Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Christliche Freunde sind hier willkommen
Muslimische Gemeinde lädt mit einer Kermes zur Besichtigung der neuen Moschee ein
MENGEN - Die muslimische Gemeinde Mengen hat ihre neue Moschee am vergangenen Wochenende mit einer Kermes der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Besucher wurden in Gruppen von Osman Misrak durch die neuen Räume geführt. Imam Ömer Yengeç hat vor drei Wochen seinen Dienst aufgenommen und wird zwei Jahre in Mengen sein.
Die neue Moschee ist geräumig, die Räume hell. Der Gebetsraum für die Männer ist der Hauptraum. Er ist mit einem weichen blau-grünen Teppich und schönen Kacheln, die in der Türkei angefertigt wurden, ausgestattet. An der Wand hängen keine Portraits von Propheten, um nicht von Gott abzulenken, erklärte Osman Misrak.
Der Kalender kündigt die Uhrzeit des nächsten Gebets an. Osman Misrak erklärte den Besuchern, dass sich die Gebetszeiten je nach Ort verschieben, weil sie von der Sonne abhängen. Das Freitagsgebet ist nur für die Männer Pflicht. Doch habe der Lebensunterhalt Priorität. Wer am Freitag arbeite, könne nicht zum Gebet kommen, das werde respektiert. Überhaupt gebe es keine Zwänge in der muslimischen Religion. Jeder sei frei, seine Gottesbeziehung so zu gestalten, wie er möchte, betonte er.
Die Mengener muslimische Gemeinde hat zwei Stockwerke des Gebäudes gekauft. Im Erdgeschoss sind die Gebetsräume für die Männer, für die Frauen, der Jugendraum, die Küche, der Aufenthaltsraum. Im Obergeschoss hat der Imam seine Wohnung. Die anderen Wohnungen sind vermietet. Der Mengener Moscheeverein ist eher eine kleine Gemeinde. Es sind 60 Familien, die für den Unterhalt der Moschee sorgen. Der Umbau wurde zum Teil mit Spenden und viel Eigenleistung unterstützt.
Imam spricht von Berufung
Imam Ömer Yengeç wird die Gemeinde zwei Jahre lang leiten und ihr Seelsorger sein. Das Gehalt des Imams bezahlt der türkische Staat. Imam Ömer Yengeç war bereits in Deutschland und hat in Münster fünf Jahre lang eine Gemeinde geleitet. In der Regel gehen Imame nur einmal ins Ausland. „Weil aber nach dem Putschversuch viele Imame entlassen wurden, herrscht Mangel“, sagte Osman Misrak.
Auf die Frage, ob Mengen nicht ein wenig klein sei, wenn man aus einer modernen Großstadt wie Ankara komme, sagte Imam Yengeç: „Mengen ist eine neue Erfahrung. Es ist auch Berufung, eine Gemeinde im Ausland zu leiten.“Imam Yengeç kann nur wenig Deutsch, Osman Misrak übersetzte die Fragen und Antworten.
Die Besucher stellten viele Fragen. Das Interesse, einander kennenzulernen und zu verstehen war deutlich spürbar. Ob er mit dem Gottesdienstbesuch zufrieden sei, wurde der Imam gefragt. Für die Größe der Gemeinde sei er gut. Die Moschee sei neu und ziehe deshalb die Gläubigen an, sagte der Imam.
Es gibt aber Sprachbarrieren: Nicht alle Jugendlichen und Moscheebesucher können türkisch oder arabisch. So müssen die Koranverse und die Predigt übersetzt werden. Ob er bereits Kontakt mit den Priestern der christlichen Gemeinden aufgenommen habe, war eine weitere Frage. Imam Ömer Yengeç erklärte, er habe es demnächst vor. Osman Misrak berichtete: „Wir haben gute Beziehungen zur katholischen und evangelischen Gemeinde und wollen dies fortführen.“
Die Besucher wurden in den Jugendraum geführt. Dort hängt ein Bild von Kemal Atatürk. Jugendleiterin Leyla Kocabas erklärte, dass mit den Jugendlichen auch Ausflüge und Spiele gemacht werden. Es drehe sich nicht alles um Glaubensinhalte. Die Kinder und Jugendlichen sollen sich in der Gemeinde verwurzelt fühlen. Sie dürfen auch christliche Freunde mitbringen. Der Raum sei für alle offen, sagte er.
Über Lautsprecher hören die Frauen in ihrem eigenen Gebetsraum den Imam und verrichten die Rituale. „Wir hätten auch zusammen im großen Raum beten können, aber die Frauen haben sich einen eigenen Raum gewünscht“, so Misrak.