Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Tiefgründige Texte und ein provokantes Theaterstück
Gymnasiasten der Ludwig-Erhard-Schule und der Helene-Weber-Schule treten in der Alten Kirche auf
RULFINGEN (ck) - Gibt es Gott und wie halte ich es mit der Religion: In der Alten Kirche in Rulfingen haben sich Schüler des Wirtschaftsgymnasiums der Sigmaringer Ludwig-Erhard-Schule und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums der Bad Saulgauer Helene-Weber-Schule mit diesen existenziellen Fragen auseinandergesetzt. Die Schüler der beiden Kreisschulen trugen tiefgründige, berührende Texte vor, auch sahen die Besucher in dem Kulturzentrum ein eindrucksvolles, teils provokantes Theaterstück.
Unter der Leitung der Autorin Gabriele Loges hatten sich Schüler des Kurses Literatur und Theater der Ludwig-Erhard-Schule mit ihrer Lehrerin Waltraud Bertram-Goller dem Thema Religion literarisch angenähert. Gabriele Loges sprach im Namen beider Schulen ein Grußwort. „Das Thema Religion hat durch die gegenwärtige politische Situation, durch den Terrorismus, die näher kommenden Kriege und Auswanderungsbewegungen eine neue Brisanz bekommen“, sagte sie. „Gleichzeitig ist es ein Thema, das für junge Menschen oft in die Welt der Eltern, Großeltern oder ganz allgemein in die ‚der anderen‘ gehört.“Für den Großteil der Jugendlichen sei es keine Frage, mit der sie gerne konfrontiert würden.
Die vier Theaterkurse der Jahrgangsstufen zwölf und 13 des Wirtschaftsgymnasiums Bad Saulgau hatten unter der Leitung von Studienrat Thomas Anton Petrich ein Theaterstück einstudiert. Das Stück war, wie Petrich bereits angekündigte, stellenweise provokant – doch genau diese teils brutale Offenheit machte es wahrhaftig: In einem Beitrag erzählte ein Darsteller, wie sich sein Verständnis von Religion und Spiritualität gewandelt hat. „Mit der Kirche war ich durch. Seit den Missbrauchsfällen hatte ich die Nase voll. Kleine Jungs angrapschen, das geht so was von gar nicht.“Dann erzählte der Darsteller, dass sein Vater einen Herzinfarkt erlitten hatte und auf der Intensivstation lag. „Ich bin durch die Gänge des Krankenhauses gelaufen, wie ferngesteuert. Ich war noch nie so leer, so einsam, so unendlich verloren.“
Besuch der Krankenhauskapelle
Er entdeckt die Krankenhauskapelle. In dem dunklen Raum brennen ein paar Kerzen, er geht hinein. Und spontan fängt er zu beten an – aber kein klassisches Gebet, sondern ein persönliches Gespräch mit Gott. „Es tat mir unendlich gut, da zu sitzen. Mein Herz wurde wärmer, leichter.“Bewegend war auch die Szene an einer anderen Stelle des Theaterstücks, als eine Darstellerin vortrat und in der altehrwürdigen Alten Kirche das Stück „Hallelujah“ohne instrumentale Begleitung sang.
In den Textbeiträgen erzählte ein „lyrisches ich“die Ansichten und Geschichten. Ob die Schüler also das, was sie in ihren Texten erzählten, auch selbst erlebt haben oder ob es erfunden ist, blieb, wie oft bei künstlerischen Beiträgen, offen.
Den ersten Teil des Abends hatten die Schüler der Ludwig-ErhardSchule gestaltet. Auch sie setzten sich in ihren Texten mit Religion auseinander. So erläuterte eine Schülerin, wie sie das dritte Gebot „Du sollst den Feiertag heiligen“dazu nutzt, an diesem Tag bewusst eine Auszeit zu nehmen. Ein anderer Schüler erklärte, dass er Mäßigung als eine wichtige Tugend erachtet. Eine andere Schülerin sagte: „Ich glaube nicht. Religion ist da, aber gibt mir nichts.“Auch führten die Schüler Dialoge auf, in der sich Gläubige und Skeptiker gegenübersahen. „Ich finde, Religion gibt einem Halt“, hieß es da. „Ich glaube nur an Fakten“, war die Antwort des Skeptikers.
Der Abend fand im Rahmen des diesjährigen Kulturschwerpunktes „Religion und Spiritualität“des Kreiskulturforums statt. Kreisarchivar Edwin Ernst Weber war angetan von dem, was die Schüler den zahlreichen Besuchern in der Alten Kirche geboten hatten. „Es war einer der Höhepunkte“, sprach Weber ein großes Lob mit Blick auf das vielfältige Jahresprogramm des diesjährigen Kulturschwerpunktes aus. „Es ist beeindruckend, was ihr aus dem Thema gemacht habt“, sagte er zu den Schülern. Gastgeber war der Arbeitskreis Alte Kirche Rulfingen, Martina Eisele, die Vorsitzende, hatte zu Beginn das Publikum begrüßt.