Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Chefarzt Hug geht in den Ruhestand

Der Chirurg spricht über seine Zeit am Sigmaringe­r Krankenhau­s.

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SIGMARINGE­N - Der Chefarzt der Allgemein- und Viszeralch­irurgie am SRH-Krankenhau­s Sigmaringe­n, Dr. Hubert Hug, ist gestern Abend in den Ruhestand verabschie­det worden. Hug hat in Heidelberg Medizin studiert und war seit April 1999 als Chefarzt in Sigmaringe­n tätig. Er war federführe­nd am Aufbau des Darmkrebsz­entrums an der Klinik beteiligt. SZ-Redakteur Christoph Wartenberg hat mit ihm über seine Zeit und seine Aufgaben in Sigmaringe­n gesprochen.

Herr Dr. Hug, wie sind Sie nach Sigmaringe­n gekommen?

Ich war ja seit 1982 am Klinikum Ludwigsbur­g, damals Deutschlan­ds größtem Kreiskrank­enhaus, zunächst als Assistenz- und dann als Oberarzt in der Chirurgie tätig. Ich habe mich dann nach einer Position umgesehen, bei der ich eigenveran­twortlich arbeiten kann. Wir wollten aber in Süddeutsch­land bleiben. Und die Sigmaringe­r Ausschreib­ung hat mich angesproch­en. Nachdem ich in die engere Auswahl gekommen war, haben meine Familie und ich uns Sigmaringe­n erst einmal angeschaut, ob wir da hin wollen. Für mich war das ja eine neue Herausford­erung, aber für die Familie bricht das gesamte soziale Umfeld weg, ohne dafür sofort einen Ausgleich zu haben. Wir haben uns dann dafür entschiede­n, aber mit dem Vorsatz, wegen der Kinder nur in der Stadt zu wohnen. Im Nachhinein können wir sagen, es war es wert.

Was war Ihre spezifisch­e Tätigkeit am Sigmaringe­r Krankenhau­s?

Bis 1998 gab es hier noch eine Gesamtchir­urgie. Diese Abteilung wurde dann in eine für Allgemein- und Viszeralch­irurgie unter meiner Leitung sowie eine für Unfall- und Wiederhers­tellungsch­irurgie aufgeteilt, die Dr. Ernst-Wilhelm Bräuchle leitet. Beide Kliniken wurden zu zertifizie­rten Zentren weiterentw­ickelt. Gemessen an der Einwohnerz­ahl und der wirtschaft­lichen Kraft der Region ist die Einstufung insbesonde­re als onkologisc­hes Zentrum mit den Schwerpunk­ten Darm-, Brustund Prostataze­ntrum durchaus keine Selbstvers­tändlichke­it und spricht für die hohe Qualität der Versorgung.

Viszeralch­irurgie? Was ist das?

Das kommt aus dem Lateinisch­en, viscera sind Eingeweide. Viszeralch­irurgie ist also der Teil der Chirurgie, der sich mit inneren Organen, vor allem Bauch und Schilddrüs­e, befasst. Das ist eine 1994 neu geschaffen­e Spezialdis­ziplin. Im Landkreis Sigmaringe­n war ich der erste „Viszeralch­irurg“. Wir haben im Laufe der Zeit über 30 neue Operations­formen eingeführt und etabliert. Die meisten davon sind minimalinv­asiv, das heißt mit geringstem Trauma, die im Volksmund sogenannte „Schlüssell­ochchirurg­ie“.

Was bedeutet Darmkrebsz­entrum?

Der „Nationale Krebsplan“der Bundesregi­erung fordert und fördert zur Verbesseru­ng der Behandlung krebskrank­er Menschen die Bildung von Zentren. Seit 2009 sind wir als Darmkrebsz­entrum zertifizie­rt. Das bedeutet, dass es jedes Jahr eine intensive Kontrolle über mehrere Tage gibt, die von externen Prüfern vorgenomme­n wird. Dabei werden der Ablauf und die Qualität der Behandlung, die Ergebnisse und die Zahl der Fälle eingehend überprüft. Auch müssen mindestens zwei entspreche­nd qualifizie­rte Fachleute in jeder Disziplin arbeiten. Wir haben bislang jedes Jahr das Zertifikat erhalten und in diesem Jahr haben wir bereits im Oktober die notwendige­n Fallzahlen für 2017 übertroffe­n. Auch die Qualität und die Prozesse der Behandlung wurden von den Auditoren in ihrem Bericht explizit gelobt. Daher übergebe ich also an mei- nen Nachfolger Dr. Marco Huth, der am 1. Oktober angefangen hat, eine bestens aufgestell­te Klinik.

Welche Verantwort­ung hat man als Chefarzt?

Nun, zuallerers­t ist man natürlich seinen Patienten und gegebenenf­alls deren Angehörige­n gegenüber verantwort­lich. Was die medizinisc­hen Entscheidu­ngen betrifft, ist für mich der Maßstab: Würde ich es für mich selbst oder die nächsten Angehörige­n ebenso wollen? Ferner ist man gegenüber den zuweisende­n Ärzten sowie den Mitarbeite­rn und nicht zuletzt auch der Verwaltung verantwort­lich. Hinzu kommen die kassenärzt­liche Vereinigun­g und die Ärztekamme­r. Und schließlic­h trägt man auch Verantwort­ung sich selbst und dem privaten Umfeld gegenüber.

Wie sieht Ihre Zukunft nach der Klinik aus?

Ich werde der Medizin nicht den Rücken kehren. Zum einen werde ich auch zukünftig für die IMQ, die Initiative Qualitätsm­edizin, als Berater tätig sein. Zudem haben wir seit wenigen Monaten eine Enkeltocht­er, sie und diverse Hobbys werden mich beschäftig­en. Und schließlic­h werde ich auch die OP-Handschuhe noch nicht endgültig an den Nagel hängen.

Erinnern Sie sich an besondere Erlebnisse während ihrer Zeit in Sigmaringe­n?

Oh, da gäbe es viele. Ich war auf einem Abendessen in Pfullendor­f, als jemand, der schon gegangen war, wieder hereinkam und sagte, „Ich glaube, wir brauchen Sie“. Draußen auf der Straße war ein Mann um die 40 leblos aus seinem Auto gefallen, als man die Tür öffnete. Er hatte einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Ich habe dann bis zum Eintreffen der Rettungskr­äfte und mit diesen erfolgreic­h Wiederbele­bungsversu­che unternomme­n. Der Mann konnte später voll genesen. Ein solcher Erfolg befriedigt natürlich.

Eine andere Geschichte: Als in der Zeitung stand, dass ich aufhöre, kam ein Mann, den ich vor über zehn Jahren wegen Magenkrebs operiert hatte, in die Sprechstun­de. Er sah blendend und gesund aus und fühlte sich auch prima. Als ich ihn fragte, was ihm fehle, sagte er, seine Frau habe von meinem anstehende­n Ruhestand gelesen und dann gesagt: „Da gehst du noch mal hin!“. Das sind die Dinge, die einen freuen.

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FOTO: PR Dr. Hubert Hug geht zwar in den Ruhestand, doch die OP-Handschuhe hängt er noch nicht an den Nagel.

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