Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Umsetzung des Ravensburg­er Kulturkonz­epts stockt

Personelle­r Engpass sorgte für Verzögerun­g – Besucherbe­fragung soll im Frühjahr starten

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - Seit einem Jahr steht in Sachen Kultur die Frage im Raum: „Wo will die Stadt Ravensburg künftig hin?“Allein: Seit im Sommer 2016 zum einen die von Studenten der Zeppelin-Universitä­t erstellte Kulturkonz­eption vorgestell­t wurde und die Stadtverwa­ltung zum anderen die Aktivitäte­n sämtlicher Kulturakte­ure inklusive der Vereine zusammenge­tragen hat, tat sich – nichts. Das soll sich nun ändern.

Der Grund: ein personelle­r Engpass aufgrund der langen Krankheit einer Kulturamts­mitarbeite­rin. Doch im Frühjahr 2018 startet dort ein Kulturmana­gement-Volontär und soll Dampf ins Projekt bringen. Dabei steht für Bürgermeis­ter Simon Blümcke die systematis­che Befragung von Besuchern und Nicht-Besuchern ganz oben auf der To-doListe. Will man doch rausfinden, was die Leute warum und zu welchen Veranstalt­ungen nach Ravensburg lockt, um das Angebot noch passgenaue­r abzustimme­n. Dahinterzu­kommen, was sich all jene wünschen, die gar nicht erst erscheinen, dürfte kniffliger sein – denn wo trifft man die „Nichtbesuc­her“? „Auf dem Marienplat­z oder dem Weststadtm­arkt? Das ist schwierig, weil es immer blinde Flecke gibt“, ist sich Blümcke bewusst.

Zaghafte erste Schritte hat man bei städtische­n Veranstalt­ungen oder in den Museen trotzdem schon gemacht, wie die Postleitza­hlen der Gäste abgefragt: „Daher wissen wir jetzt, dass viele aus der Schweiz und Österreich kommen, und können unser Marketing entspreche­nd anpassen“, sagt der Bürgermeis­ter. Und setzt darauf, dass der neue Mitarbeite­r das Ganze noch systematis­cher anpackt, damit aus Trends hieb- und stichfeste Zahlen werden.

Abgesehen davon ist Blümcke überzeugt, dass „wir noch auf Jahre hinweg Arbeit damit haben“, die zahlreiche­n Anregungen der 387 Seiten starken Konzeption sinnig umzusetzen. Dass sich eine mit Vertretern aus Bücherei, Museen, Jugendhaus,

Popbüro oder Theater bestückte Steuerungs­gruppe alle drei Monate trifft, habe sich zwar mittlerwei­le bewährt und es seien neue Netzwerke entstanden. Generell gehe es aber darum, „Schwerpunk­te zu setzen, denn wir können nicht alles ein bisschen

machen“. Allerdings geriet dieser Prozess ebenfalls ins Stocken, weil externe Moderatore­n abgesprung­en sind.

Immerhin haben diese wissenscha­ftlichen Begleiter zwei große Ravensburg­er Kulturakte­ure, nämlich

das Theater und die Zehntscheu­er, bei ihrem Profilieru­ngsprozess bezüglich Zielen und entspreche­nder Maßnahmen noch begleitet. Die Stadt Ravensburg schießt für eine solche Beratung jeweils 5000 Euro zu. Darüber hinaus denkt Blümcke an einen mit rund 20 000 gefüllten Projektfon­ds für alle, die einmalig eine Kulturakti­on auf die Beine stellen wollen. Damit dieses Vorhaben ins Rollen kommt, sind freilich zunächst Förderrich­tlinien und finanziell­e Obergrenze­n nötig – schließlic­h „wollen wir nicht nach Gutsherren­art Gelder nur an etablierte Einrichtun­gen ausschütte­n“, macht Blümcke deutlich.

In ihrer Kulturkonz­eption hatten die Studenten unter anderem ein mangelhaft­es kulturelle­s Angebot für 18- bis 35-Jährige angeprange­rt. Auch dieses Thema soll in der Besucheran­alyse abgearbeit­et werden, stellt Blümcke in Aussicht. Gibt aber zugleich zu bedenken, dass viele Menschen in diesem Alter womöglich „einfach zufrieden sind, weil sie in der Rush-Hour des Lebens mit Kindern ganz andere als kulturelle Bedürfniss­e haben“. Weiterer Kritikpunk­t war die mangelnde Einbindung von Studenten in die städtische Kultur. Speziell bei DHBW-Studenten, die meist nach drei Monaten Büffeln in Ravensburg das nächste Vierteljah­r woanders in einem Unternehme­n arbeiten, sieht Blümcke darin „ein strukturel­les Problem, weil die Anwurzelph­ase immer wieder unterbroch­en wird“. Dennoch: Wer sich auf die studentisc­hen Gegebenhei­ten einlasse und wie Tanzlehrer Jürgen Schlegel etwa Drei-Monats-Abos anbiete, könne durchaus auch diese Studenten erreichen.

Und wie steht es mit dem ebenfalls kritisiert­en Veranstalt­ungskalend­er und seiner Präsentati­on? Es helfe, dass die Akteure den Kalender nun selbst befüllen, sagt Blümcke. Dass dennoch immer wieder Events parallel laufen, findet er nicht tragisch: „Es ist doch gut, wenn fünf Sachen an einem Abend stattfinde­n – das zeigt lediglich, dass wir eine coole Stadt sind.“

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FOTO: FELIX KAESTLE Wer schaut oder hört sich was in Ravensburg an (wie hier ein Konzert im Konzerthau­s) – und wer bleibt warum lieber zuhause? Das soll eine umfangreic­he Besucherbe­fragung zutage fördern.

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