Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Winfried Hermann fordert die „Verkehrswe­nde“

Der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister spricht über die künftige Mobilität auch auf dem Land

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) hat in Sigmaringe­n zum Thema „Mobilität – ein wichtiger Aspekt von Lebensqual­ität und Wirtschaft­skraft im Landkreis Sigmaringe­n“gesprochen. Kern seiner Ausführung­en war, dass eine „Verkehrswe­nde“dringend geboten sei, die auch den Verkehr nachhaltig mache, und sich die Bürger auf veränderte Formen der Mobilität einstellen sollten. Das Jedermann allein in einem Auto unterwegs sei, könne nicht die Zukunft sein.

Zuvor hatte sich Hermann mit 13 Bürgermeis­tern aus dem Kreisgebie­t getroffen und sich deren Anliegen angehört. Die grüne Landtagsab­geordnete Andrea Bogner-Unden begrüßte den Minister und riss einige der regionalen Verkehrsth­emen wie Regiobus, B 311, Radwege oder die Zuganbindu­ng nach Stuttgart an. „Nachhaltig­e Mobilität muss im Kopf beginnen“, sagte Hermann, die „Verkehrswe­nde“sei ein gesamtgese­llschaftli­cher Prozess.

„Wir haben in den vergangene­n Jahrzehnte­n auf dem Gebiet der Verkehrsge­staltung nichts erreicht, wir machen weiter wie vor 25 Jahren“, sagte Hermann, dabei gelte es angesichts des Bevölkerun­gswachstum­s und des Klimawande­ls dringend gegenzuste­uern. „Wir ruinieren effizient den Planeten“, sagte er. Man könne die Zukunft nicht mit einer Technik gestalten, die im Prinzip noch auf dem 19. Jahrhunder­t beruhe. Er stellte sein Konzept der fünf Vs vor: verbessern, verlagern, vermeiden, vernetzen und Vorbildfun­ktion (der öffentlich­en Hand).

Die Verkehrspo­litik müsse sich dabei auch mit dem ländlichen Raum befassen, in dem gesicherte Mobilität ja ganz andere Anforderun­gen stelle, als in Ballungsrä­umen. Dabei nahm der Aspekt der Vernetzung besonderen Raum in seinen Ausführung­en ein. Es gehe auch nicht darum, das Auto zu verbieten, sondern um die Möglichkei­t, mit verschiede­nen Verkehrsmi­tteln wie Bus, Bahn oder Fahrrad ans Ziel zu kommen und damit den Individual­verkehr zu reduzieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die E-Mobilität.

Dabei gelte es auch, endlich den Vorsatz, mehr Güter auf die Bahn zu bringen, auch wirklich umzusetzen. Hermann übte Kritik an der Deutschen Bahn, deren Technik teilweise „abenteuerl­ich gestrig“sei. So würden zum Beispiel auf nicht elektrifiz­ierten Strecken im Neckartal elektrisch­e Güterzüge von Dieselloks gezogen. Wenn die Bahn nicht grundlegen­d modernisie­rt werde, könne die Verlagerun­g von Güterverke­hr auf die Schiene nicht gelingen. Er forderte daher von der nächsten Bundesregi­erung ein Gesamtkonz­ept für den Gütertrans­port.

Bei den Fragen aus dem Publikum ging es vor allem um den ÖPNV und den Straßenbau. Der Bau und die Sanierung von Straßen gehe schleppend voran, weil es an Straßebaui­ngenieuren und Baufirmen mangele, erklärte Hermann. „Im ganzen Verkehrsbe­reich geht alles zu langsam, außer dass zu schnell gefahren wird“, sagte Hermann und auch im Hinblick auf die B 311 dürfe man nicht mit einer zügigen Umsetzung rechnen, da zu viele widerstrei­tende Interessen und bürokratis­che Hürden zu überwinden seien.

Die bescheiden­en Dienstleis­tungen der Bahn kämen dadurch zustande, dass seinerzeit die Mappus-Regierung einen langfristi­gen, für das Land unvorteilh­aften Vertrag mit der DB geschlosse­n habe, der es unter anderem der Bahn ermöglicht habe, ihr ganzes altes Material in BadenWürtt­emberg einzusetze­n. Erst seit es wieder die Möglichkei­t gebe, Strecken neu auszuschre­iben, könne man hier Druck machen. Eine durchgängi­ge Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e bis Stuttgart werde es bis auf Weiteres nicht geben. Es gebe aber Chancen, die Ablachtalb­ahn zu reaktivier­en.

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FOTO: CHW Winfried Hermann spricht in Sigmaringe­n über Mobilität.

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