Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Asselborn entsetzt über „Neonazis im Bundestag“
erste Flaschen, die Sicherheitskräfte riegeln den Veranstaltungsort ab. „AfD-Rassisten-Pack!“, skandieren Demonstranten.
Mit Wehrmachtslob, scharfen Parolen gegen Flüchtlinge und Muslime und Brachial-Rhetorik gegen Angela Merkel und die Etablierten schafft es die AfD gut vier Jahre nach ihrer Gründung in den Bundestag – erstmals ist damit eine Partei rechts von der Union im Parlament, zieht frühere Nichtwähler zu sich und wildert im bürgerlichen Lager.
Vor vier Jahren damals noch mit Parteigründer Bernd Lucke war die AfD noch an der Fünfprozenthürde gescheitert. Die neue Fraktion ist eine schwer berechenbare Truppe mit ultrarechten Nationalisten und Anhängern des radikalen Björn Höcke, früheren CDU-Mitgliedern und gemäßigten Nobodys. Die Spitzenkandidaten Gauland und Weidel sollen diese Fraktion führen, dürften den meisten Rückhalt für sich vereinen können. Die große Frage ist, was aus Parteichefin Frauke Petry und ihren Ambitionen wird. Zwar zieht die 42Jährige über Platz eins der sächsischen AfD-Landesliste in den Bundestag ein. Doch blieb unklar, welche Rolle die immer noch amtierende Parteichefin in der Fraktion für sich beansprucht, die mit den beiden Spitzenkandidaten auf Kriegsfuß steht und deren Wahlkampf-Stil scharf kritisiert hat. Am heutigen Montag will Petry, gemeinsam mit Gauland und Weidel, in Berlin vor der Bundespressekonferenz Rede und Antwort stehen. Doch ist schon jetzt klar, dass sie sich ins Abseits manövriert hat.
U-Ausschuss für Merkel
Der Wahlerfolg ihrer Partei – für Petry ein Ansporn in den kommenden vier Jahren „den Regierungswechsel für 2021“vorzubereiten, meldet sich die AfD-Chefin am Sonntag zu Wort und träumt schon von höheren Zielen. Ihre Zukunft als Parteichefin jedoch lässt Frauke Petry am Sonntag offen. „Das ist eine Frage, die stellt sich heute Abend auch nicht“, sagt sie. Welche Rolle sie in der künftigen Bundestagsfraktion spielen wird, „darüber reden wir ab morgen“, will sie sich nicht festlegen. AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel meldet
bereits Ansprüche für sich und Gauland auf die Fraktionsführung an: „Jetzt müssen wir liefern – und jetzt werden wir liefern“, gibt sie sich kämpferisch. Ihre Partei wolle im Bundestag jetzt „erst mal Oppositionsarbeit machen“und „die Bundesregierung kontrollieren“, kündigt Weidel an. Zudem wolle die AfD nun einen „Untersuchungsausschuss Angela Merkel initiieren“. Dies sei „das Erste, was wir tun werden“, sagt sie.
AfD-Vizevorsitzende Beatrix von Storch eilt am Sonntag von Interview zu Interview. „Die MerkelDämmerung hat eingesetzt. Darüber werden wir jetzt reden“, sagt sie in jede Kamera, die Republik werde nun wieder patriotischer. Vorstandsmitglied Georg Pazderski lehnt sich zufrieden zurück: „Wir haben alles erreicht, was wir erreichen wollten.“ LUXEMBURG (dpa) - Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat sich entsetzt über das Abschneiden der AfD gezeigt. „70 Jahre nach Kriegsende sitzen wieder Neonazis im Bundestag“, sagte Asselborn am Sonntagabend. In vielen europäischen Staaten hätten Rechte in der jüngeren Vergangenheit wieder Fuß gefasst. „Wenn es in Deutschland passiert, ruft es wegen der Geschichte aber besonders Angst hervor.“Asselborn forderte: „Alle demokratischen Parteien in Deutschland müssen nun zusammenstehen, egal ob sie in der Regierung oder der Opposition sind.“