Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wildensteiner Musiker spielen Jazz und singen Gospels
Eine modernere Ausrichtung des Notenmaterials entspricht dem modernen Kirchenraum von St. Fidelis
SIGMARINGEN - Auf der Burg Wildenstein, wo der Wildensteiner Singkreis 1948 gegründet wurde, haben sich wie jeden August seither die verschiedenen Abteilungen des inzwischen auf 120 Sänger jeden Alters angewachsenen Chors zum gemeinsamen Singen. Neben den „Singvögeln” und den beiden Juniorengruppen bereitete sich der Große Chor auf das anspruchsvolle Gospelkonzert in der Kirche St. Fidelis in Sigmaringen vor.
Zum ersten Mal musizierten der Chor und eine Jazz-Combo gemeinsam (wurde deshalb der Titel „New Dimension” gewählt?), und weil das Programm nur neuere Musik bot, hatte man das Konzert statt wie üblich nach Beuron dieses Mal in eine moderne Kirche verlegt.
Das klar gegliederte Programm bot im ersten Block Instrumentalmusik, gespielt vom Wildensteiner JazzEnsemble, das sich vor ein paar Jahren zwanglos zusammenfand, aber nun so gut aufeinander eingespielt ist, dass es sich hören lassen kann. Die fünf historischen Stücke haben alle etwas mit der Nacht zu tun, wie Pater Maurus Scholz in seinen Einführungsworten erklärte: „Night in Tunesia” (Dizzy Gillespie, der Wegbereiter des Bebop), „Night Shadows” (Ralph Ginger), „A Nightingale Song” (Manning Sherwin) und andere. Natürlich fehlte ein Dauerbrenner der E- und U-Musik nicht, der „Libertango” des legendären Erneuerers und Königs des Tangos, Astor Piazzola.
Sonderapplaus für die Soli
Die Leitung hatte der treibende Motor der Combo, der Saxofonist Peer Hübel. Die Soli (Trompete, Posaune, Saxofon, Klarinette, Violine, Schlagzeug) wurden wie bei einer Jam-Session mit Sonderapplaus bedacht. Nach einer Zugabe machte das Ensemble Platz für den Chor. Im zweiten Block erlebte das zahlreich erschienene Publikum eine Sigmaringer Erstaufführung: „Life in 4 D, New Gospel Songs” für Chor mit Klavierbegleitung von Niko Schlenker. „Leben in Gott” sei hier der Oberbegriff, wie Pater Maurus erläuterte. Der Komponist veröffentlichte dieses Album im Dezember 2016, aktueller geht es also kaum noch. Niko Schlenker orientiert sich an der neueren amerikanischen Gospelszene, die er bei Aufenthalten in den USA kennengelernt hat, nimmt aber auch Elemente der südamerikanischen und afrikanischen Volksmusik auf.
Die elf Gospelsongs auf geistliche Texte sind rhythmisch interessant und abwechslungsreich gestaltet, in erweiterter Tonalität komponiert und deshalb durchweg angenehm zu hören und zu genießen. Der siebte Song war namengebend für das ganze Programm dieses Nachmittags: „New Dimension”. Dazu kam die gut vorbereitete Wiedergabe durch den Chor. Neben dem a-cappella-Stück „Peter’s Walk” wurden alle anderen Songs vom ausgezeichneten Pianisten Bernd Kersten begleitet, der mit kräftigen Bässen das rhythmische Fundament für den Erfolg legte; einmal mischte Peer Hübel mit seinem Saxofon interessante Farbtupfer in den Chorklang.
Jörg Schweinbenz dirigierte mit exakten und sprechenden Bewegungen souverän die manchmal ineinander verschränkten Klangmassen. Für den reich gespendeten Beifall gab es noch zwei Zugaben. Pater Maurus wies darauf hin, dass alle Profis ehrenamtlich, also ohne Honorar im Wildensteiner Singkreis mitarbeiten, dass aber trotzdem Kosten anfallen, zum Beispiel für den bereitgestellten Flügel. Deshalb appellierte er an die Anwesenden, reichlich zu spenden.