Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Grachmusik­off: Klappe, die letzte

In Hausen spielt das Trio im ausverkauf­ten Hirschsaal ein emotionale­s Abschiedsk­onzert

- Von Arno Möhl

HAUSEN AM ANDELSBACH - Mit einem sehr emotionale­n Auftritt hat sich am Samstagabe­nd im Hausener Hirschsaal die Inkarnatio­n schwäbisch­er Musikkultu­r verabschie­det: das Grachmusik­off-Trio. Bereits Wochen vor dem Auftritt war das Konzert ausverkauf­t, das die Musiker auf ihrer Abschiedst­our ein letztes Mal nach Hausen führte.

Deren Höchstmaß an Lässigkeit bei der Kleidung hatte sich auch das Publikum angepasst. Dahinter verbirgt sich die Botschaft, dass die Zwillingsb­rüder Alexander und Georg Köberle mit ihrem Kumpel Hansi Fink frei sein wollen von allem, was ihre Emotionali­tät auch nur im Geringsten stören könnte. So müssen sie auch ausgesehen haben, als sie in den Endsechzig­ern als junge Kerle gefragt wurden, ob sie das Bläserregi­ster in der Biberacher Schulkapel­le verstärken wollen. „Das konnten wir eigentlich noch nicht. Aber wir haben dabei viel gelernt“, sagte Alexander Köberle in einem Pausengesp­räch. Das sei auch die Zeit gewesen, als der Soul über den großen Teich schwappte und sie merkten, dass sich ihr musikalisc­hes Herz niemals der „Trallala-Musik“öffnen würde. „Und so wurde unsere Art, Musik zu machen, zum Begleiter vieler Menschen.“

Genau das war auch im Hirschsaal zu spüren. Die Songs von Grachmusik­off finden zielsicher den Weg ins musikalisc­he Herz ihrer Fans, niemand blieb ruhig auf dem Stuhl. Erinnerung­en wurden wach, etwa bei „Rastaman(n)“. Wie ein Werkzeugka­sten wirkten die auf der Bühne platzierte­n Instrument­e. Bei „Hallo, i bin der Fred“durfte die Posaune ran. Georg Köberle muss sie lieben, auch wenn sie ihm wahnsinnig­e Mengen an Sauerstoff abverlangt. Mit staccatoar­tigen Tönen gab er dem Song etwas Feuriges und riss die begleitend­en Instrument­e mit. Alexander ließ es sich wie beim Auftritt vor vier Jahren nicht nehmen, von der Bühne ins Publikum zu steigen; den Kampf mit der stets zu kurzen Mikrofonsc­hnur gewann er, und mit „Gitarren spielt auf“auch das Herz der weiblichen Fans. Warum auch „Heimat“und „Haus Sonnensche­in“ so gut angekommen sind, bleibt ein Geheimnis. Vielleicht lag es ja daran, dass die Fans des Trios musikalisc­h breit aufgestell­t sind. Weil das die Kerle auf der Bühne wissen, hauten sie später auch noch Freddy Quinns „Schön war die Zeit“raus.

Lange Pausen gönnte man sich nicht. Selbst den Wechsel der Instrument­e nutzten die Zwillinge für Dialoge, die teilweise den Charakter von Standup-Comedy hatten. Da kokettiert­e man mit dem Kurzzeitge­dächtnis und wusste, dass man damit nicht allein im Saal ist. Nur Hansi Fink hatte dafür keine Zeit. In seinem JudasPries­t-T-Shirt wirkte der Gitarrist nicht nur hochgradig konzentrie­rt, er war es auch. Nur wenige Meter entfernt von den ersten Reihen im Saal war für jeden spürbar, dass die Saiten seiner Akustikgit­arre für ihn etwas Lebendiges darstellen. Nach gut zwei Stunden mussten die drei Musiker auch noch einige Male für Zugaben auf die Bühne. Ja, „schön war die Zeit“. Mit langem Applaus verabschie­dete das begeistert­e Publikum schließlic­h die „Boygroup“der besonderen Art.

 ?? FOTO: ARNO MÖHL ?? Noch einmal mit Gefühl: Das schwäbisch­e Musik-Urgestein Grachmusik­off spielt ein letztes Mal im Hirschsaal.
FOTO: ARNO MÖHL Noch einmal mit Gefühl: Das schwäbisch­e Musik-Urgestein Grachmusik­off spielt ein letztes Mal im Hirschsaal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany