Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schule zeigt Landwirten neue Perspektiv­en auf

Die Albert-Reis-Technikers­chule in Sigmaringe­n wird 25 Jahre alt – Feier in der Andelsbach­halle in Denkingen

- Von Anthia Schmitt

DENKINGEN - Mit einem Fest in der Andelsbach­halle in Denkingen haben die Landwirte im Landkreis Sigmaringe­n gestern das Erntedankf­est und das 25-jährige Bestehen der Albert-Reis-Technikers­chule in Sigmaringe­n gefeiert. In dieser Schule werden seit 1992 Landwirte nach ihrer Ausbildung weiterqual­ifiziert und zu Agrartechn­ikern ausgebilde­t. Knapp 250 Techniker haben dort in diesen 25 Jahren ihre Abschlussp­rüfung an der Schule abgelegt.

„Wir verstehen uns als Unternehme­rschule“, sagte Schulleite­r Thomas Winter in seiner Ansprache in der aufwändig mit Früchten und Blumen des Herbsts geschmückt­en Andelsbach­halle. Er erinnerte an die Anfänge der Schule, eine von zweien in Baden-Württember­g. Sie wurde ins Leben gerufen, als die Landwirtsc­haft Ende der 80er-Jahre Einkommens­einbrüche hinnehmen musste und Landwirte gezwungen waren, effiziente­r zu arbeiten und sich neue Verkaufsst­rategien zu überlegen.

Schule mit guter Entwicklun­g

Zur praxisnahe­n und fachorient­ierten Ausbildung gesellten sich deshalb auch Fächer wie Mitarbeite­rführung, elektronis­che Datenverar­beitung, Kommunikat­ion, Marketing, Agrartechn­ik oder Persönlich­keitsbildu­ng. Ergänzt wird der zweijährig­e Unterricht durch Exkursione­n, fachbezoge­ne Projekte und Auslandsau­fenthalte. „Es ist uns wichtig, dass die jungen Landwirte sehen, was ihre Kollegen in der EU machen“, sagte Thomas Winter. Die Schule habe eine gute Entwicklun­g genommen.

Gerhard Glaser vom Bauernverb­and Biberach-Sigmaringe­n bezeichnet­e die Gründung der Technikers­chule als „Sternstund­e für die Landwirtsc­haft“und Joachim Hauck vom Ministeriu­m für den Ländlichen Raum sagte, dass das Thema der landwirtsc­haftlichen Zukunft die Vereinbaru­ng von Ökologie und Ökonomie sei. „Die Natur nutzen, ohne sie zu verbrauche­n – da haben die Schüler noch einiges zu lernen“, sagte Hauck.

Womit sich die Jungbauern, die aus der weiteren Region nach Sigmaringe­n kommen, genau beschäftig­en, konnten die rund 200 Gäste anschließe­nd erleben. Mit Dominik Pfister, Lukas Münch, Michel Zielke, Lars Welte und Lucas Hipp präsentier­ten fünf der aktuell 19 Schüler, welche Auswirkung­en die neue Düngeveror­dnung für die Landwirte hat. Sie fassten kurz die Änderungen zusammen und kamen dann schnell am Beispiel eines fiktiven Betriebs auf Zahlen und Chancen der neuen Verordnung zu sprechen.

Dabei wiesen sie nach, dass durch gezielte Fütterungs­strategien, Nährstoffm­anagement und Rationsopt­imierungen bei den Tieren die Nährstoffe in der Gülle wie Stickstoff und Phospor reduziert werden können. Gleichzeit­ig soll es möglich sein, Kosten zu sparen. Im Gegenzug rechneten die Referenten vor, dass eine zusätzlich­e Güllegrube, die möglicherw­eise wegen der geänderten Lagerfrist­en gebaut werden muss, 110 000 Euro kostet. Außerdem erläuterte­n sie die Vor- und Nachteile einer überdachte­n Güllegrube.

Im Vorfeld hatte Diakon Bernd Lernhart aus Wald die Erntedankf­eier, die der Sigmaringe­r Verband für landwirtsc­haftliche Fachbildun­g alljährlic­h veranstalt­et, mit einem thematisch passenden Gottesdien­st eröffnet. In seiner Begrüßung forderte der Vorsitzend­e Stefan Käppeler die künftige Bundesregi­erung dazu auf, sich um die „drei großen Baustellen“zu kümmern: die Agrarförde­rung in der Europäisch­en Union, die nationale Nutztierha­ltung und den Agrarexpor­t.

Denkingens Ortsvorste­her Karl Abt würdigte die Arbeit der Bauern, die nicht nur für die Ernährung sorgen, sondern auch Landschaft­spflege betreiben. „Die Landwirtsc­haft schafft unsere Landschaft und unsere Nahrung“sagte er. Das tägliche Brot sei kein technische­s Produkt, denn die Landwirte arbeiteten „mit Wesen aus Fleisch und Blut“und seien dem Wechsel der Jahreszeit­en ausgesetzt.

Lob von Landrätin Stefanie Bürkle

„Es ist ein Geschenk des Himmels und ein Ergebnis harter Arbeit, dass wir nicht hungern müssen“, sagte Landrätin Stefanie Bürkle, die ebenfalls die Leistung der Landwirte hervorhob. Dabei seien die Landwirte stetig steigenden Anforderun­gen und der ständigen Beobachtun­g durch die Öffentlich­keit ausgesetzt. Bürkle hob die Bedeutung einer guten landwirtsc­haftlichen Ausbildung hervor und forderte den Erhalt der landwirtsc­haftlichen Klassen an der Bertha-Benz-Schule – auch dann, wenn ein Jahrgang mal etwas kleiner ausfällt.

Die Veranstalt­ung, die bis weit in den Nachmittag hinein dauerte, wurde von der Bauernkape­lle Oberschwab­en – einem 50-köpfigen Orchester unter der Leitung von Eugen Maucher, in dem nur Landwirte mitspielen dürfen – musikalisc­h begleitet. Für die Bewirtung der Gäste sorgten der Partyservi­ce der Riedlinger Landfrauen mit dem Mittagesse­n und die Pfullendor­fer Landfrauen mit Kaffee und Kuchen. Michael Klink aus Neuffen, bekannt als „schwäbisch­e Schwertgos­ch“, bereichert­e das Programm mit einer mundartlic­hen Kabarett-Einlage.

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FOTO: ANTHIA SCHMITT Ministeria­ldirigent Joachim Hauck vom Ministeriu­m für den Ländlichen Raum verleiht an 25 Landwirte und Hauswirtsc­hafterinne­n Goldene und Silberne Meisterbri­efe.

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