Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Journalist und der Bürgermeister
Schriftsteller Felix Huby liest in Sigmaringen aus seinem autobiografischen Roman
SIGMARINGEN - Einen unterhaltsam vergnüglichen und kurzweiligen Donnerstagabend hat der bekannte Schriftsteller und Drehbuchautor Felix Huby seinen zahlreichen Zuhörern im Büchermagazin der Stadtbibliothek beschert. Er las aus seinem Buch „Lehrjahre“.
Christina Thormann, die Leiterin der städtischen Bücherei, überließ es bei ihrer Begrüßung den Gästen, den Autor in eine bestimmte Kategorie einzuordnen, assoziiere doch jeder eine andere literarische Gattung mit Felix Huby. Der Vielschreiber schreibe mit großem Erfolg Krimis, Drehbücher, Theaterstücke, Musicals und Romane, was ihm bereits fünf Preise eingebracht habe. „Der sechste Preis, der Sebastian-Blau-Preis, wird mir morgen überreicht“, unterbrach Huby Christina Thormann, was die Zuhörer beifällig zur Kenntnis nahmen.
Fünf Minuten vor Beginn der Veranstaltung war der Autor schnellen Schrittes durch den Raum geeilt und hatte am Lesetisch Platz genommen. Aus seinem autobiografischen Roman „Lehrjahre“, dem zweiten Band nach „Heimatjahre“, las er mit angenehm klingender Stimme zwei ausgewählte Passagen vor. Seinen Lesefluss gelegentlich unterbrechend bereicherte er den Vortrag zur Freude der Zuhörer mit persönlichen Anmerkungen zur Entstehungsgeschichte des Buches.
Der Bürgermeister hat alles fest im Griff
Die Geschichte Christian Ebingers, des Protagonisten im vorgestellten Buch, ist zu 60 bis 70 Prozent die Geschichte Eberhard Hungerbühlers alias Felix Hubys, der 1962 in Blaubeuren als Lokalredakteur der Kreiszeitung seine journalistische Laufbahn beginnt. In dem Flecken neben dem Blautopf, „da, wo keiner hin will“, trifft Ebinger auf eine selbstzufriedene Stadtgesellschaft und auf einen Bürgermeister, der seine Stadt und sein Lokalblatt fest im Griff hat.
Der Antrittsbesuch Ebingers im Rathaus gerät gehörig schief, als der Amtsträger beginnt, dem Lokalredakteur den Text über die nichtöffentliche Gemeinderatssitzung zu diktieren und dieser sich dem verweigert. „Der erste Ärger kommt morgen immer aus der Zeitung. Das sagen meine Kollegen, aber hier bei uns war das bisher anders, und ich will, dass das so bleibt“, mit diesem Satz schickt ein schmollender Bürgermeister Ebinger unverrichteter Dinge aus dem Amtszimmer. Huby, der die „Lehrjahre“unter anderem auch in Blaubeuren vorgestellt hatte, erzählte lachend über die Begegnung mit einer schicken Dame mit blauschimmernden Haaren, die sich als ehemalige Sekretärin des Bürgermeisters outete: „Der kommt in ihrem Buch noch viel zu gut weg!“
Im zweiten Teil der Lesung wird der Zuhörer Zeuge, wie es Felix Hubys Alter Ego, dem Lokalredakteur Christian Ebinger gelingt, einen schlimmen Fauxpas, eine nicht veröffentlichte Todesanzeige, wieder gut zu machen, indem er journalistisch zur Hochform aufläuft. Die beiden vorgelesenen Episoden boten beste Unterhaltung und machten Lust auf mehr. Wann denn der nächste autobiografische Roman erscheine, fragte eine Zuhörerin in der anschließenden Fragerunde. Huby erzählte über seine Jahre als Spiegelkorrespondent in Stuttgart, die geprägt waren von den BaaderMeinhof-Prozessen und worüber das dritte, authentischere Buch handle.
Die Zuhörer der Lesung erlebten einen überaus wachen, interessierten und unterhaltsamen Felix Huby, der nächstes Jahr achtzig Jahre alt wird. Immer noch gehe ihm das Schreiben leicht von der Hand, erzählte er. Immer noch tauchten Figuren auf, über die er schreiben müsse. Auch in Zukunft möchte Huby solche Geschichten schreiben, die er selber gerne lesen würde. Eine große Lesergemeinde ist ihm dabei auch weiterhin gewiss.