Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die fliegenden Engländer
Brett und Luella Langevad machen in Gutenstein Urlaub – Von Mengen aus fliegen sie quer durch Europa
SIGMARINGEN - Gutenstein ist für sie der ideale Ausgangspunkt für ihre Europa-Touren mit dem Flugzeug: Seit Jahren machen Brett und Luella Langevad im Sigmaringer Ortsteil Urlaub. Von Gutenstein sind es nur wenige Kilometer zum Regionalflughafen Mengen. Dort parkt den Sommer über Langevads zweimotorige Propellermaschine. Als nächstes fliegen sie nach Kroatien. Von Mengen aus dauert der Flug nur dreieinhalb Stunden.
„Nimm mal bitte deine Handtasche weg“, sagt Brett zu seiner Frau, die sie auf der Tragfläche abgestellt hat. Heute geht es zu einem Rundflug über den Bodensee. Die zweimotorige Maschine „Diamond Twin Star“startet in Mengen. Fünf Minuten später dreht Brett einige Runden über seinem Deutschland-Quartier in Gutenstein.
Die Vermieterin Rosi Bürkle erinnert sich noch gut an ihre erste Begegnung vor zehn Jahren. Das Ehepaar aus England stand mit zwei Koffern da und wollte für einige Wochen eine Ferienwohnung mieten. „So wenig Gepäck, ich habe mich schon ein wenig gewundert.“Weil die beiden jedes Jahr wiederkommen, lassen sie zwischenzeitlich immer etwas Gepäck in Gutenstein oder schicken Sachen mit der Post.
Ursprünglich waren die Engländer im Raum Balingen untergebracht. Doch weil am dortigen Flugplatz die Landebahn zu kurz war, orientierte sich Brett Langevad neu und wurde in Mengen fündig: Wegen seiner 1600 Meter langen Landebahn können dort deutlich größere Flugzeuge landen.
Im Umkreis von Mengen suchten sie nach einem Quartier: Vom Donautal hatten sie zuvor nie etwas gehört, doch auch nach zehn Jahren ist die Begeisterung so groß wie am ersten Tag. „Ein wundervoller, friedvoller Ort, wir konnten nicht glauben, was wir entdeckt hatten“, schwärmt Luella Langevad. In ihrer Heimat sei das Donautal noch absolut unbekannt, obwohl das Ehepaar immer wieder Besucher mit nach Gutenstein bringt. Am Ende des Sommerurlaubs feiern die Langevads in Gutenstein ein Barbecue und laden Bekannte und Verwandte ein. Diesmal kommt die Tochter mit ihrer Familie vorbei.
Gutensteiner Brot ist bei den Engländern beliebt
Die beiden kennen Gutenstein zwischenzeitlich so gut wie ihre Westentasche und wissen so manchen Insider-Tipp: Immer freitags backt Egon Strobel in Gutenstein Brot und verkauft es in seinem Hofladen. Die Engländer nehmen nicht selten einen Vorrat mit nach Hause. „Bei uns ist es verboten, zu Hause Brot zu backen und es zu verkaufen.“
Da das Kerosin in Deutschland vergleichsweise teuer ist, verbinden sie das Tanken mit einem Besuch der elsässischen Stadt Colmar. Das gesparte Geld investierten sie in ein vorzügliches Abendessen und eine Übernachtung.
Während andere mit dem Wohnmobil durch Europa gondeln, nehmen Brett und Luella das Flugzeug. Heute Coburg, morgen Rothenburg ob der Tauber, übermorgen Prag. Brett Langevad sagt, dass man sich Europa wunderbar einfach mit dem Flugzeug erschließen kann.
Der 72-Jährige bildete in einer englischen Schule ursprünglich Piloten aus aller Welt aus: Häufig waren es Verkehrspiloten aus der asiatischen und arabischen Welt. Als er die Lust an der Pilotenausbildung verlor, suchte er sich eine neue Arbeit. „Ich wollte Geld machen, damit ich mir mein eigenes Flugzeug leisten kann“, sagt der Pilot. Brett Langevad investiert seither in London in Immobilien.
In London investiert der 72-Jährige in Immobilien
Er kauft Häuser, lässt sie umbauen und vermietet die Wohnungen überwiegend an ausländische Arbeiter, die nach London kommen, um Geld zu verdienen. Nun läuft die Firma fast ohne ihn.
Der Gründer lebt auf der Kanalinsel Guernsey, die unweit der Insel Jersey liegt. Touristen zahlen dort für eine Ferienwohnung pro Woche mindestens 1100 Euro. Von einem solchen Preisniveau kann Familie Bürkle in Gutenstein nur träumen: An der Oberen Donau ist eine Ferienwohnung für den gleichen Zeitraum für ein Viertel des Geldes zu haben. „Wir können uns nicht vergleichen mit Guernsey“, sagt Rosi Bürkle bescheiden.
Das Flugzeug bleibt das ganze Jahr über in Deutschland. Den Winter über wird es in einem Hangar in Aalen abgestellt. Das Ehepaar Langevad fährt mit seinem Bentley zurück nach Hause. „Ein original Bentley. Kein BMW-Bentley. Das ist nicht dasselbe“, sagt Brett Langevad.
Die Propellermaschine hat den Mengen-Airport im Visier. Über Herbertingen und Hundersingen steuert es den Flugplatz an. Der Pilot fliegt eine scharfe Linkskurve und sinkt erst, kurz bevor er die Landebahn erreicht hat. „Die Landung hier ist nicht einfach“, sagt er und landet seine Maschine sicher.
Ein Video über den Piloten aus England mit Bildern aus der Luft gibt unter