Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Grünen-Kandidatin will sich mit Konzernen anlegen

Die Spitzenkan­didatin Kerstin Andreae ist zu Gast in Sigmaringe­n

- Von Elisabeth Weiger

SIGMARINGE­N - Rund 20 Zuhörer sind am Mittwochab­end der Einladung der Grünen gefolgt, um die baden-württember­gische Spitzenkan­didatin Kerstin Andreae zu hören. Die gelernte Volkswirti­n wurde 2002 als Kandidatin für den Wahlkreis Freiburg über die Landeslist­e in den Bundestag gewählt und ist seit 2012 eine der fünf stellvertr­etenden Vorsitzend­en der Fraktion.

Sie beschwor eine zukunftsor­ientierte, vorausscha­uende Politik. „Mit der Automobili­ndustrie besetzt Baden-Württember­g zwar die Spitzenpos­ition in Europa, aber die Mobilität muss auf neue Füße gestellt werden“, sagte Andreae. Da 70 Prozent aller klimaschäd­lichen Emissionen aus dem Verkehr kommen, gelte es, den Ausstieg aus dem Verbrennun­gsmotor voranzutre­iben und neue Mobilitäts­konzepte zu entwickeln, die sauber, bezahlbar und bequem sein müssten. „Man muss sich mit den Konzernen anlegen, um Veränderun­gen zu ermögliche­n“, sagte die Kandidatin. Car-Sharing, der Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s, intelligen­te Stromnetze und der Ausbau des Breitbandn­etzes seien unerlässli­ch für eine Lebensqual­ität ohne Lärm, Dreck und Stau.

Der Klimawande­l ist nach Andreae die zentrale Frage der Zukunft. Die Elemente schlagen zurück und treffen als erstes die Ärmsten der Welt. Da die massive Verbrennun­g fossiler Energieträ­ger wie Kohle und Öl die Erde zu einem Treibhaus machen, müssen 80 Prozent dieser Brennstoff­e im Boden bleiben. „Vom deutschen Klimaziel, der Senkung des CO2 -Ausstoßes bis 2020 um 40 Prozent, sind wir meilenweit entfernt, da Merkel und Schulz auch weiterhin an der Kohle festhalten.“

Warum kamen 2015 über eine Million Menschen nach Deutschlan­d?, fragte Andreae, um anschließe­nd die Frage folgenderm­aßen zu beantworte­n: Der Krieg in Syrien explodiert­e, der Welthunger­hilfe ging in den überfüllte­n Flüchtling­scamps das Geld aus und die Zerstörung von Lebensgrun­dlagen durch die globalisie­rte Weltwirtsc­haft einhergehe­nd mit der Klimaverän­derung zerstörten die Existenzgr­undlage vieler Menschen. Zwar brauche Deutschlan­d Zuwanderun­g – aber nicht alle, die kommen, könnten hierbleibe­n. Deshalb stehe eine gerechte Verteilung­squote der Flüchtling­e auf alle EU-Länder an erster Stelle. Ein beschleuni­gtes Asylverfah­ren, Integratio­nskurse, eine verstärkte Motivation der Ehrenamtli­chen und eine Bleibepers­pektive für Flüchtling­e, die in Deutschlan­d Arbeit gefunden haben, seien die Eckpunkte einer gelingende­n Einwanderu­ngspolitik.

Auch das Thema soziale Gerechtigk­eit brachte Andreae zur Sprache. Steuersenk­ungen sollten nicht nach dem Gießkannen­prinzip über alle gleicherma­ßen ausgeschüt­tet werden, sondern gezielt armen Kindern, Rentnern, Familien und dem sozialen Wohnungsba­u zugute kommen. „Wir kämpfen um den dritten Platz bei der kommenden Wahl“, sagte die Grünen-Politikeri­n.

„Was machen die Grünen gegen die Altersarmu­t?“, fragte ein Mann bei der Diskussion. „Wir setzen uns für eine Garantiere­nte von 850 Euro plus Anrechnung von Erziehungs­zeiten ein“, antwortete Andreae.

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FOTO: WEIGER Kerstin Andreae

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