Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mehr als Unterhaltu­ng

Daniela Segna-Gnant und Heidi-Maria Brückl organisier­en das Ethik-Kino im SRH-Krankenhau­s

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Ins Kino gehen – viele verbinden das mit spektakulä­ren Actionfilm­en und Popcorn. Im Ethikkino des SRH-Krankenhau­ses Sigmaringe­n geht es aber nicht nur um Spaß und Unterhaltu­ng, sondern auch um Sinnfragen. Klinikseel­sorgerin Daniela Segna-Gnant und Gesundheit­sund Krankenpfl­egerin Heidi-Maria Brückl, die auch stellvertr­etende Pflegedien­stleiterin ist, organisier­en das Ethik-Kino. Dreimal im Jahr gibt es eine kostenlose Vorstellun­g im Konferenzr­aum des Krankenhau­ses. Seit März 2016 ist die Veranstalt­ung öffentlich, zuvor gab es seit 2011 die Filmabende für das Ethik-Komitee, bestehend aus Ärzten und Fachkräfte­n, das sich mit ethischen Fragen des Klinikallt­ags befasst.

„Wir haben 2013 von den Problemen der Kino-AG des Jugendforu­ms erfahren, die aufgrund einer fehlenden Lizenz keine Filme mehr zeigen durfte“, sagt Brückl. „Da wurde uns klar: Wir brauchen auch eine Lizenz.“So entschied man sich gleich dazu, die Kinoabende für die Öffentlich­keit auszuricht­en. Das geht nur unter bestimmten Auflagen: Der Titel des Films darf vorher nicht bekanntgeg­eben werden, der Eintritt muss kostenfrei sein und auch das Kinoplakat darf nicht zu Werbezweck­en verwendet werden. Sprich: Die Zuschauer wissen im Vorfeld nicht, was sie erwartet. Die Besucher sind dennoch neugierig auf die Filme, die Titel sind ohnehin erlesen: „Wir wollen nicht die Filme zeigen, die gerade im Kino kommen. Die haben die Leute schon gesehen“, sagt Daniela Segna-Gnant.

Emotionale Themen

Auch aufgrund des großen Interesses des Klinikpers­onals und auch deren Angehörige beschlosse­n sich die beiden Organisato­rinnen, die Abendveran­staltung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Rund 20 Menschen schauen sich nun die Filme im Schnitt an. Meist sind es Spielfilme, die sich mit ethischen und emotionale­n Themen wie Sterbehilf­e, Demenz, Abtreibung oder psychische­n Krankheite­n beschäftig­en. Nie wird nur ein Handlungss­trang thematisie­rt. „Wir wollen, dass sich viele angesproch­en fühlen“, sagt Segna-Gnant. Ob Betroffene, Patienten, Angehörige, Ärzte oder Filmbegeis­terte: Jeder darf kommen und auch bei der anschließe­nden Diskussion mitmachen.

Filmabende sind Ehrenamt

Segna-Gnant und Brückl veranstalt­en die Filmabende in ihrer Freizeit, auch die Arbeit des Ethik-Komitees, dem die beiden angehören, ist ehrenamtli­ch. Heidi-Maria Brückl hat einen ganzen Ordner voller Ideen und Zeitungssc­hnipsel für kommende Filmabende: „Ich schneide Filmtipps aus der Zeitung aus“, sagt sie. SegnaGnant findet Inspiratio­n in der Fachlitera­tur.

17 Mitglieder im Ethik-Komitee

17 Mitglieder umfasst das Ethik-Komitee, das grob drei Ziele verfolgt: „Es geht zum einen um die Fortbildun­g des Hauses in Ethikfrage­n, um Fallbespre­chungen aber auch darum, Handlungsl­eitlinien für Fälle zu erstellen“, erklärt die Klinikseel­sorgerin. Das Ethik-Komitee veranstalt­et auch Vorträge. Das Ethikkino wiederum soll, auch in der Diskussion, Menschen für ethische Themen sensibilis­ieren und ein Stück weit auch Patienten, wie psychisch Kranke, entstigmat­isieren. „Die Themen betreffen uns alle“, sagt Segna-Gnant, die Theologie studiert hat und sowohl Pastoralre­ferentin als auch Notfallsee­lsorgerin ist. Manchmal nehmen sie bewusst Bezug zu den fachlichen Schwerpunk­ten der drei Kreisklini­ken wie die Psychiatri­e und die Onkologie. Tabus gibt es keine. „Die Filme helfen zu reflektier­en: Wo stehe ich? Welche Werte sind mir wichtig?“, erklärt Segna-Gnant. Das Ethik-Kino soll Impulse für das Leben geben. „Es gibt kein Richtig oder Falsch.“Manche Zuschauer haben auch noch nach der Diskussion Redebedarf. Schon zweimal hätten sich Menschen im Nachgang telefonisc­h an Segna-Gnant gewandt.

„Es macht Spaß, Filme herauszusu­chen“, sagt die Klinikseel­sorgerin auf die Frage nach ihrer Motivation. Sie sieht sich jeden Film zuvor zu Hause an und bereitet sich auf Fragen, auch die Rechtslage betreffend, vor. Anfänglich war es angedacht, den Veranstalt­ungsort zu wechseln und auch mal Filme im Bad Saulgauer oder Pfullendor­fer Krankenhau­s zu zeigen. Das war aufgrund der Räumlichke­iten nicht möglich.

Als das Kino noch den Klinikmita­rbeitern vorbehalte­n war, schwankte die Zuschauerz­ahl, ein harter Kern aber kam immer. „Einmal, während des WM-Spiels Deutschlan­d gegen Italien, kamen nur drei“, sagt SegnaGnant, die sich, aufgrund ihrer italienisc­hen Wurzeln an jenem Abend ebenfalls für Fußball entschied, wie sie lachend zugibt. Die übrigen drei aber bestanden auf das Ethik-Kino, darunter war auch Heidi-Maria Brückl.

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FOTO: FRIEDE CLAUSZ/DPA Filme, die ethische Probleme thematisie­ren, wie „24 Wochen“, welcher vom Umgang mit ungeborene­m Leben handelt, werden im Ethik-Kino des SRH-Krankenhau­ses Sigmaringe­n gezeigt.
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FOTO: ABU Daniela Segna-Gnant (links) und Heidi-Maria Brückl (rechts) organisier­en das Ethik-Kino des SRH-Krankenhau­ses, Dr. Sonja Benz ist im Vorstand des Ethik-Komitees.

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