Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein 500 Meter langer Schal verbindet beide Kirchen
Beim ökumenischen Begegnungsfest wird in der ganzen Innenstadt über die Konfessionen hinaus informiert und gefeiert
SIGMARINGEN - Ökumene zum Mitfühlen und Mitfeiern – das haben am Sonntag die Besucher des Begegnungsfests erlebt. Zu den Gottesdiensten am Vormittag dürften um die 1000 Besucher gekommen sein. Höhepunkt des Begegnungsfests: Das Ausrollen des 500 Meter langen, selbstgestrickten Schals, der die beiden Kirchen miteinander verband.
„Er kommt“, ruft ein Kind, das nach dem Ende der Kinderkirche in der Schwabstraße zusammen mit Altersgenossen auf die Ankunft des Schals wartet. Als Waltraud Packe begleitet von Oberministrant Niclas Heim mit dem Anfang des 500 Meter langen Prachtexemplars an den Leuten vorbeikommt, brandet Applaus auf. Hinter ihr reihen sich die Menschen ein, halten den Schal und gehen über den Leopoldplatz und die Karlstraße entlang in Richtung evangelische Stadtkirche.
Als der Anfang des Schal das Ziel erreicht, ruft der Oberministrant in Sankt Johann an. Das Zeichen, dass die Verbindung steht. Gleichzeitig läuten die Glocken beider Kirchen für einige Minuten. „Ich habe meine Wolle meiner 93 Jahre alten Mutter gegeben“, erzählt Waltraud Packe, „die konnte es viel besser und hatte eine Riesenfreude am Stricken“. Viele Begegnungen habe es durch das Stricken gegeben, erzählt Waltraud Packe.
Der Schal bringt Menschen zusammen, die sich vorher vielleicht nur vom Sehen kannten. Als sie ihn gemeinsam halten, stehen sie plötzlich nebeneinander und kommen ins Gespräch. „Wir wollen mit unserem Fest ein Zeichen setzen, nachdenken und feiern“, sagt der katholische Pfarrer Ekkehard Baumgartner.
Zwei Gottesdienste stehen am Anfang des Festes
Am Anfang stehen die beiden Gottesdienste auf dem Marktplatz und vor dem neuen Rathaus. Die Stadtfestbühne bildet an diesem Sonntag den Raum für den Gottesdienst. Diakon Werner Knubben stellt eine ernüchternde Diagnose: „Wir sind zu materialistisch und zu rationalistisch: Ich besitze, also bin ich – und ich denke, also bin ich.“Knubben will das Streben auf die geistige Ebene lenken. Seine evangelische Kollegin, Dorothee Sauer, sagt es in den Worten des Propheten Jesaja: „Wir sollen nicht an den scheinbar glorreichen Zeiten hängen.“
Die Kinder sagen es in den Fürbitten des Kindergottesdienstes in ihren eigenen Worten: „Schenke den Menschen, die traurig sind, warme Sonnenstrahlen ins Herz.“
Am Nachmittag geht es musikalisch weiter. Während auf der Bühne vor dem Rathaus zwei afrikanische Musiker mit traditionellen Instrumenten einen besonderen Akzent setzen, führt ein Kinder- und Jugendchor unter der Leitung von Bezirkskantor Bruno Hamm, begleitet von Blasmusikern und einem Schlagzeuger das jazzige Musical „Sag niemals nie zu Ninive“auf. In diesem Muscal geht es um den Propheten Jona, der den Aufttrag Gottes, nach Ninive zu gehen, zunächst ignoriert. Doch der Herr erteilt ihm daraufhin eine Lehre, die Jona umdenken lässt und ihn doch nach Ninive führt.
Um 16.30 Uhr gibt es dann noch das große Abschluss-Singen, an dem sich die Besucher auf dem ganzen Marktplatz beteiligen sodass der Gesang aus hunderten von Kehlen erklingt. Dekan Christoph Neubrand, Pfarrer Ekkehard Baumgartner und der evangelische Pfarrer Matthias Ströhle beten gemeinsam mit den Gläubigen und danken für den gelungenen Tag.
Die Verantwortlichen werten das Begegnungsfest als Erfolg. Auf die Frage, ob es das Fest jetzt öfter gebe, sagt Pfarrer Ekkehard Baumgartner: „Zehn Jahre werden wir sicher nicht warten.“