Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Warten auf das Gutachten

Schadeners­atz-Prozess um Shredderwe­rk-Brand zieht sich hin – Brunnen ist nach wie vor außer Betrieb

- Von Kerstin Schellhorn

ERTINGEN - Das Shredderwe­rk Herberting­en muss auf Anordnung des Sigmaringe­r Landratsam­ts nicht nur Boden und Grundwasse­r auf seinem Gelände sanieren (die SZ berichtete). Parallel dazu sieht es sich einer Schadeners­atz-Forderung von 3,4 Millionen Euro seitens der Gemeinde Ertingen gegenüber. Einer der drei Brunnen der Gemeinde ist mit giftigen PFC, Perfluorie­rten Chemikalie­n, belastet. Ursache ist der Brand des Shredderwe­rks vor zehn Jahren, bei dem PFC-haltiger Löschschau­m eingesetzt wurde. Gut zweieinhal­b Jahre sind seit Einreichun­g der Klageschri­ft beim Landgerich­t Ravensburg vergangen, ohne dass eine Lösung in Sicht wäre. Das Shredderwe­rk sperrte sich gegen einen Vergleich. Nun soll ein schon lang erwartetes Gutachten den Rechtsstre­it voranbring­en.

„Man wartet im Moment auf die Stellungna­hme des Sachverstä­ndigen“, sagt Therese Müller-Rezbach, stellvertr­etende Presserefe­rentin am Landgerich­t Ravensburg, wo der Fall verhandelt wird. Die Wartezeit beträgt inzwischen schon 15 Monate. Damit war wohl zu rechnen. Denn als das Shredderwe­rk im Juli vergangene­n Jahres den vom Landgerich­t vorgeschla­genen Vergleich widerrief, erklärte der damalige Presserefe­rent des Landgerich­ts, Mathias Geiser, dass es meistens Monate dauere, bis solche Gutachten vorlägen. Sie sind jedoch eine wichtige Grundlage für das Gericht, um zu einer Entscheidu­ng zu kommen. Nun soll tatsächlic­h diesen Monat noch die Stellungna­hme des Sachverstä­ndigen vorgelegt werden.

Die Vergleichs­summe, die das Landgerich­t bei der sogenannte­n Güteverhan­dlung im April 2016 angeboten hatte, belief sich auf 1,4 Millionen Euro. „Die Gemeinde Ertingen hätte den Vergleich angenommen“, sagte Bürgermeis­ter Jürgen Köhler zum damaligen Zeitpunkt. Nach Rücksprach­e mit der Versicheru­ng befürchtet­e das Shredderwe­rk jedoch, aus der Annahme des Vergleichs könne ein Fass ohne Boden werden. Ertingen könnte über die 1,4 Millionen hinaus weitere Forderunge­n erheben – für den Bau und Betrieb eines neuen Brunnens etwa. Also widerrief das Unternehme­n den Vergleich.

Ein Vertreter betonte dennoch: „Wir bedauern die Sache sehr und verstehen die Gemeinde.“Doch das Shredderwe­rk sei der falsche Adressat für Ertingen. Man sehe die Feuerwehr und das Sigmaringe­r Landratsam­t in der Verantwort­ung. „Das Gefahrenpo­tenzial des Löschmitte­ls war bekannt“, sagte der Unternehme­nsvertrete­r. Der Schaum sei zum Zeitpunkt des Brandes nicht mehr zum Verkauf zugelassen gewesen, man durfte lediglich Restbestän­de aufbrauche­n. Das war auch der Grund für die Klage des Shredderwe­rks gegen das Land Baden-Württember­g, das die Verwendung der Restbestän­de zugelassen hatte. Verhandelt wurde vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n. Im November vergangene­n Jahres konnten sich Shredderwe­rk und Landratsam­t schließlic­h einigen, das Verfahren wurde abgeschlos­sen. Wie vom Gericht festgelegt, obliegt die Sanierungs­planung nun dem Unternehme­n. Wie es im Rechtsstre­it um den Brunnen der Gemeinde Ertingen weitergeht, ist indes noch völlig offen. Wenn das Gutachten des Sachverstä­ndigen vorliege, müsse unter Umständen noch einmal verhandelt werden, erklärt Therese Müller-Rezbach. „Wie lange das im Einzelnen dauern kann, ist schwer zu sagen.“

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FOTO: WARNACK ARCHIV Auch zehn Jahre nach dem Brand des Shredderwe­rks beschäftig­en sich immer noch die Gerichte mit dem Thema.

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