Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Probier’s mal mit Gemütlichkeit ...
Heute vor 50 Jahren kam „Das Dschungelbuch“in die Kinos – 27 Millionen Deutsche sahen den Film
„Das Dschungelbuch“– ein halbes Jahrhundert ist der Film alt und dennoch in puncto Popularität unerreicht. Der letzte von Walt Disney selbst produzierte Zeichentrickfilm in Spielfilmlänge kam am 18. Oktober 1967 in die Kinos. Das wunderbare Werk um das Findelkind Mogli, Bär Balu, Tiger Shir Khan und all die anderen liebenswerte Tiere (Foto: imago) ist bis heute der erfolgreichste Kinofilm Deutschlands – mit 27 Millionen Zuschauern.
BONN (KNA) - „Probier’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit …“Wenn Balu der Bär die Hüften schwingt und mit seinem Zögling Mogli durch den Dschungel tanzt, wippen nicht nur Disneyfans gutgelaunt mit. Selbst wer Walt Disneys Dschungelbuch, das im Jahr 1967 erstmals über die Leinwände flimmerte, nicht kennt, hat zumindest diesen Song schon mal gehört.
Gleiches gilt für den Hit des swingenden Affen King Louie „Ich wär gern wie du“(„I wanna be like you“). Für dessen Synchronstimme war bei der Entstehung des Films Jazzmusiker Louis Armstrong im Gespräch – die Rolle scheint auf ihn zugeschnitten. Aber man fürchtete, die Besetzung der Affenrolle mit einem schwarzen Musiker könne zu Rassismusvorwürfen führen. Auch eine weitere prominente Besetzung scheiterte: Die Geier Buzzy, Dizzy, Ziggy und Flaps sind – man achte auf die Frisuren – den Beatles auf den Leib gezeichnet. Der Plan ging, offenbar aufgrund eines Vetos von John Lennon, nicht auf.
Doch auch ohne Armstrong und die Beatles funktioniert der Zeichentrickfilm unter Regie von Wolfgang Reitherman. Die Geschichte über das Menschenkind Mogli, das auf dem Weg durch den Dschungel viel über das Leben und die Freundschaft lernt, basiert auf Motiven der Dschungelbuch-Erzählungen des englischen Schriftstellers Rudyard Kipling, macht daraus aber eine völlig andere Geschichte. Statt Düsternis und Strenge, die das Original prägen, setzt die Disney-Version auf warmherzige Fröhlichkeit, Witz und gute Laune.
Im Mittelpunkt der Handlung steht das Findelkind Mogli. Der Panther Baghira entdeckt das „Menschenjunge“und bringt es bei einer Wolfsfamilie unter, in der der Kleine gemeinsam mit den Wolfsjungen aufwächst. Doch das tapsige Menschenkind hat einen Feind: Der Tiger Shir Khan hat es auf Mogli abgesehen.
Moglis Wolfsrudel und Panther Baghira dringen darauf, den Jungen zu einer Menschensiedlung und damit vor Shir Khan in Sicherheit zu bringen – ein Plan, der bei dem Dschungelkind wenig Anklang findet. Obendrein gestaltet sich der Weg durch den Urwald als schwierig und voller Gefahren. Mogli trifft auf Kaa, den kinderfressenden Riesenpython, und seinen unbekümmertgemütlichen Ziehvater Balu, exerzierende Elefanten und überdrehte Affen. Er findet neue Freunde wie die besagten Geier und muss sich letztlich dem Kampf mit seinem ärgsten Feind stellen.
Am Ende passiert dem kleinen Mogli, der seine Tierfreunde und den Dschungel partout nicht verlassen will, etwas sehr Menschliches: Er verliebt sich. Verzückt lauscht er einem singenden Mädchen und folgt ihr in die nahe Menschensiedlung.
Der Film kam am 18. Oktober 1967 in die Kinos; er war der letzte Zeichentrickfilm in Spielfilmlänge, den Walt Disney noch selbst produzierte. Er starb am 15. Dezember 1966. Zu dem Zeitpunkt stand die Geschichte jedoch bereits – und wurde anschließend weltweit ein Erfolg. Kultstatus erreichte das „Dschungelbuch“allerdings vor allem in Europa – in Deutschland wurde es mit 27 Millionen Kinozuschauern sogar zum bis heute erfolgreichsten Film aller Zeiten. Großer Anteil daran wird der Synchronisation von Heinrich Riethmüller zugeschrieben.
In den folgenden Jahren erschienen verschiedene Neuverfilmungen und Adaptionen, sowohl Realfilmals auch Zeichentrickversionen. Zuletzt kam im Jahr 2016 „The Jungle Book“unter Regie von Jon Favreau in die Kinos – reichte jedoch an den Erfolg der Originalversion nicht heran. Kritiker vermissten vor allem jene fröhlich-unbekümmerten Elemente, die den alten Zeichentrickfilm ausmachten. Zwar zeichne sich „The Jungle Book“durch eine brillante Technik und außergewöhnlichen Realismus aus, setze jedoch statt auf Herz und Witz auf Autorität und Unterordnung.