zu leichtgläubig gewesen und habe dem
23-Jährigen, den er vor Gericht als Täter wiedererkannte, geglaubt. Da ihm die Sache aber doch nicht ganz geheuer vorkam, sei er zum in dieser Nacht ranghöchsten Kollegen gegangen, der ihm signalisiert habe, dass schon alles in Ordnung sei, wenn es ein Einverständnis vom Chef gebe. Dies bestätigte dieser Kollege, der ebenfalls als Zeuge geladen war: „Ja, es kam hin und wieder vor, dass Schrotthändler auch zu ungewöhnlichen Zeiten Schrott abholten“, erklärte er.
Die Bewegungen auf dem Firmengelände wirken flüssig
Er war es auch, der sich am Morgen nach dem Diebstahl – als der Chef signalisiert hatte, dass er keinerlei Abholung von Metallschrott erlaubt habe – erinnern konnte, den „vermeintlichen Schrotthändler“schon einmal gesehen zu haben: „Er sah so aus wie der Auszubildende, den wir vor ein paar Jahren mal hatten“, sagte er. Auf diese Weise kam die Polizei dann auf die Spur des Angeklagten. Hatte also der ehemalige Auszubildende gemeinsam mit einem bis heute Unbekannten seinen ehemaligen Arbeitgeber bestohlen? Konnte er sich deshalb so behände auf dem Firmenareal bewegen, als er die Fässer auf einen Anhänger lud, wie beide Zeugen aussagten?
„Ich kann nur immer und immer wieder wiederholen, dass ich nicht dort war“, sagte der Angeklagte im Gericht am laufenden Band. Doch sein Argument, in der Nacht des Diebstahls bei einer anderen Firma in der Nachtschicht gearbeitet zu haben, konnten die Ermittler schnell entkräften – die Firma verneinte dies nämlich.
Während die Staatsanwältin deutlich machte, dass der Angeklagte aufgrund seiner Vorerfahrungen mit der Firma ganz genau gewusst habe, wie er den Betrug durchführen könne und auch, wie viel Geld mit Metallschrott zu machen sei, verfolgte der Verteidiger die Strategie, dass es keinen stichhaltigen Beweis für die Vorwürfe gebe, die seinem Mandanten zur Last gelegt wurden. Der Zeuge, der die angebliche Nachricht des Chefs ohne genaueres Prüfen geschluckt habe, habe sich „seinen Fehler ziemlich nahe gehen lassen“. Dieser wolle jetzt unbedingt einen Täter sehen, „um endlich wieder Ruhe zu haben“. Das Gericht dürfe sich mit dem vorhandenen Belastungsmaterial nicht zufrieden geben.
Der Vater des Angeklagten sprang auch noch für seinen Sohn in die Bresche: „Ich kenne meinen Sohn. Ich garantiere mit meinem Leben, dass er es nicht war.“
Das alles konnte weder die Staatsanwältin noch die Richterin umstimmen. Haack erklärte in ihrem Urteilsspruch, dass beide Zeugen den Angeklagten wiedererkannt hätten. Der 23-Jährige muss, da er derzeit kein Geld bezieht, 680 Euro Strafe zahlen.