Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Die Gemeinde macht einen sehr bodenständ­igen Eindruck“

Pfarrerin Anja Kunkel spricht über ihren Umzug nach Meßkirch und ihre Zeit in Meersburg

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MESSKIRCH - Elf Jahre lang hat Pfarrerin Anja Kunkel die evangelisc­he Kirchengem­einde in Meersburg geleitet. Nun zieht sie nach Meßkirch, um dort als Pfarrerin zu arbeiten. Mit SZ-Redakteuri­n Nadine Sapotnik hat sie darüber gesprochen, was sie an der neuen Stelle in Meßkirch reizt.

Wie ist Ihre Stimmung so kurz vorm Umzug nach Meßkirch?

Ich bin auf der einen Seite noch sehr erfüllt vom Abschied am 23. Juli. Es war sehr stimmig und trotz des Abschieds auch freudig, gefühlvoll und mit großer Dankbarkei­t verbunden. Auf der anderen Seite kann ich es noch gar nicht richtig realisiere­n.

Glauben Sie, es setzt noch Traurigkei­t oder Schwermut ein?

Ganz bestimmt. Ich bin mit der Gemeinde in Meersburg sehr verbunden und habe mich sehr wohlgefühl­t. Ich empfinde Dankbarkei­t und es werden sicherlich noch Abschiedst­ränen hinzukomme­n.

Sie gehen als Pfarrerin nach Meßkirch. Was reizt Sie daran?

Meßkirch ist für mich durch Menschen, die ich von dort kennengele­rnt habe, in den Fokus gerückt. Durch meine Aufgaben im Kirchenbez­irk war ich schon öfter da und hatte den Eindruck, dass das ganz gut passen könnte. Hinzukam, dass mein Mann, Pfarrer Uwe Reich-Kunkel, sich auch verändern wollte und wir gezielt geschaut haben, wo wir Stellen nebeneinan­der finden. Nachdem wir mehrere Erkundungs­touren nach Stetten am kalten Markt und Meßkirch gemacht haben, hatten wir immer mehr das

Gefühl, das es passt.

Was für einen Eindruck haben Sie von der evangelisc­hen Gemeinde in Meßkirch?

sagt Pfarrerin Anja Kunkel. Die Gemeinde macht einen sehr bodenständ­igen Eindruck. Die Evangelisc­hen sind dort auch in der Minderheit, aber dort herrscht ebenfalls ein sehr schönes ökumenisch­es Miteinande­r. Das gefällt mir gut. In der Kirchengem­einde herrscht auch ein selbstvers­tändliches kirchliche­s Engagement ohne Aufgeregth­eit.

Wie Sie sagen, gibt es in Meßkirch deutlich weniger evangelisc­he Menschen als katholisch­e. Gleiches gilt auch für ihre bisherige Gemeinde Meersburg. Fühlt man sich mit seiner Gemeinde manchmal ein wenig als zweite Geige?

Zweite Geige würde ich nicht sagen. Wir hatten in Meersburg ein gutes Miteinande­r mit der katholisch­en Gemeinde, besonders mit Pfarrer Schneider und vorher mit Pfarrer Schatz. Es ist natürlich klar, dass die Region vom öffentlich­en Bewusstsei­n her eine katholisch­e Region ist.

Möchten Sie denn auch etwas von Meersburg in die neue Gemeinde in Meßkirch mitbringen?

Mein Wunsch wäre eine stärkere Familienun­d Kinderarbe­it. Vor Ort werde ich sehen, wenn ich die Menschen dort kenne, inwieweit das möglich ist. Da bin ich schon sehr gespannt drauf.

Sie waren elf Jahre in der Gemeinde Meersburg tätig. Was haben Sie in dieser Zeit in der Stadt am Bodensee bewegt?

Das ist eine schwierige Frage. Ich habe auch schon überlegt, was eigentlich mein Resümee aus dieser Zeit ist. Was für mich am wichtigste­n ist, ist die Begleitung von Menschen und die Suche danach, wie die gute Botschaft Gottes helfen kann. Dabei gibt es unterschie­dliche Situatione­n, bei denen ich begleite, wie eine Beerdigung oder die Taufe eines Kindes. Für mich ist dies das Eigentlich­e, das ist allerdings schwer zu greifen oder in Zahlen zu fassen. Das Mitmenschl­iche ist für mich das Wichtigste – wie wir zusammen auf dem Weg des Glaubens unterwegs sind.

Gab es in Ihrer Zeit in Meersburg Projekte, die Sie angestoßen haben?

Was mir immer besonders am Herzen lag, war die Arbeit mit kleinen Kindern. Ich war sehr froh, dass wir 2007 mit engagierte­n Müttern einen Mini-Gottesdien­st für die ganz kleinen Kinder im Alter von bis zu drei Jahren anfangen konnten. Ich fand es bei meinem Abschiedsg­ottesdiens­t sehr bewegend, wie die Kinder aus der ersten Generation, die mittlerwei­le in der fünften Klasse sind, Fürbitten gehalten haben. Natürlich haben über die ganzen Jahre die Kinder und die Familien gewechselt. Ich habe das immer als sehr bereichern­d empfunden, zu sehen, wie die Kinder in Gebete oder Lieder hineinwach­sen und wie sie sich dabei einfach wohlfühlen.

Gibt es Dinge, an die Sie in Ihrer Zeit in Meersburg besonders gern zurückdenk­en?

Was ich immer ganz toll fand, waren die ökumenisch­en Gottesdien­ste am Wetterkreu­z zusammen mit der Stadtkapel­le. Der Blick auf den Bodensee von dort oben war auch immer grandios.

Gab es auch Sachen, die besser hätten laufen können?

Was ich immer wieder schwierig fand, ist, dass ich für das, was ich machen wollte, nicht genug Zeit hatte. Ich hätte gerne Trauernde nach Beerdigung­en länger begleitet oder auch mehr Krankenbes­uche gemacht oder einfach mal nach einer Geburt bei einer Familie vorbeigesc­haut. Ich fand es immer schade, dass man gar nicht so viel Zeit hat, wie man Ideen hat.

„Meßkirch ist für mich durch Menschen, die ich von dort kennengele­rnt habe, in den Fokus gerückt“,

 ?? FOTO: SAPOTNIK ?? Anja Kunkel wird zum 1. September Pfarrerin in Meßkirch. Ihr Mann Uwe Reich-Kunkel wird Pfarrer in Stetten am kalten Markt.
FOTO: SAPOTNIK Anja Kunkel wird zum 1. September Pfarrerin in Meßkirch. Ihr Mann Uwe Reich-Kunkel wird Pfarrer in Stetten am kalten Markt.

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