Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sie wollen sich wieder vertragen

Horst Seehofer appelliert an die Geschlosse­nheit der Unionsfrak­tion

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Alte und neue Abgeordnet­e drängen sich im Fraktionss­aal mit Hallo und auf Wiedersehe­n, es ist turbulent, doch die Stimmung ist nur mäßig. 63 Mandate hat die Unionsfrak­tion im neuen Bundestag eingebüßt, die baden-württember­gische Landesgrup­pe ist um fünf geschrumpf­t, die CSU-Landesgrup­pe um zehn Köpfe. Die meisten Abgeordnet­en haben ein paar Prozente verloren, andere ihr Mandat.

Schon vor der Sitzung der Fraktion haben CSU-Chef Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel länger zusammenge­sessen und geredet. Denn zumindest für Horst Seehofer steht fest: „Einfach ,weiter so’ geht nicht.“

Angela Merkel hatte sich am Vortag ganz anders geäußert. Die Union habe ihre Ziele erreicht, hatte sie da gesagt. Sie sei an der Macht, sie werde die Regierung bilden. Doch die wenigsten in der Fraktion sind so zufrieden wie Merkel. Einige vom konservati­ven Flügel forderten bereits, sie doch wenigstens als CDU-Parteichef­in abzuwählen, um neue Akzente zu setzen.

Blick nach vorne

Doch in der Fraktionss­itzung kam es nicht zur Revolte, es wurde nach vorne geschaut. Horst Seehofer hatte schon zuvor ein gemeinsame­s Auftreten von CSU und CDU beschworen. Er wolle mit der CDU gemeinsam Sondierung­sgespräche mit den Grünen und der FDP führen, aber schon vorher müsse der Kurs für solche Koalitions­gespräche abgesteckt werden.

Horst Seehofer hat für die CSULandesg­ruppe Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt als neuen Chef ausgerufen, er wurde mit großer Mehrheit bei drei Gegenstimm­en gewählt. Dobrindt vergleicht die derzeit ernste Lage der CSU mit jener Zeit, als die Partei ihre absolute Mehrheit in Bayern verloren hatte und er als Generalsek­retär berufen wurde. Erst einmal müsse Fleisch am Knochen sein, so Dobrindt, um in Koalitions­verhandlun­gen zu gehen.

Die Wähler hätten die Agenda geschriebe­n: Zuwanderun­g und Sicherheit. CSU-Chef Horst Seehofer nennt als zu klärende Themen die Zuwanderun­g, Sicherheit und Europa und „das ganze soziale Spektrum“mit den

Themen Rente, Familie, Pflege und Wohnen. Er nennt außerdem Beispiele aus der Europapoli­tik. So sei es undenkbar, zum jetzigen Zeitpunkt Schengen noch zu erweitern. Seehofer fordert noch einmal Rücksichtn­ahme der CDU auf die Wahl in Bayern. Thomas Bareiß, stellvertr­etender Landesgrup­penchef aus Baden-Württember­g, hält es für das ureigene Interesse des Südens, Bayern zu unterstütz­en. Es dürfte dauerhaft keine Partei rechts der Union geben. Um das zu erreichen, müsse man die Wähler und ihre Sorgen ernst nehmen. Bareiß meint, wenn in einem Freundeskr­eis jemand sage, man traue sich abends nicht mehr so wie früher auf die Straße, dann sei das eben kein dummes Geschwätz, sondern eine ernstzuneh­mende Angst. Auch Seehofer hatte gefordert, die Sicherheit in den Mittelpunk­t zu stellen.

Querschüss­e verbeten

Einig sind sich die meisten Unionsabge­ordneten im Bundestag, dass die Koalitions­verhandlun­gen mit Grünen und FDP lange dauern könnten. Horst Seehofer geht davon aus, dass man auch bei der CSU am Ende mindestens einen Parteitag zur Billigung von Jamaika brauche, eventuell auch eine Mitglieder­befragung. Und damit all das ruhig über die Bühne gehen kann, mahnte er schon vor der Sitzung der CSU-Fraktion seine eigenen Reihen, die Querschüss­e einzustell­en. Es gehe jetzt darum, in Berlin eine stabile, vernünftig­e und starke Regierung zu bilden und das solle man nicht mit einer Begleitmus­ik aus München gefährden.

 ?? FOTO: AFP ?? Den Kurs abstecken: Horst Seehofer ( CSU), Angela Merkel ( CDU).
FOTO: AFP Den Kurs abstecken: Horst Seehofer ( CSU), Angela Merkel ( CDU).

Newspapers in German

Newspapers from Germany