Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ungewollte Aufmerksamkeit - Aber Eschach bleibt straffrei
RAVENSBURG (tk) - Es ist bereits in die jüngere Fußball-Geschichte eingegangen: Der „Torklau von Eschach“. Aber der TSV Eschach hat Glück gehabt. Nach dem Vorfall am Samstag, als ein langjähriger Mitarbeiter des Fußball-Landesligisten einen Ball von der Linie klärte, hat der Verband nun entschieden, keine Strafe gegen den Verein zu verhängen. Das teilte der
Württembergische Fußball-Verband
Martin Blank,
Sportlicher Leiter des TSV Eschach, ging am Montag noch fest davon aus, dass der Vorfall für den Verein Konsequenzen haben werde. Doch der WFV drückte beide Augen zu. Wohl auch, weil sich der SV Kehlen in der ganzen Sache sehr fair verhalten und dem TSV keinerlei Schuldzuweisungen gegeben hatte.
In der Nachspielzeit der Landesligapartie zwischen dem und dem am Samstag gab es einen Konter der Gäste. Das Eschacher Tor war leer, das 2:0 für Kehlen eigentlich nur noch Formsache. Doch dann sprintete der TSVPlatzwart aufs Feld und klärte den Ball auf der Torlinie. Schiedsrichter Christoph Zürn hatte daraufhin die Partie abgepfiffen. Doch einer Tatsache kann sich der TSV Eschach sicher sein: Über diese Szene wird noch wochenlang gesprochen. Bundesweite Aufmerksamkeit ist den Eschachern damit sicher. Aufmerksamkeit, auf die einige im Verein gerne verzichtet hätten.
SV Kehlen
(WFV) mit.
TSV Eschach
Martin Blank, Sportlicher Leiter des Landesligisten, kann überhaupt nicht über die Szene lachen kann. „Das war unnötig wie ein Kropf und hat mir richtig viel Arbeit verschafft“, stöhnt Blank im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Der Sportliche Leiter bekam Zuschriften von überallher, er musste eine Stellungnahme des Vereins an den Württembergischen FußballVerband schreiben und kümmerte sich seit Sonntag fast nur noch um die Auswirkungen des Zwischenfalls.
Auch darunter Sport 1, Bild, Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs und auch schon die Sportschau, sowie laut SVK ein
der das Video gerne als Lehrmaterial hätte, sind auf die Szene aufmerksam geworden. „Natürlich wird darüber geschmunzelt“, sagt Blank. „Aber ich als Sportlicher Leiter finde das überhaupt nicht lustig.“Das Verhalten des langjährigen Vereinsmitarbeiters bezeichnet Blank „als absoluten Blackout“. Der Mann ist seit 1968 im Verein, seit 35 Jahren kümmert
überregionale Medien, ausländischer Fußballverband,
er sich laut Blank um die Platzpflege. „Wir werden ihn nicht an den Pranger stellen.“
„Sie werden eine Strafe erhalten“, war sich Obmann der Schiedsrichtergruppe Ravensburg und seit Jahrzehnten im Geschäft, noch am Anfang der Woche sicher. Szenen wie jene am Samstag in Eschach seien zwar immer mal wieder Fragen bei Theorieschulungen. „Aber es war für mich unvorstellbar, dass so etwas tatsächlich mal passiert“, sagt Hübner. „Alles, was Theorie ist, wird eben doch irgendwann mal Praxis.“
Ralf Hübner, Christoph Zürn
Schiedsrichter hatte die Begegnung beim Stand von 1:0 für den SV Kehlen nach der Szene in der fünften Minute der Nachspielzeit abgepfiffen. Eigentlich die falsche Entscheidung. „Es hätte Schiedsrichterball geben müssen“, meint Hübner. „Aber es war dennoch eine kluge Reaktion von ihm.“So habe Zürn vielleicht noch größere Diskussionen vermieden. „Zum Glück“, so der Schiedsrichter-Obmann, „war das Spiel in der Nachspielzeit und schon entschieden.“
Blank lobte derweil das Verhalten der Zuschauer – und vor allem die Reaktion des SV Kehlen. „Alle haben vorbildlich reagiert und waren sehr fair.“SVK-Trainer
hatte nach der Partie gesagt: „So etwas habe ich in 35 Jahren auf dem Sportplatz noch nicht gesehen. Ich fand’s ehrlich gesagt auch lustig.“Blank stellte den Kehlenern gleich eine Kiste Bier vor die Kabine, am Montag sprach der Sportliche Leiter mit dem Verursacher und wollte mit ihm zusammen dann zum Training des SV Kehlen gehen. „Er soll sich direkt bei den Spielern und Trainern entschuldigen“, forderte Blank. „Das war schließlich nicht die feine englische Art.“Warum er auf den Rasen gerannt sei, wisse der Mann laut Blank selbst nicht. „Es ist ihm sehr peinlich, er kann es selbst nicht nachvollziehen“, sagte Blank. Sekunden vor der Szene hatte der Verursacher noch mit anderen Zuschauern gesprochen, plötzlich rannte er los. „Ich bin froh, dass er einsichtig ist“, sagte Blank.
Michael Steinmaßl
Am Montagabend fuhren Blank und der Platzwart schließlich nach Kehlen, um sich noch einmal persönlich beim SVK für die Vorfälle zu entschuldigen. „Er hatte einen totalen Blackout und kann sich nicht erklären, was ihn da geritten hat“, sagte Blank. Die Kehlener lobte Blank noch einmal: „Sie haben sich absolut fair und vorbildlich verhalten.“