Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Fehler bei Amris Festnahme
Kritik an Vernehmung des Attentäters in Friedrichshafen
BERLIN (dpa/her) - Die Festnahme des islamistischen Attentäters Anis Amri vor seinem Terroranschlag in Berlin scheiterte einem Sonderermittler zufolge mehrfach an Fehlern von Polizeibehörden in Bund und Ländern. Der Tunesier hätte wegen diverser Vergehen höchstwahrscheinlich verhaftet werden können, sagte Bruno Jost, der vom Berliner Senat eingesetzte Sonderermittler, am Donnerstag. In Josts Abschlussbericht wird sowohl die Berliner Kriminalpolizei als auch die Polizei in Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg hart kritisiert.
Neu sind Details, wie jenes aus Friedrichshafen. Als Amri dort am 30. Juli 2016 von der Bundespolizei bei der geplanten Ausreise festgenommen wurde, wurde laut Jost „fast alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“. Die Vernehmung sei oberflächlich gewesen, auch habe die Polizei sein Handy nicht beschlagnahmt.
BERLIN - „Unprofessionell“, „mangelhaft“, „unzureichend“, „fehlerhaft“– so heißt es auf den 72 Seiten immer wieder. Der Abschlussbericht des früheren Bundesanwaltes Bruno Jost liefert ein klares Urteil, lässt kaum Zweifel daran, dass vor allem Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft eklatante Fehler gemacht haben und der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz womöglich verhindert hätte werden können. Aber auch die Polizei in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg muss sich Kritik gefallen lassen. Lücken bei der Observation, fehlende Kooperation der Sicherheitsbehörden und andere haarsträubende Versäumnisse hat Jost in seiner vom Berliner Senat in Auftrag gegebenen Analyse aufgedeckt und kommt zu dem Ergebnis, dass es „mit hoher Wahrscheinlichkeit“vor dem Attentat möglich gewesen wäre, Anis Amri in Haft zu nehmen.
Am 19. Dezember des vergangenen Jahres war der Islamist mit einem gestohlenen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast, hatte 12 Menschen getötet und fast 100 verletzt. Manche Opfer werden noch immer in Kliniken behandelt, viele werden ihr Leben lang unter den Verletzungen und dem Trauma leiden.
Verhaftung war möglich
Glaubt man Sonderermittler Bruno Jost, der im April seine Arbeit aufgenommen hat, haben sich die Ermittler im Fall Amri verhalten, als handele es sich um „einen Eierdieb“und nicht um einen Terrorverdächtigen. „Alle Observationen beschränken sich auf die Wochentage Montag bis Freitag“, heißt es in dem Bericht, und dies selbst in den Wochen, in denen Amri auf Rang eins der Berliner Gefährderliste gestanden habe. „An Wochenenden und Feiertagen fanden keine Observationen statt“, so das Ergebnis der Untersuchung. Auch nachts habe keine Überwachung stattgefunden. Auch wenn die Hinweise auf Amris islamistische Aktivitäten und die von ihm ausgehende mögliche Gefährdung womöglich nicht für eine Festnahme ausgereicht hätten, so habe doch die Möglichkeit bestanden, ihn wegen Drogenhandels und gefälschter Ausweisdokumente hinter Gitter zu bringen, so Ex-Bundesanwalt Jost. Gegen ihn hätten 14 Strafverfahren vorgelegen, vor allem wegen Rauschgifthandels und Schwarzfahrens. „Da lag wirklich einiges im Argen“, erklärte er am Donnerstag in Berlin.
Bereits im Frühsommer 2016 habe es in abgehörten Telefonaten Belege für den Rauschgifthandel gegeben. Zwar habe das Landeskriminalamt Berlin Amri neun Monate vor der Tat