Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Pianistin Claire Huangcis überraschende Rückkehr
Weil der Dirigent und Solist absagt, muss KuKu für das Sinfoniekonzert nach Ersatz suchen
SIGMARINGEN - Selten hat das Sigmaringer Publikum ein so exzellentes Konzert in der Stadthalle erlebt. Mit jubelndem und nicht mehr endendem Applaus zeigte es seine große Begeisterung. Die Gesellschaft für Kunst und Kultur hatte das International Regions Symphony Orchestra (IRO) eingeladen: Hochqualifizierte junge Musiker aus vielen Nationen kommen einmal im Jahr zusammen und bilden den Ausnahme-Klangkörper. Mit einem renommierten Dirigenten und Solisten erarbeiten sie ein anspruchsvolles Programm. Die diesjährige Ausgabe übertraf die Erwartungen: Ludwig van Beethovens „5. Klavierkonzert, op. 73 in Es-Dur“und Richard Wagners „Karfreitagszauber“aus dem Parsifal, „Prélude und Liebestod“aus Tristan und Isolde sowie die Ouvertüre aus dem „Thannhäuser“erklangen in Vollendung.
Angesagt war der Solist und Dirigent Florian Krumpöck. Doch er hatte aus persönlichen Gründen kurzfristig abgesagt, so hatte der musikalische Leiter der KuKu-Konzerte, Fritz Kovacic, die Aufgabe, innerhalb weniger Tage einen Dirigenten und einen Solisten zu finden. Zehn Tage vor Auftritt konnten die jungen Musiker mit dem Dirigenten Ludwig Schmalhofer und der Pianistin Claire Huangci, die Kovacic auf Tournee in China erreichte, mit den Proben beginnen. Schmalhofer und Huangci waren Idealbesetzungen.
Die junge und international gefeierte Pianistin Huangci hatte zuletzt im Oktober vergangenen Jahres in der Alten Schule ein Rezital gegeben. Das unverhoffte Wiedersehen war ein wahres Glück. Mit einem prachtvollen Auftakt stiegen Orchester und Pianistin in das 5. Klavierkonzert ein, glanzvoll und souverän ohne martialisch zu wirken. Das feinfühlige und atemberaubende Spiel der Pianistin und die Klangkultur des Orchesters verbanden sich zu einer Interpretation, in der Feierlichkeit und zarte Emotionalität dominierten. Mal ließ Huangci federleicht ihre Finger über die Tasten gleiten, mal griff sie zupackend hinein, immer präzise, immer überlegt. Festlich temperamentvoll fiel der erste Satz aus. Sehr bewegend und poetisch wurde das Adagio gespielt. Behutsam und leise setzte die Pianistin Note um Note, das Orchester folgte ihr zärtlich in diesem Moment tiefer Intimität. Es entstand ein Zauber im Raum, man hielt die Luft an. Dirigent Schmalhofer kreierte die wunderbare Balance zwischen Orchester und Solistin. Der dritte Satz wurde festlich tänzerisch. Mit viel Jubel dankte das Publikum den Musikern für das erhabene musikalische Erlebnis.
Ein Feuerwerk, das vor Energie nur so sprüht
Huangci warf sich buchstäblich in die Zugabe – Wolfgang Amadeus Mozarts Rondo „alla Turca“– hinein: Sie entfachte ein klangvolles und technisch virtuoses Feuerwerk, das von Energie nur so sprühte. Die jungen Musiker hörten ihr mit sichtbarer Bewunderung zu.
Im zweiten Teil des Konzertabends standen Wagner-Stücke auf dem Programm. Dirigent Schmalhofer änderte die im Programmheft angekündigte Reihenfolge und gestaltete ein sehr gekonntes Crescendo der Emotionen. Große Momente voller Spannung ergriffen die Zuhörer, bebende Klänge erfüllten den Raum. Tiefe düstere Lieder der Fagotte und Kontrabässe sprachen von Todesahnung. Die Celli begleiteten mit pochenden Pizzicati.
Nach dem Karfreitagszauber aus dem Parsifal und dem Liebestod von Tristan und Isolde kulminierte die Dramaturgie des Abends in der Ouvertüre von Thannhäuser. Große Opernmusik hat das Sigmaringer Publikum begeistert. Auch die jungen Musiker bejubelten ihren Dirigenten mit wehenden Bögen und trampelnden Füßen. Der Konzertabend war zum Fest geworden.