Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Osterloh kritisiert Politik und Autobranche
VW-Betriebsratschef prangert Polemik an und sieht Fehler der Industrie
WOLFSBURG/BERLIN (dpa) - VWBetriebsratschef Bernd Osterloh hat seine Kritik an der Nutzung der Dieselkrise als Wahlkampfthema bekräftigt, sieht aber zugleich Lernbedarf bei den Autobauern und ihrem Verband. „Kritik an Volkswagen ist völlig in Ordnung und auch berechtigt“, sagte er. „Aber zuletzt ist viel Polemik in die Diskussionen über VW gekommen, und das tut uns allen bei Volkswagen weh.“Die Unternehmen der Branche könnten allerdings auch selbst mehr dafür tun, das öffentliche Bild wieder zu verbessern.
Osterloh bemängelte, dass VW manchen Politikern offenbar als Vehikel diene, sich gegenseitig mit neuen Forderungen zu übertrumpfen. „Der Wahlkampf tut sein Übriges, dass die Debatten immer hitziger werden.“Die Belegschaft wünsche sich eine faire Debatte: „Wir sollten wieder zur Sachlichkeit zurückkehren.“
Aus seiner Sicht gelingt es dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und den Unternehmen jedoch in der Öffentlichkeit nicht ausreichend, den Wert der Branche für den Standort Deutschland zu vermitteln. „Tut es so weh, auch öffentlich einmal zuzugeben, dass wir als Industrie Fehler gemacht haben und dass wir uns bewegen müssen?“, meinte Osterloh. „Wir als Beschäftigte wollen das. Denn davon hängt die Zukunft unserer Arbeitsplätze ab.“
Eine Unterschriftenaktion bei VW-Beschäftigten, die als Zeichen gegen Wahlkampf-Instrumentalisierung gedacht ist, sei ein Erfolg. „Die Kolleginnen und Kollegen stehen Schlange, um die Forderungen zu unterschreiben. An nur zwei Tagen haben bereits 15 000 unterschrieben“, sagte Osterloh. Gleichzeitig beklagte er eine Polemik im Umgang mit dem Autobauer wegen des Abgasskandals. Hintergrund ist auch der Wahlkampf im Bund und in Niedersachsen. In der Regierungskrise nach dem Wechsel der grünen Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU im Landtag in Hannover war der Einfluss des Landes als Anteilseigner bei VW in die Kritik geraten.
„Die Menschen bei Volkswagen sehen großen Veränderungen ins Auge“, betonte Osterloh. VW treibe die Elektromobilität voran, gleichzeitig baue das Unternehmen massiv Stellen ab. „Wir gehen durch eine Zeit des Umbruchs. Und die Beschäftigten möchten in dieser Zeit die Politik hinter sich wissen“, sagte er.
Monopolkommission für Ausstieg
Die Monopolkommission befürwortet einen Ausstieg des Landes Niedersachsen aus dem VW-Konzern. „Es wäre begrüßenswert, wenn sich Niedersachsen als Gesellschafter bei Volkswagen zurückziehen würde“, sagte der Chef des unabhängigen Beratergremiums, Achim Wambach, der „Süddeutschen Zeitung“vom Samstag. Er kritisierte einen zu starken Staatseinfluss. „Es gibt fast immer Interessenskonflikte“, sagte Wambach. „Ich plädiere dafür, dass der Staat die Regeln setzt und die Wirtschaft dann machen lässt.“