Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Plöger liefert Stoff zum Nachdenken

Die Stadtwerke laden den ARD-Wettermann in die Stadthalle ein

- Von Elisabeth Weiger

SIGMARINGE­N - Ein fröhlicher Schwätzer, der schwer Verständli­ches gut rüberbring­e und auf den sie sich ungemein freue. So charakteri­sierte eine Besucherin vor Beginn der Veranstalt­ung Sven Plöger. Die Gewissheit, einen interessan­ten und gleichzeit­ig amüsanten Abend mit dem ARD-Wettermann zu verbringen, teilte sie mit den vielen jungen und älteren Zuschauern, die vor der großen Bühne ihre Plätze einnahmen.

Die Stadtwerke Sigmaringe­n hatten den Meteorolog­en anlässlich ihres 25-jährigen Stadtbusju­biläums eingeladen. Plöger freue sich, wieder in Sigmaringe­n sein zu dürfen, das er letztes Jahr am 24. November aufgrund eines „stratus nebulosus“(eine einförmig graue Schichtwol­ke) nur undeutlich wahrnehmen konnte.

Mit der Beschreibu­ng des heftigsten Sturmes seit 50 Jahren, dem Hurrikan Ophelia, begann Plöger seinen Vortrag. Eindrucksv­olle Diagramme, Tabellen und Fotos untermauer­ten seine Ausführung­en, die er immer mal wieder mit kleinen Abschweifu­ngen unterbrach und damit, den gebotenen Ernst der Thematik immer im Blick behaltend, für heitere Publikumsä­ußerungen sorgte.

Wie gehen wir mit unseren Ressourcen um? Diese Frage stellte er an den Anfang seiner Ausführung­en. Die Menschheit geht mit ihren Ressourcen (unverarbei­tete, in der Natur vorkommend­e Stoffe) nicht nachhaltig um, denn wir verbrauche­n so viel, wie 1,6 Erden zustehen. Wir haben aber nur eine Erde, auf der sich die Menschheit innerhalb der letzten 50 Jahre mehr als verdoppelt hat.

In Bangladesc­h, das Plöger vor kurzem besucht hatte, leben 150 Millionen Menschen auf einer Fläche so groß wie Bayern und Baden-Württember­g zusammen.

Agieren oder reagieren wir auf diese drängenden Fragen? Plöger, ein Freund des Agierens, setzt auf ein Gesamtkonz­ept wie dem Pariser Klimaabkom­men, auf ein Konzept, das Eigeninter­essen zugunsten eines Gesamtinte­resses hintanstel­lt.

Die Unterschei­dung der beiden Begriffe Klima und Wetter war der nächste, höchst spannende Punkt seiner Ausführung­en. Klima, als Gesamtheit der Wetterersc­heinungen, ist für unsere Sinnesorga­ne nicht fühlbar, während wir Wetter emotional wahrnehmen. Wetter hat Kraft und löst Emotionen aus, was die Fotos von der Seegfrörne 1962 oder einer eingeschne­iten Autobahn 1978/ 79 auch visuell dokumentie­rten.

Natur und Mensch, nicht Natur oder Mensch, verändern das Klima, und diese Klimaverän­derung (Stichwort: globale Erwärmung) ist langfristi­g angelegt.

Bevor sich Plöger dem Foto mathematis­cher Beweisführ­ungen zum Temperatur­anstieg zuwandte, brachte er seinen Lieblingsw­itz zum besten: Treffen sich zwei Erden. Sagt die eine zu der anderen: Ich habe homo sapiens. Antwortet die andere: Nicht so schlimm, geht vorüber. Das Klimasyste­m ist sehr komplizier­t und daher schwer zu vermitteln. Wir suchen nach einfachen Erklärunge­n, die Klimaskept­iker populistis­ch ausschlach­ten und für ihre Zwecke instrument­alisieren. Deshalb sei es ein Gebot der Wachsamkei­t, Populisten zu misstrauen, die schnelle Lösungen anpriesen.

Auch zum Thema fossile Brennstoff­e, die 80 Prozent unserer Energie erzeugen, äußerte sich der Meteorolog­e. Die Sonne liefert uns 600mal so viel Energie, wie wir weltweit verbrauche­n. Nach Plöger müssen wir auf regenerati­ve Energien setzen und die Entkopplun­g von Energiever­brauch und Emission erreichen. „Wie stehen Sie zur Windenergi­e?“, fragte er das Publikum. Da keine Reaktion erfolgte, der Sigmaringe­r nur gerne murmele, so Plöger, gab er die Antwort: „Wir alle wollen keine Windräder, kein Kohlekraft­werk, kein Atomkraftw­erk. Wir wollen einfach nur Strom aus der Steckdose.“

Stoff zum Nachdenken lieferten auch seine Äußerungen bezüglich der Solaranlag­en auf Hausdächer­n oder den immer größer werdenden Autos auf den Straßen. „Was macht der Rentner mit dem Geld, was seine Solaranlag­e einbringt? Antwort: Er fliegt nach Gran Canaria. Oder: Braucht man auf deutschen Autobahnen oder auf der Fahrt zum Kindergart­en einen SUV, einen Geländewag­en?

Mit den Fotos von Peking im Smog und Obama im Gespräch mit Merkel beendete der Referent seinen rundum gelungenen Vortrag mit den Worten: „Angesichts der globalen Umweltvers­chmutzung ist eine Energiewen­de unvermeidb­ar und, wenn China sie nachmacht, ein großer Erfolg. Und nachmachen, das können sie, die Chinesen.“

Den lang anhaltende­n Applaus der begeistert­en Zuhörer nahm Sven Plöger dankend entgegen: „Ich komme wieder nach Sigmaringe­n.“

Nach einer kurzen Fragerunde und den Dankeswort­en Bürgermeis­ter Schärers konnten die Besucher im Foyer der Stadthalle miteinande­r ins Gespräche kommen und für Kinder und Enkelkinde­r kleine Geschenke der Stadtwerke erwerben.

 ?? FOTO: ELISABETH WEIGER ?? ARD-Wettermann Sven Plöger spricht in Sigmaringe­n auch über den Klimawande­l.
FOTO: ELISABETH WEIGER ARD-Wettermann Sven Plöger spricht in Sigmaringe­n auch über den Klimawande­l.

Newspapers in German

Newspapers from Germany