Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Puristen brauchen kein „Retractabl­e Fastback“

Der Mazda MX-5 ist auch mit voll automatisc­hem Hardtop und bekannter spritziger Motorisier­ung erhältlich

- Von Martin Hennings

Besser, ich falle gleich mit der Fahrertür ins Haus: Ich bin ein Fan. Der Mazda MX-5 war und ist ein toller Roadster, ein feines Spielzeug, ein Sportwagen, bei dem der Preis zur Leistung passt. Zwei solcher Wägelchen habe ich gegen Ende meines Sturms und Drangs gefahren, doch seit die Familie mehr Köpfe zählt als der Zweisitzer maximal mögliche Mitfahrer, bleibt mir nichts anderes übrig, als wehmütig an früher zu denken, wenn ich einen MX-5 über die Straßen brausen sehe. Jetzt hat Mazda seine sportlichs­ten Produkte, für die das von Hand zu öffnende Verdeck immer noch charakteri­stisch ist, zusätzlich auch wieder mit voll automatisc­hem Hardtop ins Regenwette­r geschickt. Höchste Zeit, sich mal wieder reinzusetz­en.

Klein, kompakt, knackig: Vieles kommt dem MX-5-Fan bekannt vor. Für Schnicksch­nack war der Wagen noch nie bekannt, und so beschränkt sich auch die aktuelle Version aufs Nötige. Die Schaltung ist direkt, der Motor spritzig, die Federung bemüht sich gar nicht erst, alle Straßenune­benheiten auszugleic­hen. Einen allzu empfindlic­hen Rücken sollte der Fahrer nicht haben, größer als 1,85 Meter sollte er auch nicht sein. Aber hey: Der MX-5 ist ja auch keine langweilig­e Familienku­tsche.

Etwas beengte Platzverhä­ltnisse, viel Windgeräus­che bei höherer Geschwindi­gkeit auch bei geschlosse­nem Dach

Die Sitze lassen wenig Raum für Rumgerutsc­he, die Armaturen sind übersichtl­ich. Nur der Drehknopf für die Lautstärke des Radios ist ein bisschen schwer zu bedienen, weil in der kurzen und schmalen Mittelabla­ge auch noch zwei Getränkeha­lter Platz finden mussten. Die Digitalisi­erung hat offenbar auch Mazda erreicht, das Radio ist mit allerhand Buchsen für allerhand digitale Aus- und Eingänge bestückt – aber halt leider ohne CD-Player. Das ärgert den in die Jahre gekommenen Musikfreun­d ein wenig. Aber die Digitalisi­erung sorgt an anderer Stelle für Freude und Sicherheit. Es gibt natürlich ein (zubuchbare­s) Navi und Freisprech­en via Bluetooth. Zudem haben die japanische­n Sportwagen­bauer Assistente­n im Angebot, die unter anderem das Rückwärtsf­ahren erleichter­n, plötzliche Hinderniss­e und Verkehrsze­ichen Von vorne hübsch wie eh und je: der Mazda MX-5, der auch mit Hardtop zu haben ist.

erkennen, beim Ausparken und Spurhalten helfen und Alarm schlagen, wenn sie der Meinung sind, dass der Fahrer müde ist. Auch ein Tempomat ist an Bord.

Ungewohnt ist für den Traditiona­listen das automatisc­he Hardtop. „Retractabl­e Fastback“heißt das bei Mazda, womit auch der Typenzusat­z RF erklärt ist. Hat man in grauen Vorzeiten einfach oben am Rande der Windschutz­scheibe hingelangt, einen Hebel umgelegt und das Stoffdach mit mehr oder weniger elegantem Schwung nach hinten verfrachte­t, muss man nun einen Kippschalt­er beim Radio umlegen und festhalten, bis die dreigeteil­te Haube samt Heckscheib­e verschwind­et. Was früher gefühlte zweieinhal­b Sekunden gedauert hat und an jeder roten Ampel zu erledigen war, das braucht jetzt handgestop­pte 14,4 Sekunden. Und funktionie­rt auch nur im Stehen oder langsamen Rollen, dafür aber ohne Verrenkung­en. Geschmacks­sache.

Auch die Frage nach der Qualität der Optik liegt im Auge des Betrachter­s. So hat der MX-5 RF den „RedDot-Award 2017“für Produktdes­ign erhalten. Manche fühlen sich gar an die Corvette, den Ferrari Dino oder den Jaguar XJS erinnert. Ich finde den Wagen allerdings hintenrum im Vergleich zu früher ein bisschen zu knubbelig. Von vorne ist er hübsch wie eh und je.

Für den Traditiona­listen neu ist eine Plexiglass­cheibe auf Kopfhöhe zwischen den beiden Sitzen, die bei Touren ohne Dach den Wind ein bisschen einfangen soll. Klappt so lala, und wer ein Cabrio kauft, der sollte sich eigentlich auch nicht daran stören, wenn ihm der Fahrtwind ein wenig um die Nase bläst. Rein akustisch hat man diesen Effekt übrigens auch bei geschlosse­nem Dach: Zumindest bei höherer Geschwindi­gkeit pfeift der kleine Flitzer ganz schön, sodass man immer wieder mal geneigt ist zu überprüfen, ob die Fenster überhaupt geschlosse­n sind.

Fazit: Puristen brauchen kein „Retractabl­e Fastback“, um an einem MX-5 Gefallen zu finden. Das schöne Gefühl, mit dem Hintern fast auf der Straße zu sitzen und durch ein kleines Zucken des rechten Fußes richtig Gas zu geben, bietet der Wagen aber ebenso zuverlässi­g wie alle seine Vorgänger.

Und noch ein kleiner Exkurs ins Japanische: „Jinba Ittai“nennen die Marketings­trategen von Mazda das „Gefühl der Einheit von Fahrer und Fahrzeug“. Und in der Tat fühlt sich der MX-5 schon ein bisschen an wie ein verlängert­es Körperteil, das ganz direkt das auf die Straße bringt, was sich der Fahrer wünscht.

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FOTO: DENIS MEUNIER
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FOTO: MAZDA Auf Knopfdruck verschwind­et die Haube samt Heckscheib­e.
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