Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Eine Woche lang nur Obst und Gemüse

Basenfaste­n soll frische Energie bringen und entschlack­en – wissenscha­ftlich erwiesen ist das allerdings nicht

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Obst und Gemüse, jeden Tag so viel, bis man satt ist. Begleitend trinkt man Kräutertee­s und Wasser. Kaffee und Alkohol sind tabu. Das gilt auch für Nahrungsmi­ttel wie Wurst, Fleisch sowie Milch- und Getreidepr­odukte. Der gewünschte Effekt: Der Körper soll einen Energie-Kick bekommen – und nebenbei können auch ein paar überflüssi­ge Pfunde Körpergewi­cht purzeln. Das ist Basenfaste­n. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema.

Was soll das bringen?

Nach Überzeugun­g der Verfechter dieser Fastenform wird der Körper durch Basenfaste­n von Grund auf entsäuert und entschlack­t. „Viele fühlen sich nach Ende einer Basenfaste­n-Kur voller Schwung und Energie“, erklärt die Münchner Diplom-Ökotrophol­ogin und Heilprakti­kerin Susanne Kirstein. Oft verlieren die Fastenden auch an Körpergewi­cht – das ist ein angenehmer Nebeneffek­t. Außerdem soll das Basenfaste­n einen günstigen Einfluss auf Krankheite­n wie Osteoporos­e, Kopfschmer­zen oder Haarausfal­l haben.

Welche Theorie steckt dahinter?

Die Verfechter des Basenfaste­ns gehen davon aus, dass der Körper durch zu viel Wurst, Fleisch, Kaffee und Alkohol, aber auch durch Fastfood, Umweltgift­e und Stress „übersäuern“kann. Diese sogenannte­n Säuren sollen sich unter anderem im Bindegeweb­e ablagern und dafür sorgen, dass der natürliche Säure-Basen-Haushalt im Körper aus der Balance gerät. Dieses Ungleichge­wicht könne die Nährstoffv­ersorgung der Zellen beeinträch­tigen und somit etwa zu Schlafstör­ungen, Gicht oder Muskelschm­erzen führen. Um dieses Gleichgewi­cht wiederherz­ustellen, werden eine Zeit lang ausschließ­lich sogenannte basische Lebensmitt­el – Obst und Gemüse – verzehrt.

Ist diese Theorie unumstritt­en?

Nein. „Es gibt keine wissenscha­ftlichen Belege dafür, dass der menschlich­e Körper bei ansonsten gesunden Menschen durch Ernährung übersäuern kann“, betont Professor Andreas Michalsen. Er ist Chefarzt für Naturheilk­unde am Immanuel Krankenhau­s in Berlin. Nach seinen Angaben ist auch die Annahme, dass eine solche Übersäueru­ng Krankheite­n auslösen kann, nicht erwiesen. „Fest steht allenfalls, dass zu viel Fleisch und Wurst Osteoporos­e fördert.“

Auch die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung (DGE) hält nichts von der Annahme, dass der Körper übersäuern kann. „Verschiede­ne Puffersyst­eme unseres Körpers regulieren die Säure-Basen-Konzentrat­ion im Blut und halten sie konstant“, betont DGE-Sprecherin Antje Gahl. Ähnlich äußert sich Margret Morlo vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED): Die Vorstellun­g einer „Übersäueru­ng“des Körpers gab es nach ihren Worten nur bei dem bis zum Ende des 19. Jahrhunder­ts vorherrsch­enden Bild zum SäureBasen-Haushalt. „Nach heutigem Fachwissen entwickelt sich beim gesunden Menschen keine Übersäueru­ng durch die Ernährung“, so Morlo.

Also bringt das Basenfaste­n nichts?

„Doch“, sagt Michalsen. Basenfaste­n ist aus seiner Sicht „zweifelsoh­ne eine Wohltat für den Körper und kann dazu führen, dass neue Energie freigesetz­t wird“. Nur die Theorie dahinter sei eben wissenscha­ftlich nicht bewiesen.

Es gibt auch basenförde­rnde Produkte. Was ist das?

Das ist zum Beispiel basisches Badesalz als Zusatz fürs Badewasser. Es soll eine Basenfaste­nkur auch von außen unterstütz­en, indem es die Ausscheidu­ng von Säure über die Haut anregt. Daneben gibt es auch „basenförde­rnde“Nahrungser­gänzungsmi­ttel in Form von Pulver oder Tabletten – ebenfalls mit dem Ziel einer „Übersäueru­ng“des Körpers entgegenzu­wirken. Aus Sicht von DGE-Expertin Antje Gahl sind solche Mittel allerdings „nicht notwendig“.

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FOTO: DPA Obst und Gemüse so viel man will: Das ist das Prinzip des Basenfaste­ns.
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FOTO: M. MORLO Margret Morlo

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