Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Plöger liefert Stoff zum Nachdenken
Die Stadtwerke laden den ARD-Wettermann in die Stadthalle ein
SIGMARINGEN - Ein fröhlicher Schwätzer, der schwer Verständliches gut rüberbringe und auf den sie sich ungemein freue. So charakterisierte eine Besucherin vor Beginn der Veranstaltung Sven Plöger. Die Gewissheit, einen interessanten und gleichzeitig amüsanten Abend mit dem ARD-Wettermann zu verbringen, teilte sie mit den vielen jungen und älteren Zuschauern, die vor der großen Bühne ihre Plätze einnahmen.
Die Stadtwerke Sigmaringen hatten den Meteorologen anlässlich ihres 25-jährigen Stadtbusjubiläums eingeladen. Plöger freue sich, wieder in Sigmaringen sein zu dürfen, das er letztes Jahr am 24. November aufgrund eines „stratus nebulosus“(eine einförmig graue Schichtwolke) nur undeutlich wahrnehmen konnte.
Mit der Beschreibung des heftigsten Sturmes seit 50 Jahren, dem Hurrikan Ophelia, begann Plöger seinen Vortrag. Eindrucksvolle Diagramme, Tabellen und Fotos untermauerten seine Ausführungen, die er immer mal wieder mit kleinen Abschweifungen unterbrach und damit, den gebotenen Ernst der Thematik immer im Blick behaltend, für heitere Publikumsäußerungen sorgte.
Wie gehen wir mit unseren Ressourcen um? Diese Frage stellte er an den Anfang seiner Ausführungen. Die Menschheit geht mit ihren Ressourcen (unverarbeitete, in der Natur vorkommende Stoffe) nicht nachhaltig um, denn wir verbrauchen so viel, wie 1,6 Erden zustehen. Wir haben aber nur eine Erde, auf der sich die Menschheit innerhalb der letzten 50 Jahre mehr als verdoppelt hat.
In Bangladesch, das Plöger vor kurzem besucht hatte, leben 150 Millionen Menschen auf einer Fläche so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen.
Agieren oder reagieren wir auf diese drängenden Fragen? Plöger, ein Freund des Agierens, setzt auf ein Gesamtkonzept wie dem Pariser Klimaabkommen, auf ein Konzept, das Eigeninteressen zugunsten eines Gesamtinteresses hintanstellt.
Die Unterscheidung der beiden Begriffe Klima und Wetter war der nächste, höchst spannende Punkt seiner Ausführungen. Klima, als Gesamtheit der Wettererscheinungen, ist für unsere Sinnesorgane nicht fühlbar, während wir Wetter emotional wahrnehmen. Wetter hat Kraft und löst Emotionen aus, was die Fotos von der Seegfrörne 1962 oder einer eingeschneiten Autobahn 1978/ 79 auch visuell dokumentierten.
Natur und Mensch, nicht Natur oder Mensch, verändern das Klima, und diese Klimaveränderung (Stichwort: globale Erwärmung) ist langfristig angelegt.
Bevor sich Plöger dem Foto mathematischer Beweisführungen zum Temperaturanstieg zuwandte, brachte er seinen Lieblingswitz zum besten: Treffen sich zwei Erden. Sagt die eine zu der anderen: Ich habe homo sapiens. Antwortet die andere: Nicht so schlimm, geht vorüber. Das Klimasystem ist sehr kompliziert und daher schwer zu vermitteln. Wir suchen nach einfachen Erklärungen, die Klimaskeptiker populistisch ausschlachten und für ihre Zwecke instrumentalisieren. Deshalb sei es ein Gebot der Wachsamkeit, Populisten zu misstrauen, die schnelle Lösungen anpriesen.
Auch zum Thema fossile Brennstoffe, die 80 Prozent unserer Energie erzeugen, äußerte sich der Meteorologe. Die Sonne liefert uns 600mal so viel Energie, wie wir weltweit verbrauchen. Nach Plöger müssen wir auf regenerative Energien setzen und die Entkopplung von Energieverbrauch und Emission erreichen. „Wie stehen Sie zur Windenergie?“, fragte er das Publikum. Da keine Reaktion erfolgte, der Sigmaringer nur gerne murmele, so Plöger, gab er die Antwort: „Wir alle wollen keine Windräder, kein Kohlekraftwerk, kein Atomkraftwerk. Wir wollen einfach nur Strom aus der Steckdose.“
Stoff zum Nachdenken lieferten auch seine Äußerungen bezüglich der Solaranlagen auf Hausdächern oder den immer größer werdenden Autos auf den Straßen. „Was macht der Rentner mit dem Geld, was seine Solaranlage einbringt? Antwort: Er fliegt nach Gran Canaria. Oder: Braucht man auf deutschen Autobahnen oder auf der Fahrt zum Kindergarten einen SUV, einen Geländewagen?
Mit den Fotos von Peking im Smog und Obama im Gespräch mit Merkel beendete der Referent seinen rundum gelungenen Vortrag mit den Worten: „Angesichts der globalen Umweltverschmutzung ist eine Energiewende unvermeidbar und, wenn China sie nachmacht, ein großer Erfolg. Und nachmachen, das können sie, die Chinesen.“
Den lang anhaltenden Applaus der begeisterten Zuhörer nahm Sven Plöger dankend entgegen: „Ich komme wieder nach Sigmaringen.“
Nach einer kurzen Fragerunde und den Dankesworten Bürgermeister Schärers konnten die Besucher im Foyer der Stadthalle miteinander ins Gespräche kommen und für Kinder und Enkelkinder kleine Geschenke der Stadtwerke erwerben.