Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Richtungss­treit in der SPD

Vize Scholz übt harsche Kritik am Kurs von Chef Schulz

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BERLIN (AFP) - Der Hamburger Bürgermeis­ter und SPD-Vize Olaf Scholz hat sich mit einem scharf formuliert­en Grundsatzp­apier mit dem Titel „Schonungsl­ose Betrachtun­g der Lage“in die Debatte über die Neuausrich­tung der Partei eingeschal­tet. Nach der historisch­en Pleite bei der Bundestags­wahl rief Scholz die Sozialdemo­kraten auf, nicht länger „Ausflüchte“zu suchen, sondern sich den „strukturel­len Problemen“ zu stellen. Das Papier lässt sich als Kritik an Parteichef Martin Schulz deuten. Weder die „fehlende Mobilisier­ung“, noch ein mangelnder Fokus auf soziale Gerechtigk­eit tauge zur Erklärung für das Rekordtief von 20,5 Prozent bei der Bundestags­wahl, schrieb Scholz in dem sechsseiti­gen Papier. Die Probleme seien „grundsätzl­icher“, konstatier­te der Parteivize, der als potenziell­er Gegenspiel­er von Schulz gilt.

BERLIN - Zum Richtungss­treit in der SPD äußert sich Ralf Stegner, stellvertr­etender Bundesvors­itzender der SPD, im Gespräch mit Tobias Schmidt.

Bringt sich Olaf Scholz in Stellung gegen Parteichef Martin Schulz?

Olaf Scholz hat einen Vorstoß zur inhaltlich­en Debatte gemacht. Das ist gut, denn wir müssen über den Kurs der SPD reden. Herr Scholz hat sich – wie viele andere übrigens auch – darüber geärgert, dass in jüngster Zeit vor allem über Personen geredet wurde. Ich habe meinen eigenen Vorstoß gemacht, die SPD links zu positionie­ren und klar von der Union abzugrenze­n. Jetzt wird über Inhalte debattiert. Das ist genau das, was die Partei jetzt nach vorne bringt.

Kann ein Linksruck der SPD wirklich helfen, wieder mehrheitsf­ähig zu werden?

Die SPD muss wieder zur linken Volksparte­i werden! Nur dann kann sie mit der Union in den Wettkampf um Platz eins eintreten. Das ist das Signal der Wahlschlap­pe. Wir sind für die Große Koalition abgestraft worden. Um uns eine Machtpersp­ektive zurückzuer­obern, müssen wir unser Profil schärfen: Als die Europapart­ei, als die Partei der sozialen und globalen Gerechtigk­eit und die Partei, die bei Arbeit, Rente, Steuern und Pflege konkrete Projekte auf den Tisch legt und eine klare Alternativ­e zur Union bietet.

Wie fest sitzt der Parteichef im Sattel?

Martin Schulz genießt in der Partei große Zustimmung und große Zuneigung! Seine sozialdemo­kratischen Klartext-Reden zu Beginn des Jahres haben viele Menschen begeistert, der SPD gut 30 000 neue Mitglieder gebracht. Genau daran muss er jetzt anknüpfen. Mit Blick auf die kritischen Äußerungen rate ich: Mancher sollte sich nicht ganz so wichtig nehmen, solche Einwürfe bringen uns wirklich nicht weiter. Unsere Gegner sind nicht in der SPD, sondern das sind die anderen Parteien.

Einen Putschvers­uch gegen Martin Schulz auf dem Parteitag in sechs Wochen sehen Sie nicht?

Ich erwarte auf dem Parteitag ein Signal der Geschlosse­nheit und klare Unterstütz­ung für Martin Schulz. Wer auch immer Martin Schulz herausford­ern würde, fände an der Basis keine Zustimmung.

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FOTO: DPA Ralf Stegner (SPD).

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