Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rap um des Raps Willen

Glasklare und unbeschwer­te Musik hat Macklemore auf das Album „Gemini“gepackt

- Von Johannes Schmitt-Tegge

Hohe Klavierakk­orde, wuchtige Bläser, ein Chor, Trommelwir­bel. Ein nach Michael Jackson klingender Sänger kreischt: „Ich werde heute Abend nicht sterben / Du kannst mich nicht töten / Nicht meinen Geist“. Als der erste Beat auf Macklemore­s neuem Album „Gemini“sich durch den Lautsprech­er drückt, setzt der Rapper aus Seattle zu einer wuchtigen lyrischen Begrüßung an. Mit breiter Brust und erhobenen Hauptes eröffnet Macklemore die am Freitag erschienen­e Platte „Gemini“– seit 2005 die erste ohne Produzent Ryan Lewis.

„Öffnet ihnen die Türen, wir spielen heute Abend“, rappt er im Song „Ain't Gonna Die Tonight“und ruft dazu auf, die Lichter im Stadion anzuschalt­en. Die Mischung aus jazzigen Samples, tiefen Bässen und glasklarem Rap zieht einen sofort rein ins Album.

„Gemini“macht vor allem deshalb so viel Spaß, weil es hier einfach um gute Musik geht. Auf dem Album „This Unruly Mess I’ve Made“hatte er mit Ryan Lewis vergangene­s Jahr noch ernste Töne angeschlag­en, etwa zur schwarzen Protestbew­egung „Black Lives Matter“oder dem Tod eines Freundes durch eine Überdosis Medikament­e.

„Es ist Musik, mit der ich mich ins Auto setzen und der ich zuhören will. Ich wollte, dass sie Spaß macht“, sagte Macklemore, der bürgerlich Ben Haggerty heißt, dem „Rolling Stone“-Magazin kürzlich.

So unbeschwer­t kommt zum Beispiel das mit Klaviergek­limper versetzte „Marmalade“daher, bei dem man sich den 34-Jährigen tatsächlic­h auf einer Spazierfah­rt durch Downtown Seattle vorstellen kann. Sein auf „Intentions“festgehalt­enes Gedankensp­iel über gute Vorsätze bettet er auf eine verträumte Gitarrenme­lodie.

„Ich will nüchtern sein, aber liebe es, high zu sein“, singt Macklemore. „Ich will ein Buch lesen, aber gucke weiter auf diesen Fernseher.“Das mögen im Alltag eines jungen Mannes in den USA alles berechtigt­e Fragen sein, aber es ist eben auch Jammern auf hohem Niveau.

Die wichtigere­n Lebensfrag­en finden sich noch in den nachdenkli­chen Titeln „Miracle“oder „Good Old Days“, in dem sich Macklemore zusammen mit Sängerin Kesha an die gute, alte Zeit erinnert. „Ich mag es, ein Konzept zu erforschen und mich voranzutre­iben, aus dem Herzen zu schreiben“, sagte er dem „Rolling Stone“.

Anders als im Zusammensp­iel mit Ryan Lewis sei er bei dem 16 Songs zählenden Album aber spontaner ans Werk gegangen, ganz nach dem Motto: Der erste Gedanke ist der beste Gedanke. „Einfach in der Gesangskab­ine sein und ein Gefühl spüren und damit loslegen“, erklärt Macklemore.

Ein Streifzug durch die Clubwelt

Keine Frage, dass Musiker ihre Plattform hin und wieder auch nutzen sollten, um ernstere Themen des Lebens anzusprech­en. Aber bei all den Konflikten und in politisch unsicheren Zeiten tut es auch gut, Rap einfach um des Raps Willen zu hören. Wenn Macklemore mit seinen Zuhörern in „Levitate“durch die nächtliche Clubwelt zieht, in „Firebreath­er“ den Feuerspeie­r gibt oder im Titel „Corner Store“um zwei Uhr morgens beim Laden an der Ecke eine Tüte Chips kauft, werden seine lyrischen Ergüsse zu einem lockeren Spaziergan­g.

Neun Jahre werkelte Herr Haggerty Seite an Seite mit Ryan Lewis, und offenbar war es jetzt an der Zeit, mal etwas Abstand zu nehmen. „Wir sind beste Freunde. Wir haben jeden einzelnen Tag zusammenge­arbeitet, Musikvideo­s, im Studio, dieser ganze Kram“, sagte Macklemore dem „Billboard“-Magazin. Jetzt wollten sie wohl einfach mal ihr eigenes Ding machen.

Wer die Jungs lieber im Doppelpack hört, kann beruhigt sein. „Es ist keine Liebe verloren gegangen“, sagt Macklemore. „Ryan und ich werden auch in Zukunft zusammen Musik machen.“

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FOTO: 20TH CENTURY FOX Bord-Androide Walter (Michael Fassbender) und die restliche Crew des Kolonisati­onsschiffs Covenant erleben nach einer Stoßwelle Schwierigk­eiten.
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FOTO: RYAN MCKINNON/WARNER Macklemore lässt es auf seinem Soloalbum „Gemini“unbekümmer­t angehen.

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