Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Friseurin schneidet Obdachlosen Haare
Corinna Spöcker ist Mitglied bei den „Barber Angels Brotherhood“.
BAD SAULGAU - Sie ist ein Engel mit den Scherenhänden: Friseurin Corinna Spöcker, Inhaberin des Salons Friseur im Trend in der Bad Saulgauer Innenstadt, ist Mitglied im Verein „Barber Angels Brotherhood“, dessen Mitglieder mindestens einmal im Monat Obdachlosen und Bedürftigen kostenlos die Haare und den Bart schneiden. Zweimal war Corinna Spöcker bereits im Einsatz. Weitere Einsätze folgen, so viel steht für die Friseurin aus Blochingen fest.
Ende September hatte Corinna Spöcker auf dem Marktplatz in Saarbrücken ihren ersten Einsatz mit den „Barber Angels Brotherhood“– einem Verein, der erst vor einem Jahr gegründet wurde und dessen Präsident der Friseur Claus Niedermaier aus Biberach ist. Eine Woche später reiste Spöcker nach Stuttgart, wo 14 Friseure aus ganz Deutschland in einer Tagesstätte für Wohnungslose des Caritas-Verbands etwa 100 Obdachlosen und Hilfsbedürftigen drei Stunden lang die Haare schnitten.
Rockerkutte als Markenzeichen
Die 45-Jährige brauchte nicht lange, um sich bei den beiden Einsätzen auf etwas andere Rahmenbedingungen einzustellen – die Kunden sitzen auf normalen und nicht auf speziellen Friseurstühlen, es gibt keinen Spiegel, kein Waschbecken. Und an noch etwas musste sie sich erst gewöhnen: die schwarze Rockerkutte als Markenzeichen der „Barber Angels Brotherhood“. „Da habe ich mich am Anfang schwer getan.“Inzwischen stört es sie nicht mehr, die Kutte anzuziehen, mit der die Vereinsmitglieder ihren Zusammenhalt zum Ausdruck bringen wollen.
Corinna Spöcker ist froh, Mitglied der „Barber Angels Brotherhood“zu sein. 180 Euro kostet der Mitgliedsbeitrag im Jahr. Die Hotelübernachtung wie in Saarbrücken muss sie selbst bezahlen – aber vergünstigt, weil der Verein von Sponsoren unterstützt wird. 70 Mitglieder sind es bereits. „Ich habe das Gefühl, dass es täglich mehr werden.“Corinna Spöcker wird an weiteren Einsätzen teilnehmen, weil sie nur positive Erfahrungen gesammelt hat. „Es waren unglaubliche Reaktionen“, ergänzt Spöcker, die eine große Dankbarkeit gespürt habe. „Die Menschen sind froh, dass wir ihnen ein neues Gesicht geben.“Und sie seien glücklich darüber, dass sich andere Menschen um sie kümmern würden. „Mir macht es einen großen Spaß, meine Hilfe anzubieten.“
Vertrauen zu den Kunden
Zu ihren Kunden, die sie vorher noch nie in ihrem Leben gesehen hat, entstünde ein Vertrauen. „Manche erzählen auch ihre Lebensgeschichte, da sprudelt es richtig aus ihnen heraus“, so Spöcker. Andere wiederum würden lieber schweigen. „Man muss den Kunden auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen.“
Ihr Leben sei durch die „Barber Angels Brotherhood“deutlich bereichert worden, so Corinna Spöcker. Sie sei schon längere Zeit auf der Suche gewesen, etwas Soziales zu leisten, habe aber keine zündende Idee gehabt. Bei einem Urlaub in Irland habe sie gesehen, wie in Dublin Essen an zahlreiche Obdachlose ausgegeben wurde. Da wusste sie – das ist es. Und als sie dann noch einen Zeitungsbericht über die „Barber Angels Brotherhood“las und erfuhr, dass der Präsident seinen Friseursalon in Biberach betreibt, war ihr klar, wie ihr soziales Engagement aussehen würde.
Corinna Spöcker ist ihres Wissens nach das einzige Mitglied im Landkreis Sigmaringen. Ein weiteres Mitglied ist Annabell Laub aus Riedlingen, mit der sie zusammen bei ihrem Einsatz in Stuttgart gewesen ist. „Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Friseure dem Verein beitreten würden“, sagt Corinna Spöcker, die für Mitte November einen weiteren Einsatz geplant hat – dieses Mal in Berlin.