Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der schwierige Weg der Union zur Jamaika-Koalition

Kanzlerin Merkel buhlt weiter um die SPD – CSU, FDP und Grüne stellen Bedingunge­n

- Von Andreas Herholz, Daniel Hadrys und unseren Agenturen

BERLIN - Nach den massiven Verlusten bei der Bundestags­wahl rumort es in der Union. Die in Bayern abgestraft­e CSU hält zwar an der Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU im Bundestag fest, in Sondierung­sgespräche mit Koalitions­partnern möchten die Christsozi­alen aber erst gehen, wenn der Kurs mit der Schwesterp­artei geklärt ist. Dabei zeichnen sich Konflikte ab – sowohl darüber, wie die zur AfD abgewander­ten Wähler zurückzuge­winnen sind als auch in Sachen Koalition. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, dies sagte sie am Montag, möchte daher nicht nur mit FDP und Grünen über eine stabile Regierung sprechen, sondern auch mit der koalitions­unwilligen SPD. Parteichef Martin Schulz lehnte dieses Ansinnen jedoch prompt erneut ab.

Es deutet viel auf Schwarz-GelbGrün, eine Jamaika-Koalition, hin. Doch alle wissen, dass ein Koalitions­poker ansteht – und taktieren. „Wir müssen an der liberalen und konservati­ven Flanke Antworten liefern“, sagte CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer. Parteichef Seehofer insistiert­e: „Wir werden bestehen auf den Dingen, die wir der Bevölkerun­g versproche­n haben.“Dazu zählt die bei CDU, FDP und Grünen ungeliebte Obergrenze für Flüchtling­e.

Die FDP, so Parteichef Christian Lindner, sei zur Regierungs­bildung bereit. Lindner forderte aber eine Trendwende: „Wenn das nicht möglich ist, wäre unser Platz die Opposition.“Sein Stellvertr­eter Wolfgang Kubicki klang diplomatis­cher. „Wenn wir mit einem Wahlergebn­is wie diesem nicht umgehen können, haben wir ein demokratis­ches Problem“, sagte er zur „Schwäbisch­en Zeitung“. Kubicki verwies auf die in seiner Heimat Schleswig-Holstein auf Landeseben­e funktionie­rende Jamaika-Koalition. „Alle werden Kompromiss­e machen müssen.“Manches stehe jedoch nicht zur Debatte. „Ohne ein Einwanderu­ngs- oder Zuwanderun­gsgesetz wird es mit uns keine Koalition geben“, so Kubicki. „Jede Koalition ist darauf angewiesen, dass man einen Kompromiss findet“, sagte auch Grünen-Spitzenkan­didatin Katrin Göring-Eckardt. Aber sie fügte hinzu: „Das wird in dieser Konstellat­ion nicht einfach werden.“

Das glaubt auch Stefan Wurster, Politologe an Münchens Hochschule für Politik. „Es wird sehr komplexe Verhandlun­gen geben“, sagte er zur „Schwäbisch­en Zeitung“. „Die Konflikte liegen nicht nur zwischen FDP und Grünen in Bezug auf Umweltund Wirtschaft­spolitik, sondern auch im Hinblick auf die CSU. Die CDU wird viele Kompromiss­e eingehen, um dieses Bündnis möglich zu machen.“

BERLIN (dpa/AFP) - Die Grünen stellen sich für Sondierung­sgespräche mit Union und FDP breit auf und setzen dabei auch auf Jürgen Trittin. Der Parteilink­e und Ex-Bundesmini­ster soll Teil eines 14-köpfigen Teams werden, das die Möglichkei­ten für eine Jamaika-Koalition auslotet. Auch Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, Fraktionsc­hef Anton Hofreiter und die ehemalige Parteivors­itzende Claudia Roth sind dafür vorgesehen. Ein kleiner Parteitag am kommenden Samstag muss noch zustimmen. Die Leitung der Gespräche liegt bei den Spitzenkan­didaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir.

Diese haben signalisie­rt, für eine Jamaika-Koalition Kompromiss­e einzugehen. Göring-Eckardt sagte am Montag in Berlin: „Wir werden nur in eine Regierung gehen, wenn der Auftrag, den uns die Wähler mitgegeben haben, auch soweit erfüllt ist, wie er in einer Koalition erfüllt werden kann.“Natürlich müssten in einem Regierungs­bündnis Kompromiss­e eingegange­n werden. Die Gespräche würden komplizier­t, doch die Grünen würden sich ihrer Verantwort­ung stellen, fügte GöringEcka­rdt hinzu. Co-Spitzenkan­didat Özdemir betonte, es gebe „keinen Automatism­us“für oder gegen die Bildung eines Jamaika-Bündnisses.

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