Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Netanjahu warnt vor Einfluss Teherans
Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin
JERUSALEM - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat vor dem wachsendem Einfluss Teherans im Nahen Osten gewarnt. Es geht um die Zeit nach dem Syrien-Krieg. Alle Welt hofft darauf, dass die Waffen in diesem mörderischen Konflikt endlich schweigen, auch Israel, wenngleich mit gemischten Gefühlen. Ein Nachkriegssyrien, in dem Iran mit freundlicher Erlaubnis des AssadRegimes seine Truppen – seien es eigene oder die der Hisbollah – auf syrischer Grenzseite der Golanhöhen positionieren könnte, ist für die Israelis ein Alptraum.
Sollte er wahr werden, könnten die Folgen die gesamte Region in einen neuen Krieg stürzen, sind sich israelische Militärs und Regierung nahezu einig. Netanjahu ist am Mittwoch mit Mossad-Chef Jossi Cohen und Sicherheitsberater Meir BenSchabbat ans Schwarze Meer geflogen, um dem russischen Präsidenten Wladimir Putin diese Warnung persönlich darzulegen. Iran sei dabei, sich in Syrien militärisch zu verschanzen, sagte Netanjahu. „Das ist eine Gefahr für Israel, den Nahen Osten und nach meiner Ansicht auch für die Welt.“Putin möge dafür sorgen, Iran in die Schranken zu weisen.
Nach Einschätzung israelischer Geheimdienste setzt Teheran alles daran, vom IS befreite Gebiete unter Kontrolle zu bringen und seine Einflusssphäre nach Westen hin auszudehnen. Offenbar wollten die Iraner möglichst viele strategische Stellungen einnehmen, um sich einen Landkorridor via Irak und Syrien hin zum Libanon zu schaffen. Israel wiederum verkündet, es werde weder eine Präsenz iranischer Revolutionsgarden noch schiitischer Milizen vis-avis seiner Grenzen im Landesnorden tolerieren. Dass diese Frage bei dem von USA und Russland ausgerufenen Waffenstillstand für den südwestlichen Teil Syriens außen vor blieb, hat Netanjahu erst recht beunruhigt. Mossad-Chef Cohen, den er daraufhin nach Washington sandte, stieß dort zwar auf Verständnis, kam aber mit leeren Händen zurück.
Wenn einer eine Schlüsselrolle im Syrien-Konflikt hat, sind es die Russen. Nur, Russland hat erst kürzlich Abwehrraketen vom Typ S-300 an Iran verkauft. Beide verfolgen das gleiche Ziel, den Machterhalt von Baschar al-Assad in Damaskus.
Entsprechend groß ist die Skepsis in Jerusalem, inwieweit Putin auf israelische Interessen Rücksicht nimmt. Netanjahus Forderung, nach einem Waffenstillstand müssten alle fremden Kriegsparteien Syrien verlassen, klingt wie ein frommer Wunsch. Realistischer scheint, dass der Krieg irgendwann – israelische Experten vermuten in einem halben Jahr – vorbei ist, aber danach noch längst kein Frieden herrscht.