Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Nach 78 Sekunden stimmt die Richtung
Rudy stellt Weichen zum 3:1 (2:0) in Nordirland – Jetzt neun Siege aus neun Spielen
BELFAST (SID/dpa) - Makellos nach Moskau: Mit weltmeisterlicher Dominanz und sehenswerten Toren hat die deutsche Nationalmannschaft ihr WM-Ticket für Russland 2018 gelöst. Das abgeklärte Team von Bundestrainer Joachim Löw feierte gegen Nordirland beim 3:1 (2:0) den neunten Sieg im neunten Qualifikationsspiel und ließ an seiner Überlegenheit in Belfast nie einen Zweifel.
Sebastian Rudy (2. Minute) knackte das berüchtigte nordirische Bollwerk blitzschnell mit einem fulminanten Fernschuss in den Winkel. Sandro Wagner (21.) mit seinem vierten Tor im vierten Länderspiel und der überragende Joshua Kimmich (86.) sicherten der DFB-Elf den WMPlatz – bereits vor dem Quali-Finale gegen Aserbaidschan in Kaiserslautern, wo es am Sonntag (20.45/RTL) noch um die erste „perfekte“WMQualifikation seit 1981 geht. Für die Gastgeber traf Josh Magennis (90.+3).
„Das frühe Tor war enorm wichtig“, sagte Rudy, „wir haben das Spiel die ganze Zeit dominiert. Nach Russland fahren wir, um was zu reißen! Wir wollen den Titel verteidigen.“
Doch trotz allen Glanzes: Bei der Auslosung am 1. Dezember im Moskauer Kreml droht eine schwierige Gruppe mit einem früheren Weltmeister wie Frankreich, Spanien oder Italien. Anders als Deutschland wäre dieses Trio – wie auch Chile, England oder Uruguay – nach aktuellem Stand nicht als Gruppenkopf gesetzt. Löw bezeichnet die historische Titelverteidigung auch deshalb schon mal als „das Allerschwerste überhaupt“. Zum Spiel sagte der 57-Jährige: „Wir haben nach dem frühen 1:0 schnell nachgelegt. Wir haben auf dem Platz gespürt, dass wir in der zweiten Hälfte alles unter Kontrolle haben. Da haben wir das Tempo etwas rausgenommen.“
Die eiserne Wand der Nordiren zu durchbrechen, die zuvor in acht Spielen nur zwei Gegentore kassiert hatten (beide gegen Deutschland), oblag in erster Linie Wagner. Den Hoffenheimer bot Löw in Abwesenheit von Timo Werner und Mario Gomez als Stoßstürmer auf. Thomas Müller startete als zweite, eher hängende Spitze – und als Kapitän, da Torhüter Manuel Neuer wie ein Dutzend anderer Startelf-Kandidaten fehlte.
Der Bundestrainer erwartete ein knallhartes Spiel „mit Brisanz“. Der perfekte Start durch Rudys 25-MeterSchuss nach 78 Sekunden erleichterte jedoch vieles. Es war das erste Länderspieltor des Bayern-Profis.
Dem weitestgehend in der Luft hängenden Angriff der Gastgeber stellte Löw die Weltmeister-Innenverteidigung Mats Hummels/Jérôme Boateng entgegen, Boateng spielte erstmals seit dem Hinspiel (2:0) vor einem Jahr. Links verteidigte Marvin Plattenhardt von Hertha BSC solide. Doch meist war nur die Abwehr der Nordiren in Not: Wagner hätte nach einer Flanke Kimmichs von rechts beinahe mit der Brust zum 0:2 getroffen (4.), nach 16 Minuten köpfte er, ebenfalls nach Vorlage Kimmichs, an den Pfosten. Schließlich traf Wagner doch: mit einem präzisen 16-MeterSchuss vorbei am verzweifelt herangrätschenden Gareth McAuley.
Auch nach dem Wechsel hatte vor allem Deutschland Chancen: Einen Müller-Kopfball etwa drehte Torhüter Michael McGovern sehenswert um den Pfosten (51.). Zwar erhöhten die Nordiren fortan das Risiko und griffen deutlich früher an. Gefahr entstand allerdings nur einmal, als Conor Washington die Latte traf (77.). Kimmich nahm dann jeglichen Zweifel.